OLG Schleswig: 100 EUR Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO wegen Kontrollverlust über personenbezogene Daten nach deren Scraping aus sozialem Netzwerk

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So unter anderem das Gericht in seinem Urteil vom 20.März 2025 (Az.: 5 U 96/23). Das Gericht wendet dabei die Rechtsprechung des BGH und führt in den Entscheidungsgründen dazu unter anderem aus:

„…Vorliegend ist ein Schadensersatz in Höhe von € 100,00 zuzusprechen.

Es ist zwar ein Kontrollverlust anzunehmen, psychische Beeinträchtigungen, die über die mit dem eingetretenen Kontrollverlust für jedermann unmittelbar zusammenhängenden Unannehmlichkeiten hinausgehen, indes nicht (siehe oben).

Die Bemessung des Schadensersatzes nach den genannten Kriterien ergibt das folgende Bild:

Die Mobiltelefonnummer gehört nicht zu besonders sensiblen Daten. Allerdings ist sie vorliegend zur Überzeugung des Senats (§ 287 ZPO) nach Anhörung der klägerischen Partei dazu benutzt worden, diese mit Spam-SMS und ungewollten Anrufen zu Werbe- oder Betrugszwecken zu belästigen. So hat sie geschildert, etwa zur Zeit der medialen Berichterstattung über den streitgegenständlichen Vorfall vermehrt mit Anrufen bzw. SMS unbekannter Herkunft belästigt worden zu sein, sowohl zu Werbe- als auch zu Betrugszwecken. Anfangs seien es ca. vier SMS oder Anrufe pro Tag gewesen, inzwischen eher nur noch ein Anruf pro Monat und einige SMS. Hinzu kommt, dass die Telefonnummer der klägerischen Partei einem unbegrenzten Personenkreis durch Abrufe im Internet für einen langen Zeitraum zugänglich (gewesen) ist, wovon offenbar Gebrauch gemacht worden ist. Die Höhe des Schadensersatzes begrenzend ist indes zu berücksichtigen, dass die klägerische Partei ihre Telefonnummer nicht geändert hat, mithin die Belästigung offenbar nicht unerträglich gewesen ist bzw. ist, sowie dass der hypothetische Aufwand für die Wiedererlangung der Kontrolle in Form des Aufwands für einen Rufnummernwechsel nicht besonders hoch ist (wenn auch äußerst lästig).

Anhaltspunkte dafür, dass zusätzlich zu dem bloßen Kontrollverlust sonstige Gründe vorliegen könnten, den Schadensersatz in anderer Höhe zuzusprechen, sind weder konkret vorgetragen noch ersichtlich.

Soweit die klägerische Partei diesbezüglich anführt, in der Entscheidung des Gerichts der Europäischen Union (EuG) vom 8. Januar 2025 (T-354/22, Rn. 195 ff.) sei ein Schadensersatz in Höhe von € 400,00 zugesprochen worden, so betrifft dies einen vom vorliegenden zu unterscheidenden Einzelfall. Dort ging es um einen Verlust der IP-Adresse, die in ein fremdes Land abgeflossen war. Die IP-Adresse macht konkrete an das Netz angebundene Geräte adressierbar und damit erreichbar. Nach Auffassung des Senats handelt es sich hierbei um einen schon nach der Art der abgegriffenen Daten erheblich schwereren Fall mit erheblich höherem Potential für etwaige Straftaten durch Dritte…“