LAG Düsseldorf: kein Anspruch auf Schadensersatz nach Art.82 DSGVO wegen nicht fristgerechter und unvollständiger Auskunft nach Art. 15 DSGVO durch einen Arbeitgeber gegenüber einem ehemaligen Beschäftigten

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So unter anderem das Gericht in seinem Urteil vom 28. November 2023 (Az.: 3 Sa 285/23). Das Gericht hat ausdrückliche die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen. In dem Rechtsstreit wurde über den Anspruch auf Zahlung eines immateriellen Schadensersatzes nach Art. 82 DSGVO entschieden, die ein ehemaliger Beschäftigter geltend gemacht hatte. Das Gericht führt unter anderem in den Entscheidungsgründen aus:

„..Die verspätete und/oder unvollständige Datenauskunft nach Art. 12 Abs. 3, 15 DSGVO stellt keine verordnungswidrige Datenverarbeitung dar, die einen Schadensersatzanspruch nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO auslösen könnte.

Die (Daten-)Verarbeitung wird in Art. 4 Nr. 2 DSGVO legaldefiniert. Sie bezeichnet jeden mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführten Vorgang oder jede solche Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten wie das Erheben, das Erfassen, die Organisation, das Ordnen, die Speicherung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, die Verwendung, die Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung, den Abgleich oder die Verknüpfung, die Einschränkung, das Löschen oder die Vernichtung.

aa. Die Nichterteilung einer Datenauskunft lässt sich selbst unter die Tatbestandsmerkmale dieses recht umfassenden Begriffs der Datenverarbeitung nicht subsumieren. Wird eine Datenauskunft nicht erteilt, stellt dies für sich genommen eben keine Verarbeitung, sondern deren Gegenteil, eine Nichtverarbeitung von Daten dar. Unterlässt die verantwortliche Stelle die Auskunftserteilung an den Betroffenen, dann werden dessen personenbezogene Daten hierdurch weder erhoben, erfasst, organisiert, geordnet, gespeichert, angepasst, verändert, ausgelesen, abgefragt, verwendet, offengelegt oder sonst bereitgestellt. Sie werden dann auch nicht abgeglichen, verknüpft, eingeschränkt, gelöscht oder vernichtet. Vielmehr wird all dies gerade unterlassen.

bb. Die verspätete oder unvollständige Auskunftserteilung geht gleichfalls nicht mit einer Datenverarbeitung einher. Es handelt sich weder um eine Offenlegung durch Übermittlung (a.A. OLG Köln vom 14.07.2022 – 15 U 137/21, juris, Rz. 24), denn mit dieser ist das Bekanntgeben personenbezogener Daten an Empfänger im Sinne von Art. 4 Nr. 19 DSGVO oder Dritte im Sinne von Art. 4 Nr. 10 DSGVO gemeint und zu beiden Personengruppen zählt der Betroffene nicht (Eßer in: Eßer/Kramer/von Lewinski, DSGVO/BDSG, 8. Auflage, Art. 4 DSGVO Rn. 52 m.w.N.), noch handelt es sich um eine Verwendung (Eßer in: Eßer/Kramer/von Lewinski, DSGVO/BDSG, 8. Auflage, Art. 4 DSGVO Rn. 55).

Selbst wenn man dies anders sähe und die Auskunftserteilung unter den Auffangbegriff der Verwendung von personenbezogenen Daten subsumierte, fehlte jedenfalls der Kausalzusammenhang zu einem etwaigen Schaden. Denn ein solcher wäre allenfalls denkbar, wenn eine Datenauskunft unzutreffend, also inhaltlich falsch erteilt würde. Dieser Fall liegt hier nicht vor.

Wendet sich der Kläger jedoch wie hier nicht gegen eine inhaltlich falsche Auskunft, sondern gegen deren verspätete und unvollständige Erteilung, dann ist die Verarbeitung als solche nicht kausal für einen Schaden des Klägers. Der von ihm geltend gemachte Schaden bezieht sich vielmehr – erneut – auf die vorübergehende bzw. teilweise Unterlassung einer Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten. Nicht die Auskunft als solche – so man in ihr eine Verarbeitung sieht – ist ursächlich für eine Beeinträchtigung bzw. einen materiellen oder immateriellen Nachteil des Klägers, sondern das Unterlassen der fristgerechten und vollständigen Auskunftserteilung. Den Verspätungsschaden kann der Kläger jedoch nicht über Art. 82 Abs. 1 DSGVO liquidieren, sondern allenfalls über § 286 BGB. Nach dieser Norm wiederum steht ihm allerdings kein immaterieller Schadensersatz zu und einen materiellen Verspätungsschaden macht der Kläger nicht geltend.

Um es abschließend nochmals klarzustellen: Der von der DSGVO bezweckte effektive Schutz der personenbezogenen Daten des Klägers wird durch diese, aus Sicht der Berufungskammer aus Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte zwingend folgende Auslegung des Art. 82 DSGVO nicht in Frage gestellt. Das Auskunftsrecht aus Art. 12 Abs. 3, 15 DSGVO steht ihm fraglos zu und kann zum einen bei Nichtbeachtung klageweise eingefordert werden, zum anderen können materielle Verzögerungsschäden über § 286 BGB liquidiert werden. Hinzu tritt das Ordnungswidrigkeitenrecht mit der Sanktion aus Art. 83 Abs. 5 lit. b) DSGVO. Sollte sich zudem aus einer – ob nun fristgerecht oder nachträglich erteilten – Datenauskunft ergeben, dass tatsächlich eine verordnungswidrige Verarbeitung erfolgt (ist), besteht der materielle wie immaterielle Schäden umfassende Ersatzanspruch aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO uneingeschränkt. Was der Kläger hier jedoch geltend macht, ist kein Schaden durch eine verordnungswidrige Datenverarbeitung, sondern ein (angeblicher) Schaden durch das unterlassene bzw. verspätete Verarbeiten personenbezogener Daten. Dieser Fall fällt nicht in den Anwendungsbereich des Art. 82 DSGVO…“