Wettbewerbsrecht

OLG Düsseldorf: Werbung für „klimaneutrale Marmelade“ mangels Aufklärung zur Aussage in Werbung und Verpackung irreführend

So das Gericht in seinem Urteil vom 6. Juli 2023 (Az.: 20 U 72/22) in einer wettbewerbsrechtlichen Streitigkeit zwischen einem qualifizierten Wirtschaftsverband und einem Unternehmen. Zu den Details der Bewerbung wird auf die Screenshots verwiesen, die im Urteil abrufbar sind.

Das Gericht sah den geltend gemachten Unterlassungsanspruch als gegeben an und begründete dies damit, dass eine Irreführung durch Unterlassen nach § 5a,5b UWG. Die fehlenden, aber nach Ansicht des Gerichts erforderlichen, Aufklärungen der Bewerbung sind eine Irreführung durch Unterlassen. Das Gericht führt dazu in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Information, auf welche Weise die „Klimaneutralität“ eines beworbenen Produktes erreicht wird, eine wesentliche Information in dem vorgenannten Sinne.

Der Klimaschutz ist für Verbraucher ein zunehmend wichtiges, nicht nur die Nachrichten, sondern auch den Alltag bestimmendes Thema. Die Bewerbung eines Unternehmens oder seiner Produkte mit einer vermeintlichen Klimaneutralität kann daher erheblichen Einfluss auf die Kaufentscheidung haben (OLG Frankfurt, GRUR 2023, 177 Rn. 29 – klimaneutral).

Gerade wenn der Verbraucher – wie dargetan – weiß, dass eine ausgeglichene Klimabilanz auch durch Kompensationszahlungen erreicht werden kann, besteht ein Interesse an einer Aufklärung über grundlegende Umstände der von dem Unternehmen beanspruchten Klimaneutralität. Der Verkehr geht beispielsweise nicht davon aus, dass ein Unternehmen, das sich oder sein Produkt als „klimaneutral“ bezeichnet, allein auf Ausgleichsmaßnahmen Dritter beziehungsweise auf den Kauf von Zertifikaten setzt. Der Zertifikatehandel und andere Kompensationsmöglichkeiten stehen – jedenfalls aus Verbrauchersicht – in dem Verdacht, das betreffende Unternehmen betreibe nur sog. „Greenwashing“, ohne dass der Klimaschutz tatsächlich maßgeblich verbessert Der Verbraucher hat daher – neben der Frage, welche Produktionsvorgänge einberechnet werden – ein erhebliches Interesse an der Information, ob die Klimaneutralität (auch) durch eigene Einsparmaßnahmen erreicht wird oder nur durch den Erwerb von CO2-Zertifikaten beziehungsweise durch die Unterstützung von Klimaprojekten Dritter (wie hier: OLG Frankfurt a.a.O.), darüber hinaus – da bestimmte Ausgleichsmaßnahmen umstritten sind – die Art der Ausgleichsmaßnahmen.

Die Situation ist vergleichbar mit derjenigen eines Warentests. Auch zur Ermittlung der Klimabilanz gibt es unterschiedliche Kriterien, Herangehensweisen und Bewertungsmaßstäbe, auf deren Kenntnis der Verbraucher zur Bewertung der Angabe „klimaneutral“ angewiesen ist. Im Ergebnis ist daher eine Aufklärung darüber erforderlich, ob die in der Werbung behauptete Klimaneutralität ganz oder teilweise durch Einsparungen bzw. durch Kompensationsmaßnahmen erreicht wird. Weiter ist eine Aufklärung darüber erforderlich, ob bestimmte Emissionen von der CO2-Bilanzierung ausgenommen wurden.

Hieran fehlt es vorliegend. Weder die Anzeige noch die Produktverpackung enthalten einen Hinweis darauf, wie es zu der „Klimaneutralität“ kommt. Soweit die Beklagte geltend macht, entsprechende Erläuterungen fänden sich auf ihrer sowohl in der Werbung, als auch auf der Verpackung angegebenen Internetseite, mag dies zutreffen, verfängt aber deshalb nicht, weil dann jedenfalls die Information in der Werbung beziehungsweise auf der Packung erforderlich ist (und sei es auch nur durch eine Angabe vergleichbar „Näheres unter …“), dass dies der Fall ist. Vorliegend besteht aber kein Zusammenhang zwischen der Angabe „klimaneutral“ und der Website…“

Das Gericht hat die Revision zum BGH zugelassen. Es bleibt abzuwarten, ob diese eingelegt werden wird.

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