LG Krefeld: kein Anspruch gegen Social Media Netzwerk-Anbieter auf Schadensersatz nach Art.82 DSGVO wegen Datenerhebung per Scraping

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So das Gericht in seinem Urteil vom 22. Februar 2023 (Az.: 7 O 113/22), gegen das aber das Rechtsmittel der Berufung zum OLG Düsseldorf eingelegt worden ist (Az.: 16 U 46/23)

Das Gericht sieht keine Pflichtverletzungen und in der Folge auch keinen Nachweis eines Schadens und damit keinen Anspruch auf Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO.

Zu dem fehlenden Nachweis des Schadens führt das Gericht in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Zwar wurden die klägerischen Daten, die dieser einem gewissen Nutzerkreis der Plattform zugänglich machte, durch den Scraping-Vorfall abgegriffen und allgemein-zugänglich im Internet veröffentlicht; gegen einen Kontrollverlust spricht aber bereits der Umstand, dass es sich bei den „gescrapten“ Daten des Klägers mit – Ausnahme der Mobilfunknummer – um Daten handelt, die immer öffentlich sind. Es ist diesen Daten daher gerade immanent, dass sie jedem und jederzeit zugänglich sind. Auf diesen Umstand weist die Beklagte ihre Nutzer auch ausdrücklich hin, sodass es für die Kammer nicht nachvollziehbar ist, weshalb eine „weitere Veröffentlichung“ dieser Daten, bei dem Kläger zu Kontrollverlust geführt haben sollte. Neben einem mangelnden Kontrollverlust des Klägers beziehen sich die Erwägungsgründe allerdings auch nur auf Regelbeispiele, sodass weitere immaterielle Schadensbilder wie etwa ein allgemeines Unwohlsein grundsätzlich denkbar sind. Das Vorliegen eines solchen konkreten, immateriellen Schadens, wozu immer auch körperliche Manifestationen durch Ängste, Sorgen, Stress sowie Komfort- und Zeiteinbußen zählen, hat der Kläger allerdings nicht hinreichend dargetan. Er hat zwar im Rahmen der Klageschrift ausgeführt, dass er unter großem Unwohlsein und Sorgen leide sowie einen Missbrauch befürchte. Letztlich kann die Kammer aber nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass sich die vom Kläger unter den in der Klageschrift beschriebenen Ängsten und Sorgen auch tatsächlich im Sinne eines immateriellen Schadens manifestiert haben. Der in der Verordnung geregelte Ersatz immaterieller Schäden erstreckt sich auch nicht auf bloßen Ärger, zu dem die Verletzung ihrer Vorschriften bei der betroffenen Person geführt haben mag. Es ist vielmehr Sache der nationalen Gerichte, herauszuarbeiten, wann das subjektive Unmutsgefühl aufgrund seiner Merkmale im Einzelfall als immaterieller Schaden angesehen werden kann (vgl. Schlussantrag des Generalanwalts beim EuGH v. 6.10.2022 – C 300/21). Ebenso kann die Kammer keinen konkreten immateriellen Schaden aus der Veröffentlichung der Mobilfunknummer ersehen. Zweifel an dem in der Klageschrift vorgetragenem Gemütszustand des Klägers ergeben sich für das Gericht diesbezüglich bereits aus dem Umstand, dass die Eingabe der Mobilfunknummer freiwillig erfolgte, mithin für die Registrierung nicht erforderlich war. Dass der Kläger diese gleichwohl trotzdem angab, spricht dafür, dass sein allgemeines psychisches Wohlbefinden wohl nicht von der möglichst restriktiven Geheimhaltung seiner Mobilfunknummer abhängig ist. Dies umso mehr vor dem Hintergrund, dass es sich bei dem betroffenen Mobil-Telefon um ein Diensttelefon handelt und der Kläger selbst in der IT-Branche tätig ist und eigenem Bekunden nach die Sicherheitsinteressen kennt. Daneben wurde der Kläger in den Suchbarkeits- und Kontaktierungseinstellungen ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sein Profil anhand der von ihm angegebenen Telefonnummer auffindbar war. Zudem hat der Kläger nicht ausreichend dargelegt, dass seine Telefonnummer durch den Scraping-Vorfall abgegriffen wurde. Im Übrigen erhalten gerichtsbekannt auch Personen unerwünschte E-Mails und Anrufe, die keine Account bei der Beklagten haben und dort ihre Telefonnummer hinterlegt haben, was auch gegen eine eventuelle Kausalität des Schadens spricht. In seiner informatorischen Anhörung ist auch nicht deutlich geworden, dass er durch den Vorfall erheblich i.S.d. obigen Ausführungen betroffen war. So gab er an, eine Video der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten auf Youtube gesehen zu haben. Er danach sei bei ihm der Verdacht aufgekommen, dass die vielen Phishinglinks und -SMS im Zusammenhang mit der Beklagten stehen könnten. Über einen Wechsel seiner Telefonnummer habe er nicht nachgedacht. Es könne, so der Kläger, „nicht sein, dass das mein Problem ist, wenn dort Datenlecks bestehen“. Im Übrigen hätte ein solcher Wechsel wegen der vielen Kundenkontakte auf seinem Handy auch aus seiner Sicht nicht in Relation zu dem Vorfall gestanden…“