IT-Recht,  Wettbewerbsrecht

AG München: Einwilligung in E-Mail-Werbung bei jahrelanger „Werbepause“ nicht mehr wirksam

So das Gericht in seinem Urteil vom Endurteil vom 14. Februar 2023 (Az.: , 161 C 12736/22) in dem ein Unterlassungsanspruch eines E-Mail-Adressen-Nutzers streitig war, der im Jahr 2015 eine Einwilligung des Erhalts von E-Mail-Werbung erhalten hatte, der Werbende jedoch im Zeitraum vom 21.Dezember 2017 bis zum 23.Dezember 2021 keine Werbung versendet hatte. Dies führt nach Ansicht des Gerichts dazu, dass die vormals erteilte Einwilligung keine Wirkung mehr hat. Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…aa) Ob und ab wann eine ursprünglich erteilte Einwilligung nicht mehr wirksam ist, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten und bisher nicht abschließend geklärt.

(1) Der BGH (BGH, Urteil vom I . Februar 2018 – III ZR 196/17 –, juris 31) führt hierzu aus (Hervorhebungen seitens des Gerichts):

„Eine zeitliche Begrenzung einer einmal erteilten Einwilligung sieht weder die RL 2002/58/EG noch S. 7 UWG vor. Hieraus ergibt sich, dass diese – ebenso wie eine Einwilligung nach 183 BGB – grundsätzlich nicht al/eia durch Zeitablau erliscnt (vgl. OLG Stuttgart, BeckRS 2007, 10540; OLG Köln, GRUR-RR 2013, 219, 221; LG Berlin, BeckRS 2012, 08644; Köhler/Bornkamm/Köhler, UWG, 35. Aufl., 7 Rn. 148 und 186; jurisPK-UWG/Koch, 4. Aufl., 7 Rn. 245 und 376; Schöler in Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 4. Aufl., 7 Rn. 243). Vor diesem Hintergrund bestehen jedenfalls gegen die gegenständliche Rege/ung zur Geltungsdauer keine Bedenken. da diese eingegrenzt ist auf die Zeit während des laufenden Vertragsverhältnisses bis Zu höchstens zwei Jahre ab Vertragsbeendigung und zumin-: dest während dieses überschaubaren Zeitraums bei einem Verbraucher, der seine Einwilligung im Rahmen des Vertragsschlusses erteilt, von seinem fortbestehenden Interesse an einer Information über neue Services und Angebote der Beklagten ausgegangen werden kann (siehe auch zum Datenschutzrecht 95 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 TKG).“

Der BGH wendet sich also im Grundsatz gegen das Erlöschen einer Einwilligung mit Zeitablauf.

Er schränkt dies nachfolgend jedoch insoweit ein, als dass dies jedenfalls für die dort streitgegenständliche Regelung gelte, die sich auf höchstens zwei Jahre nach Vertragsbeendigung beziehe. In diesem überschaubaren Zeitraum sei bei einem Verbraucher von seinem fortbestehenden Interesse an Information auszugehen.

Ein Teil der instanzgerichtlichen Rechtsprechung befürwortet das Erlöschen einer Einwilligung mit der Zeit, so beispielsweise das LG München I ab einem Zeitraum von mehr als 1,5 Jahren (LG München l, Urteil vom 8. April 2010 – 17 HK 0 138/10 –, juris Rz. 21), das LG Berlin bei einem Zeitraum von zwei Jahren später (LG Berlin, Beschluss vom 2. Juli 2004 – 15 O 653/03) und das LG Hamburg bei einem Zeitraum von zehn Jahren später (LG Hamburg, Urteil vom 17.02.2004 312 O 645/02, https://openjur.de/u/30531.html, Rz. 63).

Gegen ein Erlöschen der Einwilligung wenden sich das OLG Stuttgart (OLG Stuttgart, Urteil vom 22. März 2007 – 2 U 159/06 –, juris Rz. 34) bei einem Zeitraum von einem Jahr und drei Monaten sowie das OLG Köln bei einem Zeitraum von einem Jahr und vier Monaten (OLG Köln, Urteil vom 7. Dezember 2012 – I-6 U 69/12 juris Rz. 15).

(2) In der Literatur wurde die Linie des BGH aufgegriffen, nach der zwar nicht im Grundsatz, aber nach den Umständen des Einzelfalls durchaus von einem Erlöschen der Einwilligung ausgegangen werden kann.

Köhler (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köh/er, 41. Aufl. 2023, UWG S. 7 Rn. 182) hält fest, dass die Einwilligung an sich unbefristet sei und demnach nicht mit Zeitablauf erlösche. Etwas anderes könne sich jedoch aus dem mutmaßlichen Willen des Verbrauchers ergeben. Es komme auf die Umstände des Einzelfalls an, insbesondere den konkreten Zweck der Einwilligung, darauf, Ob von der Einwilligung erst nach längerer Zeit Gebrauch gemacht wurde sowie darauf, ob der Werbende davon ausgehen dürfe, der Verbraucher habe noch Kenntnis von der Einwilligung und Interesse an der Kontaktaufnahme.

Gegen ein Erlöschen mit Zeitablauf im Grundsatz sprechen sich auch Koch/Seichter aus (Ullmann/Koch/Seichter, jurisPK-UWG, 4. Aufl, S. 7 UWG (Stand: 20.03.2020), juris Rz. 245).

L. (MüKolJWG/Leib/e, 3. Aufl. 2020, UWG S. 7 Rn. 175) führt dagegen aus, das einmal erteilte Einverständnis wirke nicht zeitlich unbegrenzt, sondern rechtfertige die Zusendung einer Werbe-E-Mail nur in der unmittelbar darauf folgenden Zeit.

bb) Selbst wenn man davon ausgeht, dass eine Einwilligung grundsätzlich zeitlich unbegrenzt gilt, so ist hier nach den Umständen des Einzelfalls nicht mehr von einem Fortbestehen der Einwilligung des Klägers auszugehen.

Der Kläger hatte die Newsletter der Beklagten 2015 und 2017 abonniert, seinen Account auf der Website der Beklagten aber seit Dezember 2017 nicht mehr genutzt. Seit Dezember 2017 hatte der Kläger infolge seines Austritts aus einem Golfclub keine Newsletter mehr erhalten. Der Austritt aus dem Club und die anschließende Nichtnutzung waren der Beklagten ausweislich ihrer Stellungnahme in Anlage K7 auch bekannt. Die Beklagte nahm nach eigenen Angaben in Anlage K7 erst im Dezember 2021 wieder Kontakt auf, nachdem die Kooperation mit dem Deutschen Golf Verband ausgelaufen war.

Zu berücksichtigen ist daher, dass eine ausdrückliche Einwilligung zunächst zwar unstreitig vorlag. Das Abonnement war zunächst wohl mit einer Mitgliedschaft des Klägers in einem Golfclub gekoppelt. Diese Mitgliedschaft endete Ende 2017. Hiervon hatte die Beklagte auch Kenntnis und sandte dem Kläger entsprechend keine E-Mails mehr zu. Als sich die internen Regelungen der Beklagten Ende 2021 änderten, hatte der Kläger seit vier Jahren weder seinen Account bei der Beklagten genutzt noch E-Mails der Beklagten erhalten. Die Beklagte hatte auch keine positive Kenntnis von einer erneuten Anmeldung des Klägers für den Newsletter oder für einen weiteren mit der Beklagten verbundenen Golfclub. Vor dem Hintergrund der erheblichen Zeit von vier Jahren sowie dem Ende der Zusendung infolge des Austritts des Klägers aus einem Golfclub durfte die Beklagte nicht davon ausgehen, die Einwilligung des Klägers bestehe fort. Sie hätte sich vielmehr zunächst erkundigen müssen, ob dies noch der Fall war (vgl. LG Berlin, Beschluss vom 2. Juli 2004 – 15 O 653/03)…“

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