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OLG Bamberg: Wiederholtes, aufdringliches Angebot einer Ticketversicherung durch Onlineverkaufsplattform für Eintrittskarten für Veranstaltungen ist Verstoß gegen Art. 25 I DSA und damit auch das UWG

Die Onlineplattform hatte unzulässig wiederholt auf eine Ticketversicherung hingewiesen, die durch Käufer abgeschlossen werden konnte, und dabei unter anderem auch im Bestellprozess verlangt, dass Nutzer einen Button mit der Bezeichnung „Ich trage das volle Risiko“ klicken mussten, um ohne den Abschluss einer Ticketversicherung Eintrittskarten erwerben zu können. In den wiederholten Anpreisungen sah das Gericht nunmehr in dem Endurteil vom 5. Februar 2025 (Az.: 3 UKI 11/24 e) den Verstoß gegen Art. 25 I DSA und führt dazu in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Allerdings führt gerade die Verwendung dieses Textes jedenfalls in Zusammenschau mit dem angesprochenen „Nagging“ zu einer unzulässigen Beeinflussung des hiervon angesprochenen Nutzers.

aa) Grundsätzlich kann auch die Kombination von verschiedenen Gestaltungen einen Verstoß gegen Art. 25 Abs. 1 DSA begründen (s. hierzu NK-DSA/Raue, 1. Aufl. 2023, DSA Art. 25 Rn. 83). Diese Verbotsnorm sanktioniert nach ihrem Wortlaut die Gestaltung der Schnittstelle insgesamt und nicht nur einzelne Praktiken.

bb) Die Beklagte nutzt sowohl die wiederholte Anfrage als auch die visuelle Gestaltung dazu, um den Nutzer zum Abschluss einer Ticketversicherung zu bewegen. Dies mag, isoliert betrachtet, aus den vorstehenden Gründen bei einem durchschnittlichen informierten und aufmerksamen Nutzer trotz Verwirklichung zweier Regelbeispiele noch nicht als „maßgebliche“ Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit einzuordnen sein. Im Zusammenhang mit dem ebenfalls bereits erwähnten, mit der Ablehnung der Versicherung einhergehenden Text auf dem Auswahlbutton „ich trage das volle Risiko“ ist diese Schwelle jedoch überschritten. Der Text bewirkt zwar eine erhöhte Aufmerksamkeit. Diese wird jedoch dadurch hervorgerufen, dass hiermit ein Szenario aufgebaut wird, das Angst vor einem Totalverlust des Kaufpreises erzeugt und auf den durchschnittlichen Nutzer bedrohend wirkt. Außerdem wird dem durchschnittlichen Nutzer nahegebracht, dass er das Verlustrisiko sogar bei Umständen trägt, die nicht in seiner Sphäre liegen. Denn mit der Formulierung „das volle Risiko“ verbindet der durchschnittliche Verbraucher die Vorstellung, dass er ohne Abschluss der Versicherung nunmehr den Verlust des Kaufpreises hinnehmen muss, wenn ein Besuch des Konzerts, gleich aus welchen Gründen, scheitert. Dass dies gerade bei einer Absage des Konzerts durch den Veranstalter nicht der Gesetzeslage entspricht, bedarf keiner weiteren Erörterung. Insoweit liegt eine Irreführung des Nutzers vor, die dazu führt, dass die Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt ist, weshalb die Gestaltung der Webseite gegen Art. 25 Abs. 1 DSA verstößt.

cc) Dieser Verstoß begründet gleichzeitig, wie bereits ausgeführt, eine Verletzung der Vorschriften der §§ 3 Abs. 2, 4a Abs. 1 S. 2 Nr. 3, S. 3 UWG (Europäische Kommission, Leitlinien UGP-RL S. 101; Steinrötter/Schauer, Lauterkeitsrechtliche Behandlung von Dark Patterns, WRP 2024, 873 Rn. 42; Raue/Heesen, NJW 2022, 3537, Rn. 34; NK-DSA/Raue, 1. Aufl. 2023, DSA Art. 25 Rn. 103; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhlerf Alexander UWG § 4a Rn. 1.81 a; Dregelies, Der Schutz vor Dark Patterns im DSA, MMR 2023, 243). Das Vorgehen der Beklagten widerspricht den Anforderungen an eine geschäftliche Sorgfalt im Sinne von § 3 Abs. 2 UWG. Gleichzeitig stellt es eine unzulässige Beeinflussung des Verbrauchers gem. § 4a Abs. 1 S. 2 Nr. 3, S. 3 UWG dar. Es ist auch dazu geeignet, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen. Die Beklagte handelt damit Vorschriften zuwider, die dem Schutz der Verbraucher dienen. Daher kann sie insoweit vom Kläger gem. § 2 Abs. 1 UKlaG im Interesse des Verbraucherschutzes auf Unterlassung in Anspruch genommen werden…“

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