LG Lübeck: Datenerhebung durch bestimmte „Meta Business Tools“, ist mangels Rechtsgrundlage nach DSGVO rechtswidrig

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Zudem bejahte das Gericht in seinem Urteil vom 10. Januar 2025 (Az.: 15 O 269/23) eine Haftung von Meta haftet für Einsatz dieser Tools auf Drittseiten und sprach einen geltend gemachten Unterlassungsanspruch zu. Hinsichtlich der fehlenden Rechtsgrundlage führt das Gericht in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Vor allem eine Einwilligung der Betroffenen für diese Form der Datenverarbeitung ist, wie zwischen den Parteien unstreitig, nicht gegeben. Vielmehr erfolgt diese Datenerhebung in jedem Fall und unabhängig davon, ob die Betroffenen hierin bei Aufruf der fraglichen Website oder App eingewilligt haben oder nicht. Nicht nachzuvollziehen vermag die Kammer dabei die mündliche Einlassung des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung, es läge eine Einwilligung der Klägerseite vor. Die Beklagtenseite selbst hat in der Klageerwiderung erklärt, es läge gerade keine Einwilligung vor (dort S. 52, Rn. 99, Bl. 105 d.A.). Dies blieb im Folgenden unstreitig. Der Vorhalt des Beklagtenvertreters in der Anhörung der Klägerin (S. 13 des Protokolls), diese habe die Cookie-Einstellungen gerade nicht abgewählt, geht demgegenüber schon deshalb ins Leere, weil es das in Bezug genommene Schreiben „vom 8. April 2024, Rn. 79“ jedenfalls in diesem Verfahren nicht gibt und auch eine derartige Randnummer auch etwa in der Klageerwiderung mit dem behaupteten Inhalt nicht zu finden ist. Er steht des Weiteren auch im offensichtlichen Widerspruch zu der vorgerichtlichen Korrespondenz der Beklagten, in der diese ebenfalls schreibt, dass die Klägerseite gerade nicht eingewilligt haben (Anlage B 8, dort S. 8, Bl. 133 d.A.). Die Kammer geht insoweit von einer bloßen Verwechslung des Beklagtenvertreters aus und behandelt das Fehlen der Einwilligung als unstreitig. Dies gilt umso mehr, als dass die Beklagtenseite mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2024 (dort S. 22) wieder das Gegenteil vorträgt und nun wieder vorträgt, die Klägerseite habe gerade nicht zugestimmt.

Nicht zu überzeugen vermag auch das Vorbringen der Beklagten, es handele sich hierbei um eine jenseits von Meta-Produkten weit verbreitete Praxis und letztlich der aktuellen Funktionsweise „des Internets“ geschuldet. Zwar vermag die Kammer noch nachzuvollziehen, dass derartige Datenübermittlungen insbesondere technischer Standarddaten erforderlich sein mögen um etwa eingebettete Funktionalitäten von Drittanbietern ordnungsgemäß laden und darstellen zu können – wobei auch insoweit nach der Konzeption der DSGVO an sich vorab eine Zustimmung eingeholt werden muss, andernfalls eben auf die eingebettete Funktionalität kein Zugriff aufgebaut werden kann. Vor allem aber erschließt sich der Kammer vorliegend nicht, was dieser technische Umstand mit der hier streitgegenständlichen Implementierung der Business Tools zu tun haben soll. Denn diese werden von den Drittfirmen und der Beklagten – soweit aus dem weitschweifigem Vortrag der Beklagten irgendwie rekonstruierbar – grundsätzlich gerade nicht eingesetzt um irgendwelche Inhalte auf Drittseiten anzubieten, sondern ausschließlich um das Nutzungsverhalten der Nutzerinnen und Nutzer zu Werbezwecken zu erfassen. Würde die Beklagte diese Tools nicht anbieten, wären die angesteuerten Websites aus Nutzerinnen- und Nutzersicht völlig unverändert nutzbar. Nachteile ergäben sich ausschließlich für die Beklagte selbst, nämlich für ihr Bemühen, im eigenen geschäftlichen Interesse in massenhaftem Umfang Persönlichkeitsprofile zu erstellen um diese kommerziell für Werbezwecke einzusetzen…“

Einen ebenfalls geltend gemachten Anspruch auf Schadensersatz verneinte das Gericht und führt dazu in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„..Allerdings geht die Kammer dabei – auch dies in ständiger Rechtsprechung – davon aus, dass die derart begründeten Sorgen bzw. Ängste kausal auf die fragliche Rechtsgutverletzung rückführbar sein müssen. Dies ist in der hier vorliegenden Konstellation von erheblicher Relevanz, weil die persönliche Betroffenheit von der streitgegenständlichen Datenverarbeitung nur in Bezug auf die Verarbeitung der technischen Standarddaten gegeben ist (vgl. oben). Hieraus folgt zur Überzeugung der Kammer, dass auch die vorgetragenen Ängste und Sorgen in überzeugendem kausalen Zusammenhang gerade mit dieser spezifischen Verarbeitung stehen müssen. Durch dieses Erfordernis wird auch ausgeschlossen, dass jedwede diffuse Vorstellungen der Klägerseite über das Geschäftsmodell der Beklagten unter dem Schlagwort der „Ängste und Sorgen“ schadensbegründend herangezogen werden können. Erforderlich ist vielmehr, dass die Klägerseite zumindest eine laienhaft näherungsweise präzise Vorstellung von den Verarbeitungsvorgängen der Beklagten bezüglich der allein die persönliche Betroffenheit begründenden technischen Standarddaten gebildet hat und diese Vorstellung zumindest mitursächlich für die geschilderten Ängste und Sorgen ist.

Derartiges vermag die Kammer auch nach eingehender persönlicher Anhörung der Klägerseite nicht festzustellen. Aus der persönlichen Anhörung folgt vielmehr, dass sich die Klägerseite lediglich ganz pauschal und weitgehend diffus „irgendwie“ Sorgen über die Verarbeitung diversester Daten bei der Beklagten macht – und dies maßgeblich in Bezug auf ihre Nutzung der gar nicht streitgegenständlichen Plattform „Facebook“. Mehrere der exemplarisch von ihr benannten Datenerhebungsvorgänge (angebliches Abhören von Gesprächen, Spam-Emails, seltsame Anrufe, „Abfischen“ von Suchbegriffen etc.) haben keinerlei Bezug weder zu den hier streitgegenständlichen Datenerhebungsvorgängen, geschweige denn zu der allein ihre persönliche Betroffenheit begründende Verarbeitung der technischen Standarddaten. Bei dieser völlig diffusen Gesamtlage ist es der Kammer unmöglich, festzustellen, inwieweit dieser allein klagebegründende Punkt überhaupt Einfluss auf die geschilderten Ängste und Sorgen hat und welcher Schadensersatzbetrag insoweit angemessen sein könnte…“

Hinweis des Autors:

Zum Zeitpunkt der Erstellung des Beitrages ist dem Autor nicht bekannt, ob gegen die Entscheidung Rechtsmittel eingelegt wurde.