BAG: Verspätete Auskunft nach Art. 15 DSGVO durch Arbeitgeber rechtfertigt keinen Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO wegen eines „schlechten Gefühls“

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Es muss ein tatsächlicher Schaden dargelegt und bewiesen werden. So das Gericht in seinem Urteil vom 20. Februar 2025 (Az.: 8 AZR 61/24), dass den Rechtsstreit zur Neuentscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen. Diese hatte dem klagenden Arbeitnehmer noch einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 10.000 EUR zugesprochen. Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Unter einem Kontrollverlust versteht der Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden Gerichtshof) daher nur eine Situation, in der die betroffene Person eine begründete Befürchtung des Datenmissbrauchs hegt (vgl. BSG 24. September 2024 – B 7 AS 15/23 R – Rn. 31). Das bloße Berufen auf eine bestimmte Gefühlslage reicht dabei nicht aus. Das Gericht hat vielmehr zu prüfen, ob das Gefühl unter Berücksichtigung der konkreten Umstände „als begründet angesehen werden kann“ (EuGH 14. Dezember 2023 – C-340/21 – [Natsionalna agentsia za prihodite] Rn. 85). Dies setzt zwingend die Anwendung eines objektiven Maßstabs voraus (BAG 25. Juli 2024 – 8 AZR 225/23 – Rn. 33; 20. Juni 2024 – 8 AZR 124/23 – Rn. 15). Je gravierender die Folgen eines Verstoßes gegen die Datenschutz-Grundverordnung sind, desto näher liegt eine begründete Befürchtung des Datenmissbrauchs. So wird die Veröffentlichung von sensiblen Daten im Internet aufgrund eines Datenlecks typischerweise eine Grundlage für solche Befürchtungen darstellen. Eine nur verspätete Auskunft begründet demgegenüber für sich genommen keinen Kontrollverlust über Daten iSd. Gefahr einer missbräuchlichen Verwendung, sondern nur einen Zeitverzug hinsichtlich der Auskunft (BSG 24. September 2024 – B 7 AS 15/23 R – Rn. 32). Entgegen der Auffassung der Revision ist es dabei ohne Belang, dass Art. 12 Abs. 3 Satz 1 DSGVO die unverzügliche Erteilung der Informationen als Regelfall vorsieht und den Zeitraum der Ungewissheit damit auf ein Minimum verkürzt. Eine ungerechtfertigte Verzögerung lässt dessen ungeachtet ohne weitere Anhaltspunkte nicht auf einen Datenmissbrauch schließen…

Die verspätete Erfüllung des Auskunftsanspruchs löst geradezu zwangsläufig die Sorge eines Verstoßes gegen sonstige Verpflichtungen aus der Datenschutz-Grundverordnung aus. Dies mag sich mit der Revision als eine besondere Form des Kontrollverlusts darstellen, kann aber auch als eigenständige Fallgruppe verstanden werden. Letztlich ist diese Frage der Einordnung nicht entscheidungserheblich. Wäre schon das Berufen auf solche abstrakten Befürchtungen ausreichend für die Annahme eines Schadens, würde jeder Verstoß gegen Art. 15 DSGVO – so ein Verstoß dagegen einen Schadenersatzanspruch nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO dem Grunde nach begründen könnte – zu einem immateriellen Schaden führen. Die eigenständige Voraussetzung des Schadens würde damit bedeutungslos (BAG 17. Oktober 2024 – 8 AZR 215/23 – Rn. 16). Sie wäre stets erfüllt. Dies ist jedoch mit dem dargestellten Normverständnis des Gerichtshofs von Art. 82 Abs. 1 DSGVO, das strikt zwischen Verstoß und Schaden unterscheidet, ebenso wenig zu vereinbaren wie mit den Anforderungen des nationalen Prozessrechts, das die substantiierte Darlegung eines Schadens verlangt (BAG 20. Juni 2024 – 8 AZR 124/23 – Rn. 18; 20. Juni 2024 – 8 AZR 91/22 – Rn. 18)…“