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BGH: Grundsatzentscheidung zu Online-Coaching-Verträgen mit B2B-Bezug-FernUSG findet Anwendung

Unter anderem dies hat das Gericht in seinem Urteil vom 12.Juni 2025, Az.: III ZR 109/24, entscheiden. In dem Revisionsverfahren hat das Gericht zahlreiche Grundsätze für Online-Coaching-Verträge, die im Regelfall mit hohen Gebühren versehen waren, getroffen.

Zunächst ordnet das Gericht das Online-Coaching als Fernunterricht im Sinne des Gesetzes zum Schutz der Teilnehmer am Fernunterricht (FernUSG) ein und führt dazu unter anderem aus:

„…Bei dem vom Kläger gebuchten Programm handelt es sich um Fernunterricht im Sinne des § 1 Abs. 1 FernUSG. Danach ist Fernunterricht die auf vertraglicher Grundlage erfolgende, entgeltliche Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten, bei der der Lehrende und der Lernende ausschließlich oder überwiegend räumlich getrennt sind (Nr. 1) und der Lehrende oder sein Beauftragter den Lernerfolg überwachen (Nr. 2)… Auf die verschiedentlich diskutierte Frage, inwieweit sogenannte Coaching- oder Mentoring-Angebote, bei denen der Schwerpunkt auf der individuellen und persönlichen Beratung und Begleitung des Kunden liegt, auf die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten im Sinne des § 1 Abs. 1 FernUSG gerichtet sind (vgl. hierzu OLG Celle, NJW-RR 2025, 113 Rn. 22; dass., Urteil vom 4. Februar 2025 – 13 U 52/24, unter II. 1. b), n.v.; OLG Hamburg, NJW 2024, 2849 Rn. 24; OLG Oldenburg, Urteil vom 17. Dezember 2024 – 2 U 123/24, unter II. (1), n.v.; LG Frankenthal, BeckRS 2024, 20522 Rn. 11; LG Ravensburg, MMR 2024, 273 Rn. 22; AG Traunstein, MMR 2024, 815 Rn. 27-36; Faix, MMR 2023, 821, 824; Lach, jurisPR-ITR 12/2023 Anm. 4 unter C; Laukemann/Förster, WRP 2024, 24 Rn. 14-17; Mertens, MMR 2024, 656, 656 f; Schwab/Sablotny, NJW 2024, 2802 Rn. 6-8), kommt es nicht an, weil vorliegend die Wissensvermittlung gegenüber einer individuellen und persönlichen Beratung und Begleitung des Teilnehmers deutlich im Vordergrund steht. Dies ergibt sich daraus, dass in der Programmbeschreibung Lernziele vordefiniert werden, die von der konkreten unternehmerischen Tätigkeit der verschiedenen Teilnehmer unabhängig sind, wiederholt auf zu erwerbendes „Wissen“, „Know-How“ und „finanzielle Bildung“ verwiesen wird, die Beklagte ihren durchführenden Unternehmensbereich selbst als „Akademie“ bezeichnet und sowohl die zweiwöchentlichen Online-Meetings als auch die pro Halbjahr stattfindenden Workshops für eine Gruppe von Teilnehmern veranstaltet werden. Die für den Bedarfsfall vorgesehenen zwei Online-Einzelsitzungen bei einem Personal-Coach zur Auflösung persönlicher Blockaden fallen dagegen nicht ins Gewicht…“

Überdies sieht das Gericht den Anwendungsbereich des FernUSG auch im B2B als gegeben an. Hier führt das Gericht unter anderem aus:

„…Auch der Sinn und Zweck der §§ 2 ff FernUSG steht einer Begrenzung des persönlichen Anwendungsbereichs auf Verbraucher im Sinne des § 13 BGB entgegen. Der Gesetzgeber wollte mit dem FernUSG die Fernunterrichtsteilnehmer vor unseriösen Fernunterrichtsangeboten schützen und das Fernunterrichtswesen als Bestandteil eines modernen Weiterbildungssystems fördern. Den §§ 2 ff FernUSG liegt dabei, wie ausgeführt, ein gegenstandsbezogenes Schutzkonzept zugrunde, das den Teilnehmer, der im Vorfeld des Vertragsschlusses und vor Erhalt der Unterrichtsmaterialien nur eingeschränkte Möglichkeiten hat, die Eignung und Qualität eines Fernlehrgangs zu überprüfen, umfassend vor einer diesbezüglichen Fehleinschätzung bewahren soll, um eine Enttäuschung seiner Bildungswilligkeit zu verhindern (Regierungsentwurf des FernUSG aaO S. 1, 11-13, 16 f). Dieses im Verhältnis zum Direktunterricht gesteigerte Schutzbedürfnis besteht unabhängig davon, ob der Teilnehmer den Fernunterrichtsvertrag zu privaten oder zu unternehmerischen Zwecken abschließt (vgl. OLG Celle, Urteil vom 4. Februar 2025 aaO unter II. 1. a) bb) (2); dass., NJW-RR 2025, 113 Rn. 19; dass., MMR 2023, 864 Rn. 33; dass. [Hinweisbeschluss], NJW-RR 2024, 1181 Rn. 5). Dagegen kann nicht mit Erfolg eingewandt werden, dass potentielle Teilnehmer heutzutage die Möglichkeit hätten, in Bewertungsportalen zu einzelnen Lehrgängen zu recherchieren, die Bewertungen und Erfahrungen anderer Kunden nachzulesen und sich so ein erstes Bild von der Qualität des Kurses zu machen (so Laukemann/Förster aaO Rn. 24). Diese Möglichkeit steht Verbrauchern im Sinne des § 13 BGB gleichermaßen zur Verfügung, so dass damit eine Einschränkung des Anwendungsbereichs des FernUSG nicht begründet werden kann. Im Übrigen können solche Bewertungsportale schon wegen ihrerteils fragwürdigen Seriosität und der Gefahr manipulierter Bewertungen die Qualitätsüberprüfung im Rahmen des Zulassungsverfahrens (§ 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FernUSG) nicht ersetzen (vgl. OLG Düsseldorf aaO Rn. 33…“

Rolf Albrecht

Rechtsanwalt I Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz I Fachanwalt für Informationstechnologierecht (IT-Recht) I Lehrkraft für besondere Aufgaben für das Gebiet Wirtschaftsrecht an der Hochschule Ruhr West