Wettbewerbsrecht

OLG Hamburg: Keine Widerlegung der Dringlichkeitsvermutung des § 12 I UWG, wenn Verkaufsaktion zum Zeitpunkt zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung bereits beendet ist

Dieses Argument und andere Argumente rund um die Widerlegung der Dringlichkeitsvermutung hatte das Gericht in seinem Berufungsurteil vom 12. Oktober 2023 (Az.: 5 U 104/22) in einem wettbewerbsrechtlichen einstweiligen Verfügungsverfahren zu prüfen, in dem unter anderem ein Unterlassungsanspruch wegen Leistungsschutz nach § 4 Nr.3 UWG für Klappkisten mit anbringbaren Buchstaben geltend gemacht worden war.

Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Der Umstand, dass der Aktionszeitraum 18.07.2022 bis zum 23.07.2022, der bei Antragstellung am 20.07.2022 noch lief, bei Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz am 19.08.2022 und auch bei Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat bereits abgelaufen war, lässt die Dringlichkeit im Streitfall – wie das Landgericht zu Recht angenommen hat – ebenfalls nicht entfallen.    Zwar kann die Dringlichkeitsvermutung entfallen, wenn der Verstoß im Zeitpunkt der Antragstellung, spätestens im Zeitpunkt der frühestmöglichen Vollziehung der einstweiligen Verfügung, beendet und seiner Natur nach (z.B. Weihnachtsverkauf) erst nach längerer Zeit wiederholbar ist (Köhler/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 41. Aufl., § 12 Rn. 2.18 m.w.N.). Entscheidend ist, ob der Antragsteller in der Zwischenzeit einen mindestens vorläufigen Titel im Hauptsacheverfahren erwirken könnte (Köhler/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 41. Aufl., § 12 Rn. 2.18 m.w.N.). Solch ein Verstoß ist hier jedoch bereits nicht gegeben. Der Verkauf der angegriffenen Produkte ist jederzeit wiederholbar.

Ein während des Verfügungsverfahrens beendeter Verstoß oder die Einstellung des Geschäftsbetriebes des Schuldners lassen die Dringlichkeit in der Regel nicht entfallen, da eine Wiederholung des Verstoßes oder die Wiedereröffnung des Geschäftsbetriebs allein dem unberechenbaren Willen des Schuldners und nicht einer (festgelegten) zeitlichen Abfolge entspricht (vgl. Schlingloff in MüKo UWG, 3. Aufl. § 12 Rn. 70). Eine solche Abhängigkeit vom Willen des Schuldners besteht auch vorliegend.

Schließlich lässt sich im Streitfall auch kein vollständig beendeter Verstoß feststellen. Restbestände der Aktionsware sind von den Antragsgegnerinnen zu 1) und zu 3) noch nach Ablauf der Aktionswoche am 23.07.2022 und noch nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz verkauft worden, wie die Antragstellerin glaubhaft gemacht hat. Bei dieser Sachlage ist die Antragstellerin entgegen der Ansicht der Antragsgegnerinnen nicht auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen…“

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