Urheberrecht

LG Köln:stilisiertes Stück einer Pizza kann Werkschutz als Werk angewandter Kunst nach UrhG genießen

stilisiertes Stück einer Pizza kann Werkschutz als Werk angewandter Kunst nach UrhG genießen – So das LG Köln in seinem Urteil vom 9. Juni 2022 (Az.: 14 O 283/20), in dem unter anderem ein Unterlassungsanspruch und auch weitere Annexansprüche auf Basis eines Verstoßes gegen das Urheberrecht geltend gemacht wurden.

stilisiertes Stück einer Pizza kann Werkschutz als Werk angewandter Kunst nach UrhG genießen – Ansicht des Gerichts

Das LG Köln führt dabei zur Schutzfähigkeit nach dem UrhG der konkreten Darstellung (ist in der Gerichtsentscheidung abgelichtet) in den Entscheidungsgründen unter anderem wie folgt aus:

„…Die streitbefangene Abbildung ist dem Bereich der angewandten Kunst im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG zuzuordnen, denn es handelt sich um ein Graphikdesign, das zur Kennzeichnung und Bewerbung der klägerischen Produkte eingesetzt wird…. Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die streitgegenständliche graphisch stilisierte Abbildung eines Pizzastücks urheberrechtlich geschützt.

Es handelt sich nicht um eine rein naturalistische Darstellung eines Pizzastücks, sondern dieses wird durch Form- und Farbgebung auf das wesentliche reduziert und bleibt gleichwohl erkennbar. Dem Gestalter steht bei der Wiedergabe eines stilisierten Pizzastücks eine sehr breite Auswahl verschiedener ästhetischer Möglichkeiten zur Verfügung. Ein ähnlich der geometrisch reduzierten Form der hier streitgegenständlichen Abbildung gestaltetes Logo findet sich im Wettbewerbsumfeld – wie auch die Beklagtenseite zugesteht – nicht. Daher kommt auch dieser Gestaltung jedenfalls noch ein Mindestmaß schöpferischer Individualität nach der „kleinen Münze“ zu.

Der Zeuge X hat zur Entstehung des Logos in nachvollziehbarer Weise ausgeführt, dass er bewusst von der regelmäßigen Gestaltung von Speisen abweichen wollte, die Gerichte lediglich „aufführen“. Anknüpfend an den Slogan „Text entfernt“ sollte vielmehr an “Text entfernt“ angeknüpft werden. Die streitgegenständliche Graphik sei so zu interpretieren, dass an der äußeren Ecke bereits abgebissen worden sei, was zeige, dass eine Person „schon dagewesen“ sei, die schneller als die anderen sei. Der Gestaltung liege die Idee zugrunde, dass diese Person schon schneller in die Pizza gebissen habe, da man ein Pizzastück für gewöhnlich ja am abgerundeten Ende in die Hand nehme und unten an der Spitze abbeiße. Danach steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass sich in der streitgegenständlichen Graphik eines stilisierten Pizzastücks ein schöpferisches Konzept manifestiert, dass deutlich über die bloß naturalistisch-vereinfachte Darstellung eines herkömmlichen Pizzastücks hinausgeht.

Der Zeuge x hat damit ein Zeichen geschaffen, das seiner Zielrichtung entsprechend, unterscheidungskräftig im Sinne von § 3 Abs. 1 MarkenG ist, aber gleichzeitig einen den Gebrauchszweck überschießenden künstlerischen Anspruch aufweist. Nach Kenntnis des Zeugen existierte ein Logo mit einem solchen Bißabdruck am Markt sonst nicht, und dies sei auch nach wie vor nicht der Fall. Der Zeuge X hat sich demnach bei der Gestaltung der grafischen Abbildung des Pizzastücks nicht an vorgegebenen, hergebrachten Regeln bei der Gestaltung von Speisekarten und Logos aus dem kulinarischen Bereich orientiert, sondern eine eigene Bildsprache entwickelt und bestehende Gestaltungsspielräume insbesondere dadurch genutzt, dass der Biß am Pizzastück kontraintuitiv nicht an der Spitze, sondern am Randstück erfolgt. Der Vortrag der Beklagtenseite, dass gar keine andere Möglichkeit bestehe respektive es jedenfalls naheliegend sei, ein stilisiertes Pizzastück als „Tortenstück“ in den symbolischen Farbgebungen Gelb für den Teig/Rand und Rot für den Tomatenbelag darzustellen, ist damit nach Auffassung der Kammer widerlegt. Vielmehr hebt sich die hier streitgegenständliche Graphik in origineller Weise von am Markt vorhandenen anderen stilisierten Darstellungen des Produkts „Pizza“ ab….“

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