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LG Köln: Online-Marktplatz haftet wegen Urheberrechtsverletzung eines Nutzers auf Unterlassung gegenüber Rechteinhaber, wenn keine ausreichenden proaktiven technischen Maßnahmen vorhanden waren

So das Gericht in seinem Urteil vom 24. Juli 2025 (Az.: 14 O 343/23) in einem Rechtsstreit eines Rechteinhabers gegen eine Online-Plattform, die privaten Piloten die Vermittlung von Fluggelegenheiten ermöglicht. Ein dort registrierter Pilot hatte ohne Zustimmung des Klägers ein Lichtbild dort hochgeladen. Das Gericht sah eine Unterlassungshaftung der Plattform und begründet dies unter anderem wie folgt:

„…Jedoch hat die Beklagte nicht alle geeigneten technischen Maßnahmen ergriffen, die von ihr in ihrer Situation unter Anlegung des Maßstabs eines die übliche Sorgfalt beachtenden Wirtschaftsteilnehmers erwartet werden können, um Urheberrechtsverletzungen auf ihrer Plattform glaubwürdig und wirksam zu bekämpfen. Anders als in dem vom BGH in der Manhattan-Bridge-Entscheidung beurteilten Fall (vgl. dort BGH, Urt. v. 23.10.2024 – I ZR 112/23 – Manhattan Bridge, GRUR 2024, 1809, Rn. 51) steht für die Kammer hier auf der Grundlage des tatsächlichen Vorbringens der Parteien fest, dass die Beklagte im Streitfall der – gleichsam zweiten – haftungsbegründenden Hypothese unterfällt, da sie wusste oder jedenfalls wissen musste, dass über ihre Plattform im Allgemeinen durch Plattformnutzer geschützte Inhalte rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht werden (vgl. EuGH, Urt. v. 22.6.2021 – C-683/18 und C-682/18 – YouTube und Cyando, GRUR 2021, 1054, Rn. 102). Denn die Beklagte trägt in ihrer Klageerwiderung vom 2.3.2023 selbst vor (dort Seite 5, Bl. 99 d. A.), dass sie nicht vollständig ausschließen kann, dass es zur Einstellung rechtsverletzender Inhalte kommt, und dass sie, wenn Inhalte beanstandet werden, sicherstellt, dass diese von der Webseite entfernt werden. Daraus folgt, dass die Beklagte mit dem Upload urheberrechtsverletzender Inhalte rechnet und derartige Verletzungen auch schon erfolgt sind, die Beklagte diese aber (stets) beseitigt hat. Dass es zu urheberrechtsverletzenden Uploads gekommen ist und die Beklagte damit rechnet, zeigt sich auch darin, dass sie beim Hochladeprozess von Fotos ebenfalls explizit den Hinweis „Achtung! Bitte wähle nur Bilder von denen du die Urheberrechte besitzt.“ implementiert hat.

Aus dem Vortrag der Beklagten selbst ergibt sich, dass sie keine technischen Maßnahmen ergreift, um Urheberrechtsverletzungen glaubwürdig und wirksam proaktiv zu bekämpfen. Sie beschränkt sich im Wesentlichen darauf zu behaupten, dass es technisch unmöglich sein „dürfte“, überhaupt Mechanismen der Vorabkontrolle einzurichten. Bereits der Formulierung nach handelt es sich um eine bloße Vermutung, die nicht weiter substantiiert ist. Insbesondere werden etwa nicht verschiedene denkbare technische Möglichkeiten dargestellt und dargelegt, weshalb diese im Streitfall nicht wirksam oder zumutbar wären.

Einzige Ausnahme ist der Vortrag zur Ungeeignetheit von „Vorfiltern“, wonach diese nicht mit zu filterndem Material angelernt werden könnten, da es sich bei diesem nicht wie etwa bei O. um bekanntes Film- oder Musikmaterial handele, sondern in der Regel um Fotos der Piloten selbst, die nicht zuvor an anderer Stelle bereits veröffentlicht seien. Indes sind der Kammer durchaus Maßnahmen vorstellbar, die technisch möglich wären. So ist der Kammer aus anderen Verfahren und eigener Anschauung bekannt, dass etwa das Angebot von Google auch eine Bildersuche anhand einer Bilddatei oder einer Bild-URL als Suchkriterium ermöglicht. Weshalb die Beklagte nicht eine ähnliche technisch automatisierte Suche implementieren können soll, ist nicht ersichtlich. Dass ein solcher Filter bei tatsächlich vorher unveröffentlichtem Material nicht funktionieren kann, ist der Beklagten zwar zuzugeben, ändert jedoch nichts daran, dass jedenfalls für die übrigen Fälle wirksame technische Maßnahmen nach dem Gesagten denkbar sind, die die Beklagte nicht ergriffen hat. Bei diesen übrigen Fällen wird es sich zudem um die Mehrzahl der Fälle handeln, die mit Urheberrechtsverletzungen einhergehen, da ein Plattformnutzer ein zuvor unveröffentlichtes fremdes Foto regelmäßig bereits nicht zur Verfügung haben wird. Dazu passt im vorliegenden Fall, dass auf der Grundlage des Klägervortrags davon auszugehen ist, dass auch das streitgegenständliche Foto von ihm veröffentlicht worden und über eine Internetseite abrufbar gewesen ist…“

Hinweis des Autors:

Dem Autor ist zum Zeitpunkt der Erstellung des Beitrages nicht bekannt, ob gegen die Entscheidung Berufung eingelegt wurde.

Rolf Albrecht

Rechtsanwalt I Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz I Fachanwalt für Informationstechnologierecht (IT-Recht) I Lehrkraft für besondere Aufgaben für das Gebiet Wirtschaftsrecht an der Hochschule Ruhr West