Kennzeichnung von Postings durch Influencer – Ein weiteres, die vorherige Rechtsprechung bestätigendes, Urteil hat das Bundesgerichtshof am 13. Januar 2022 (Az.: I ZR 35/21) gesprochen. Das Gericht bestätigt in der Entscheidung „Influencer III“ seine aufgestellten rechtlichen Kriterien für die Bewertung der Kennzeichnung von Postings durch Influencer und gerade das Fehlen der Kennzeichnung als „Werbung“ oder ähnlich.
In dem Verfahren war eine Influencerin wegen entsprechender Postings auf Instagram auf Unterlassung und Zahlung einer Vertragsstrafe aus einer vorherigen Unterlassungserklärung in Höhe von 10.200 EUR in Anspruch genommen worden.
Der BGH bestätigt die vorherigen Berufungsentscheidung des OLG Köln und damit auch die Verurteilung zur Unterlassung und Zahlung der Vertragsstrafe
In den sehr umfangreichen Entscheidungsgründen nimmt das Gericht zum Einzelfall und der Einordnung unter die in den vorherigen Entscheidungen aufgestellten Kriterien Stellung.
Dies waren die Entscheidungen des BGH in Form des Urteil vom 9. September 2021 (Az.: I ZR 90/20 Influencer I) und des Urteils vom 9. September 2021 (Az.: I ZR 125/20, GRUR Influencer II).
Kennzeichnung von Postings durch Influencer als geschäftliche Handlung nach UWG
Zunächst ordnet das Gericht die Kennzeichnung von Postings durch Influencer hier als geschäftliche Handlung nach § 2 I UWG ein.
Das Gericht führt dazu in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:
„…Im Streitfall fördert die Beklagte nach den revisionsrechtlich unbedenklichen Feststellungen des Berufungsgerichts ihr eigenes Unternehmen, weil durch den Betrieb des Instagram-Profils ihre Bekanntheit und ihr Werbewert gesteigert und das Interesse von Drittunternehmen an einer Kooperation geweckt werden. Der Betrieb eines solchen Instagram-Profils ist ferner unabhängig davon eine geschäftliche Handlung zur Förderung des eigenen Unternehmens, dass darin redaktionelle Beiträge veröffentlicht werden. In dieser Konstellation dient die Veröffentlichung redaktioneller Beiträge vorrangig dem Ziel, geschäftliche Entscheidungen von Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern in Bezug auf Produkte des eigenen Unternehmens zu beeinflussen. Deshalb steht entgegen der Ansicht der Revision auch im Streitfall der Annahme einer geschäftlichen Handlung die lauterkeitsrechtliche Privilegierung vorrangig redaktionellen Zwecken dienender Beiträge nicht entgegen (vgl. BGH, GRUR 2021, 1400 Rn. 44 bis 46 – Influencer I)…
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann bei der Prüfung, ob Beiträge von Influencern in sozialen Medien, die sich mit Waren oder Dienstleistungen fremder Unternehmen befassen, geschäftliche Handlungen zugunsten fremder Unternehmen sind, auf die Kriterien zurückgegriffen werden, die für die Einordnung scheinbar redaktioneller Presseartikel als werblich entwickelt worden sind. Danach kann es sich auch dann, wenn für eine scheinbar redaktionelle Veröffentlichung keine Gegenleistung von einem fremden Unternehmen erfolgt ist, um eine geschäftliche Handlung zugunsten dieses Unternehmens handeln, wenn der Beitrag nach seinem Gesamteindruck übertrieben werblich ist, also einen werblichen Überschuss enthält, so dass die Förderung fremden Wettbewerbs eine größere als nur eine notwendigerweise begleitende Rolle spielt. Im Falle der Influencer besteht ein solcher werblicher Überschuss mit Blick darauf, dass die Beiträge auch einem Informationsbedürfnis der Follower dienen, zwar nicht bereits durch das Setzen von „Tap Tags“, die Herstellerinformationen beinhalten, sehr wohl aber regelmäßig durch die in einem „Tap Tag“ vorgesehene Verlinkung auf die Internetseite des Herstellers (vgl. BGH, GRUR 2021, 1400 Rn. 59 f. und 65 bis 67 – Influencer I, mwN). Nach den revisionsrechtlich unbedenklichen Feststellungen des Berufungsgerichts liegen diese Voraussetzungen im Streitfall vor…“
Kennzeichnung von Postings durch Influencer – Fehlt Kennzeichnung, ist es Verstoß gegen UWG
Ferner sah das Gericht in dem zu entscheidenden Fall auch eine unzulässige geschäftliche Handlung und damit einen Verstoß gegen § 5a VI UWG als gegeben an. Dies betrifft die Handlungen für fremde Unternehmen, deren Waren dargestellt werden, und gerade nicht Werbung für das eigene Unternehmen der Influencerin.
Das Gericht führt dazu in den Entscheidungsgründen unter Bekräftigung der bisherigen Rechtsprechung unter anderem aus:
„…Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Kennzeichnung des kommerziellen Zwecks dann nicht erforderlich, wenn das äußere Erscheinungsbild der geschäftlichen Handlung so gestaltet wird, dass die durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Verbraucher, die zur angesprochenen Gruppe gehören, den kommerziellen Zweck klar und eindeutig auf den ersten Blick – und nicht erst nach einem analysierenden Studium – erkennen können. Nicht ausreichend ist daher, wenn sich der werbliche Charakter eines Beitrags dem Verbraucher erst erschließt, wenn er ihn bereits zur Kenntnis genommen hat, denn dann ist er der Anlockwirkung bereits erlegen, die das Kennzeichnungsgebot gerade unterbinden soll, und war er der Werbebotschaft unvorbereitet ausgesetzt. Die Kennzeichnung soll dem Verbraucher gerade die Möglichkeit verschaffen, sich auf den kommerziellen Charakter der Handlung einzustellen, damit er sie von vornherein kritisch beurteilen oder sich ihr ganz entziehen kann (vgl. BGH, GRUR 2021, 1400 Rn. 87 bis 89 – Influencer I; GRUR 2021, 1414 Rn. 34 bis 36 – Influencer II, jeweils mwN.)
Der Annahme, der kommerzielle Zweck einzelner Beiträge, fremde Unternehmen zu fördern, ergebe sich aus den Umständen, kann die häufig anzutreffende Vermischung nicht-werblicher und werblicher Beiträge entgegenstehen. Bei einer solchen Vermischung der Beiträge ergibt sich dieser kommerzielle Zweck nicht bereits aus einer etwaigen Verifizierung des Profils (also der Kennzeichnung als „echtes Profil“ des namentlich benannten Inhabers, die nur bei Personen mit einer bestimmten öffentlichen Bekanntheit bzw. ab einer gewissen Anzahl an Followern erfolgt), einer besonders hohen Anzahl der Follower oder aus einer generellen Bekanntheit des Influencers (vgl. BGH, GRUR 2021, 1400 Rn. 90 – Influencer I, mwN). Hinsichtlich der Erkennbarkeit der eigennützigen Tätigkeit des Influencers kann diesen Umständen hingegen durchaus Bedeutung zukommen (vgl. BGH, GRUR 2021, 1414 Rn. 37 bis 44 – Influencer II; BGH, Urteil vom 9. September 2021 – I ZR 126/20, ZUM-RD 2021, 693 Rn. 73 bis 74; OLG Hamburg, K&R 2020, 630, 632 f. [juris Rn. 55 ff.]; OLG München, GRUR 2020, 1096, 1098 [juris Rn. 48])
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, eine Kennzeichnung sei erforderlich. Das allgemeine Wissen von Nutzern darüber, dass Blogger auf Instagram häufig durch Werbekooperationen finanziert würden, stehe einer Pflicht zur Kennzeichnung einzelner Beiträge als Werbung für Drittunternehmen nicht entgegen. Selbst followerstarke Profile auf Instagram seien nicht stets kommerziell motiviert. Die Beklagte gestehe zu, dass ihre Follower Wert auf Authentizität legten. Gerade der Eindruck, dass Follower einen Einblick in die durch Werbeeinflüsse und Entgeltfinanzierung unbeeinflusste private Lebensführung erhielten, führe dazu, dass die Follower eine Haltung entwickelten, die sie gegenüber werbefinanzierten und daher gerade typischerweise wegen der Bezahlung geäußerten Vorlieben nicht entwickelten. Follower erwarteten zu Recht, dass auch ein etwaiges politisches Engagement nicht kommerziell beeinflusst sei.
Diese Feststellungen des Berufungsgerichts tragen seine Beurteilung, der kommerzielle Zweck der geschäftlichen Handlung zugunsten der in der Anlage K 10 bezeichneten Drittunternehmen ergebe sich nicht unmittelbar aus den Umständen. Für die Annahme, der kommerzielle Zweck zugunsten des eigenen Unternehmens der Beklagten sei nicht unmittelbar erkennbar, reichen diese Feststellungen hingegen nicht aus…“
Kennzeichnung von Postings durch Influencer – Gesetzliche Regelung am 28.5.2022
Mit Wirkung zum 28. Mai 2022 wird das UWG um einen neuen 5 a IV UWG ergänzt:
„Unlauter handelt auch, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Ein kommerzieller Zweck liegt bei einer Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens nicht vor, wenn der Handelnde kein Entgelt oder keine ähnliche Gegenleistung für die Handlung von dem fremden Unternehmen erhält oder sich versprechen lässt. Der Erhalt oder das Versprechen einer Gegenleistung wird vermutet, es sei denn der Handelnde macht glaubhaft, dass er eine solche nicht erhalten hat.“
Dieser soll mehr Rechtsklarheit schaffen. Bleibt abzuwarten, wie diese Regelung in konkreten Fällen durch die Rechtsprechung angewandt wird.