LG Nürnberg-Fürth: Weitergabe von Zugangsdaten zu Datenbank an Dritte außerhalb eines bestehenden Vertragsverhältnisses begründet Unterlassungsanspruch nach § 6 GeschGehG

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So unter anderem das Gericht in seinem Endurteil vom 27. Dezember 2024 (Az.: 19 O 556/24) in einem Rechtsstreit, in dem verschiedene Ansprüche geltend gemacht worden waren, die such aus einer Weitergabe von Passwörtern zu einer Datenbank des Klägers durch einen Mitarbeitenden der Beklagten an einen Dritten ergaben, der nicht in einem Vertragsverhältnis zur Beklagten stand. Das Gericht vereinte Ansprüche aus dem Urheberrecht sowie Wettbewerbsrecht, bejahte aber einen Anspruch nach dem GeschGehG. Es führt zur Eigenschaft des Geschäftsgeheimnisses und damit zur Eröffnung des Anwendungsbereiches des Gesetzes in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…a) Sowohl bei den Zugangsdaten zur Datenbank als auch bei der Datenbank selbst handelt es sich um Geschäftsgeheimnisse.

aa) Passwörtern sind grundsätzlich vom Begriff der Informationen nach § 2 GeschGehG erfasst (BeckOK IT-Recht/Renner, 14. Ed. 1.1.2024, GeschGehG § 2 Rn. 8).

Die Zugangsdaten zur Datenbank werden unstreitig individuell erstellt und den Kunden unter Geheimhaltungsverpflichtungen übermittelt. Sie sind damit geheim i.S.v. § 2 Nr. 1 a GeschGehG. Aus dieser Geheimhaltung resultiert auch ein wirtschaftlicher Wert der Zugangsdaten. Dafür genügt es, wenn das Bekanntwerden der Information für den Geheimnisinhaber wirtschaftliche Nachteile mit sich bringen würde (Harte-Bavendamm/Ohly/Kalbfus/Harte-Bavendamm, 2. Aufl. 2024, GeschGehG § 2 Rn. 37, beck-online). Das ist hier zweifelsfrei der Fall. Wären die Zugangsdaten bekannt, könnte der Kläger nicht verhindern, dass potentielle Kunden auf die Datenbank zugreifen, ohne dafür eine Gebühr an den Kläger zu entrichten. Er könnte dann mit der datenbank keine Gewinne durch den Abschluss von Nutzungsverträgen erzielen. Daraus ergibt sich auch das gemäß § 2 Nr. 1 c) GeschGehG erforderliche Geheihaltungsinteresse des Klägers. Den Zugangsdaten kommt auch schon deshalb ein Wert zu, weil sich an ihnen der Zugriff auf die Datenbank manifestiert. Zwar ist sind Zugangsdaten nicht die geheimnisrelevante Information selbst, sondern nur eine Information zum Zugang zu dieser geheimnisrelevanten Informationen, jedoch werden gerichtsbekannt auf dem Schwarzmarkt auch Passwörter gehandelt, so dass ihnen ein eigener Wert nicht abgesprochen werden kann, der sich nur daraus ergibt, dass sie geheim sind.

Schließlich hat der Kläger auch gemäß § 2 c) angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen hinsichtlich der Zugangsdaten ergriffen, indem er seine Kunden, denen er die Zugangsdaten übermittelt, durch entsprechende vertragliche Regelungen bereits im Jahr 2006 und auch bis heute, verpflichtet hat, dafür Sorge zu tragen, dass diese Zugangsdaten geheimgehalten und nicht weitergegeben werden.

bb) Auch die datenbank stellt ein Geschäftsgeheimnis i.S.v. § 2 GeschGehG dar. Datensammlungen können nach der Rechtsprechung des BGH eine Information iSd GeschGehG darstellen (vgl. BGH GRUR 2012, 1048), dies auch dann, wenn die einzelnen Daten öffentlich zugänglich sind. Die schützenswerte Geheimnisqualität gewinnen diese Informationen durch die vorgenommene Strukturierung, vorausgesetzt, dass der Organisations- und Strukturierungsaufwand nicht vernachlässigbar ist (BeckOK GeschGehG/Hiéramente, 20. Ed. 15.3.2024, GeschGehG § 2 Rn. 8). Nach den von der Klagepartei mit dem Schriftsatz vom 10.07.2024 dargelegten Aufbau der Datenbank, der unbestritten ist, weist die Datenbank offensichtlich eine deutliche Strukturierung auf. Dass die Zusammenstellung der Daten in der Struktur der Datenbank nicht nur einen zu vernachlässigenden Organisationsuns Strukturierungsaufwand erfordert, ergibt sich bereits daraus, dass die Beklagte bereit ist 15.000 € jährlich für den Zugang zu dieser Datenbank zu bezahlen, statt sich die Daten selbst in vergleichbarer Art und Weise strukturiert zusammen zu stellen.

Die Datenbank ist auch geheim, obwohl schon nach dem Vortrag der Klagepartei über 90 Kunden Zugang zu dieser Datenbank haben. Geheim i.S.v. § 2 Nr. 1a GeschGehG ist eine Information schon dann, wenn sie nicht ohne größeren Zeit- und Kostenaufwand zugänglich ist (BeckOK GeschGehG/Hiéramente, 20. Ed. 15.3.2024, GeschGehG § 2 Rn. 9). Nachdem der Kläger die Zugangsmöglichkeit nur an solche Personen vergibt, die mit ihm einen entsprechenden Vertrag schließen, sich Geheimhaltungsverpflichtungen unterwerfen und ein nicht unerhebliches Entgelt für die Nutzungsmöglichkeit zahlen, sind die Voraussetzungen des § 2 Nr. 1 a GeschGehG ohne weiteres erfüllt. Der Kläger kann durch die Vergabe der Zugangsmöglichkeiten auch nur deshalb und nur solange wie bisher Einnahmen erzielen, weil die Datenbank geheim ist, so dass der Datenbank, gerade deshalb, weil sie geheim ist ein wirtschaftlicher Wert zukommt (§ 2 Nr. 1a GeschGehG) und der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung hat (§ 2 Nr. 1c GeschGehG). Zur Geheimhaltung hat der Kläger auch gemäß § 2 Nr. 1 b GeschGehG angemessene Maßnahmen ergriffen, indem er die Personen, den er durch individuell erstellte Passwörter Zugang gewährt, vertraglich zur Geheimhaltung verpflichtet…“

Hinweis des Autors:

Dem Autor ist nicht bekannt, ob gegen die Entscheidung das Rechtsmittel der Berufung eingelegt worden ist.