OLG Nürnberg: Preisetiketten können Geschäftsabzeichen nach § 5 II 2 MarkenG sein

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Preisetiketten können Geschäftsabzeichen nach § 5 II 2 MarkenG sein – Dies war eine der rechtlichen Problematiken, die das OLG Nürnberg in einem Gerichtsverfahren zu bewerten hatte. In dem Rechtsstreit, in dem das Gericht sein Endurteil vom 29. März 2022 (Az.:  3 U 3358/21) gesprochen hat, waren zahlreiche Ansprüche eines Unternehmens, dass Lebensmittel verkauft, gegen einen Lieferanten, der Waren zunächst an das klagende Unternehmen zum Verkauf geliefert hatte und nach nicht erfolgtem Verkauf als Sonderposten über eigene Vertriebskanäle, auch über einen Onlineshop und Amazon, angeboten hatte. Die verkauften Waren sind mit Eigenmarken des klagenden Unternehmens aus dem Bereich Gartenwerkzeug und Werkzeug versehen gewesen und zudem mit einem Preisschild. Dieses Preisschild war in weißer Schrift auf rotem Hintergrund, unter dem orange und gelbe Streifen angebracht sind, gestaltet und entsprach der Gestaltung der Preisschilder in den Verkaufsstellen des klagenden Unternehmens.

Unter anderem in dem Verkauf unter Nutzung des Preisschildes sah das klagende Unternehmen eine Kennzeichenrechtsverletzung. Dies lehnte das Gericht im Streitfall zwar mangels passenden Vortrages ab. Den grundsätzlichen Schutz nahm das Gericht jedoch an.

Preisetiketten können Geschäftsabzeichen nach § 5 II 2 MarkenG sein – Ansicht des Gerichts

Das Gericht äußert sich in den Entscheidungsgründen unter anderem wie folgt:

„… Mit Rücksicht auf das Freihaltebedürfnis des Verkehrs sind daher gerade bei Farbkombinationen, denen von Haus aus keine betriebliche Herkunftshinweisfunktion zukommt, strenge Maßstäbe an den hierfür erforderlichen Bekanntheitsgrad anzulegen (vgl. BGH GRUR 1968, 371, 375 = WRP 1968, 18 – Maggi; BGH, Urteil vom 31. Januar 1991, I ZR 71/89, GRUR 1992, 48 (50) – frei öl; BGH, Urteil vom 20. März 1997 – I ZR 246/94, GRUR 1997, 754 (755) „grau/magenta“). Deshalb entsteht ihr Schutz erst dann, wenn sie innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Kennzeichen des Geschäftsbetriebs gelten, also Verkehrsgeltung als Individualisierungszeichen erlangt haben (BeckOK MarkenR/Weiler, 28. Ed. 1.1.2022, MarkenG § 5 Rn. 61). In der Regel wird dabei ein Bekanntheitsgrad vorausgesetzt, der jenseits der 50%-Grenze liegt (vgl. BGH, Urteil vom 31. Januar 1991, I ZR 71/89, GRUR 1992, 48 (51) – frei öl; BGH, Urteil vom 20. März 1997 – I ZR 246/94, GRUR 1997, 754 (755) „grau/magenta“; BGH, Urteil vom 29. Juli 2021 – I ZR 139/20, GRUR 2021, 1199 Rn. 37 – Goldhase III, alle m.w.N.; Hacker, in: Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Auflage 2021, § 5 Rn. 61 i.V.m. § 4 Rn. 50). Umgekehrt darf eine solche farbliche Gestaltung, nicht anders als bei einem Bildelement, nicht lediglich als dekoratives Element verstanden werden (vgl. BPatG, Beschluss v. 11. Oktober 2018 – 25 W (pat) 65/17, BeckRS 2018, 29938, Rn. 16 f.)….Diese Grundsätze gelten auch für das „Preisetikett“ der Klägerin, also einen auf der Waren Verpackung selbst angebrachten Bereich, der eine bestimmte farbliche Gestaltung in ihren Unternehmensfarben rot-orange-gelb aufweist. Insoweit liegt zwar keine konturenlose Farbmarke vor, doch liegt die Gemeinsamkeit, was auch die Klägerin nicht in Abrede stellt, nur in der jeweils gleichförmig aufgebauten Angabe des spezifischen, d.h. für jeden Artikel grundsätzlich unterschiedlichen Preises. Umgekehrt kann allerdings der Senat nicht der Argumentation der Beklagten beitreten, Preisetiketten fehle generell eine entsprechende Kommunikationsfunktion hinsichtlich der Person des Unternehmens. Es mag zwar grundsätzlich zutreffen, dass eine Preisangabe lediglich die Information verschafft, wie viel Geld der Kunde für den Erwerb zahlen muss. Anders kann der Fall aber dann liegen, wenn das Preisschild genutzt wird, um die (auch anderweitig verwendeten) Unternehmensfarben in Erscheinung zu bringen. Bei einer solchen Gestaltung wird weniger der Schutz für das Preisetikett als solches, sondern für die Unternehmensfarben beansprucht. Hierauf hebt die Klage auch letztlich ab…“