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OLG Frankfurt a.M.: Deepfake-Video mit der vermeintlichen Werbung eines Prominenten für Produkte – Onlineplattform muss nach Entfernung eines Videos nach Hinweis ohne weiteren Hinweis inhaltsgleiche Videos entfernen

So das in einem einstweiligen Verfügungsverfahren mit Urteil vom 4.März 2025 (Az.: 16 W 10/25). Das Gericht bejahte einen Unterlassungsanspruch des in den Videos genutzten Prominenten. Dieser hatte erfolgreich ein Deepfake-Video nach einem Hinweis an die Onlineplattform entfernen können, weitere, in der Struktur und Aufmachung ähnliche Videos wurden durch die Plattform jedoch nicht entfernt. Darin sah das Gericht die Erfüllung eines Unterlassungsanspruchs und führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze liegt ein Erstverstoß der Antragsgegnerin für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch nicht darin, dass sie den Post unter der URL https://www.(plattform1).com/… erst am 03.10.2024 gesperrt hatte.

Selbst wenn durch das Schreiben des Antragstellers vom 08.07.2024 (Anlage Ast. 1) sowie durch die Abmahnungen des Antragstellers vom 15.07.2024 und 26.07.2024 (Anlage Ast. 7) sowie durch die einstweilige Verfügung der 3. Zivilkammer vom 19.08.2024 (Anlage Ast. 8) eine Prüf- bzw. Verhaltenspflicht der Antragsgegnerin in Bezug auf sinngleiche Inhalte zu den dort als rechtswidrig angezeigten Posts ausgelöst worden wäre, sodass sie diese von sich aus zu löschen/unterlassen hatte, ohne dass es eines weiteren individualisierenden Hinweises bedurfte, so wäre das hier in Rede stehende Video jedenfalls nicht als ein solcher sinngleicher Inhalt anzusehen.

Der EuGH ist in dem Urteil vom 03.10.2019 (MMR 2019, 798) im Rahmen der Auslegung von Art. 15 Abs. 1 RL 2000/31/EG der Empfehlung des Generalanwaltes in seinen Schlussanträgen (Rn. 45 ff.) gefolgt, die für die Kerntheorie maßgebliche Rechtsprechung L′Oréal/eBay (vgl. EuGH MMR 2011, 596) auf das Äußerungsrecht zu übertragen, und hat gebilligt, dem Hosting-Anbieter auch eine Verpflichtung zur

Entfernung oder Zugangssperrung von sinngleichen Inhalten aufzuerlegen. Anhaltspunkte, wann die Grenze für sinngleiche Inhalte erreicht wird, ergeben sich aus Rn. 41 des Urteils. Dieser lässt sich entnehmen, dass mit sinngleichen Inhalten solche gemeint sind, die wegen der verwendeten Worte oder ihrer Kombination zwar leicht unterschiedlich formuliert sind, aber im Wesentlichen die gleiche Aussage vermitteln. Der EuGH betont zudem, dass eine sinngleiche Äußerung spezifische Einzelheiten umfassen muss und nicht so geartet sein darf, dass sie den Hosting-Anbieter zwingt, eine autonome Prüfung des Inhalts vorzunehmen (Rn. 45); die Einzelheiten müssen so genau bezeichnet sein, dass er auf „automatisierte Techniken und Mittel zur Nachforschung zurückgreifen kann“ (Rn. 46).

Unter Übertragung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall sind als sinngleich zunächst die Konstellation anzusehen, in denen Beiträge zu den jeweiligen Posts gemäß dem Schreiben des Antragstellers vom 08.07.2024 (Anlage Ast. 1), der Abmahnungen des Antragstellers vom 15.07.2024 und 26.07.2024 (Anlage Ast. 7) oder der einstweiligen Verfügung der 3. Zivilkammer vom 19.08.2024 (Anlage Ast. 8) in Bild und Text identisch, aber abweichend gestaltet sind (z.B. in Auflösung, Größe/Zuschnitt, Verwendung von Farbfilter, Einfassung mit Rahmen/Balken) oder bei bloßer Änderung typografischer Zeichen (z.B. Tippfehler, Hinzufügung oder Weglassung von Satz- oder Leerzeichen) oder bei Hinzufügung zusätzlicher sprachlicher oder grafischer Elemente oder beim Versehen mit zusätzlichen Kommentaren bzw. einer Bildüber- bzw. unterschrift (sog. Caption), wenn hierdurch aber der jeweils in Rede stehende Eindruck bestehen bleibt (vgl. Urteil des Senats vom 25.01.2024, Az. 16 U 65/22 – Künast-Meme; GRUR 2024, 1827, Rn. 50 ff.)…“

Hinweis des Autors:

Ob eine solche Handlungspflicht für Online-Plattformen besteht, wird gerade in einem Grundsatzverfahren des BGH entschieden. Mit Beschluss vom 18. Februar 2025 (Az.: VI ZR 64/24) hat der BGH hier das Verfahren ausgesetzt, um eine Entscheidung des EuGH in einem Gerichtsverfahren abzuwarten.

Rolf Albrecht

Rechtsanwalt I Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz I Fachanwalt für Informationstechnologierecht (IT-Recht) I Lehrkraft für besondere Aufgaben für das Gebiet Wirtschaftsrecht an der Hochschule Ruhr West