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OLG Düsseldorf: Logistikdienstleister, der Adresse für Versand von Waren & Retourenanschrift für Unternehmen außerhalb der EU bereitstellt, haftet als Störer für Kennzeichenrechtsverletzung

So unter anderem das Gericht in einem einstweiligen Verfügungsverfahren mit Urteil vom 7. August 2025 (Az.: 20 U 9/25) in einem Rechtsstreit, geführt von einem bekannten Unternehmen aus dem Bereich von Sportartikelwaren. Dieses hatte bei Testkäufen die Verletzung von ihm zugeordneten Kennzeichen festgestellt und dabei die Antragsgegnern in Anspruch genommen. Zu Recht, wie das Gericht feststellte, dass die Haftung als Störer bejahte. Es führt unter anderem in den Entscheidungsgründen aus:

„…aa) Durch die Gestattung der Nutzung ihrer Adresse als Absenderadresse und ihre Bereitschaft, im Falle Nichtzustellung das Paket entgegenzunehmen, trägt die Antragsgegnerin willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung der Markenrechte der Antragstellerin bei. Nach dem eigenen Vortrag der Antragsgegnerin verlangt K. für den Versand von Paketen innerhalb Deutschlands eine einen Ort in Deutschland bezeichnende Absenderangabe, um im Falle der Unzustellbarkeit oder sonstiger Unregelmäßigkeiten eine Rückbeförderung zu ermöglichen (Ziffer 2.4 Abs. 1 Satz 2 der K.-Versandbedingungen). Ohne die Bereitschaft der Antragsgegnerin würden die vom chinesischen Logistiker nach Deutschland verbrachten Pakete daher nicht von K. zum Zwecke des Weitertransports zum Empfänger übernommen. Ohne eine Bereitschaft des nationalen Postdienstleisters zum Weitertransport zum Empfänger wäre aber schon die Verbringung des Paketes von China nach Deutschland sinnlos. Kein Logistiker verbringt Waren von einem Land in ein anderes, nur damit sie dort am Flughafen stranden. Ohne die gegenüber dem Logistiker erklärte Bereitschaft der Antragsgegnerin, ihre Adresse als Absenderadresse zu nutzen und im Falle Nichtzustellung das Paket entgegenzunehmen, würden die Pakete mit markenverletzender Ware daher überhaupt in den Binnenmarkt verbracht.

bb) Die durch das Schreiben der Antragstellerin vom 15. Januar 2024 über Nutzung ihrer Adresse für Markenrechte der Antragstellerin verletzende Warensendungen in Kenntnis gesetzte Antragsgegnerin hat zumutbare Prüfungs- oder Überwachungspflichten verletzt.

Die Tätigkeit der Antragstellerin ist in besonderer Weise geeignet, der Verletzung von Markenrechten Vorschub zu leisten. Die Antragstellerin ist für einen oder mehrere chinesische Logistiker tätig, die die zollfreie Zustellung von Einzelpaketen chinesischer Onlinehändler direkt beim Endverbraucher organisieren. Durch die vom Logistiker organisierte Vorababführung von Zöllen, Steuern und Gebühren wird das Risiko einer Zollkontrolle der Pakete minimiert. Vor diesem Hintergrund ist die Nutzung der Dienstleistung für den Versand markenrechtsverletzender Waren deutlich erhöht. Zwar kommen aus China nicht nur Plagiate; in China wird im erheblichem Umfang Originalware wegen der dort günstigen Fertigungspreise in Lohnfertigung für Markenhersteller hergestellt (vgl. OLG Hamburg, Beschluss vom 15. August 2007, Az.: 5 U 188/06, GRUR-RR 2007, 350, 351 – Yu-Gi-OH!-Karten). Originalware befindet sich aber nicht in einem von einem chinesischen Onlineshop an einen Endkunden in Deutschland verschickten Einzelpaket, sondern wird containerweise an den Markenhersteller oder seinen Distributor geliefert, der die Ware dann im Binnenmarkt absetzt. Bei der in einem Einzelpaket direkt an den Endkunden versandten, mit einer deutschen Marke oder einer Unionsmarke gekennzeichneten Ware handelt es sich hingegen zwangsläufig um nicht erschöpfte und damit um markenverletzende Ware, und zwar selbst dann, wenn sie vom chinesischen Lohnfertiger des Markenherstellers gefertigt worden sein sollte. Nach dem in Art. 15 Abs. 1 UMV normierten Grundsatz der territorialen Reichweite der Erschöpfung reicht es für eine Markenverletzung aus, dass die Ware unter dieser Marke nicht vom Inhaber oder mit seiner Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden ist. Kein Markeninhaber wird aber einem chinesischen Onlinehändler gestatten, Waren an Endkunden in den Europäischen Wirtschaftsraum zu liefern. Markenräume werden schon wegen des unterschiedlichen Preisniveaus über unterschiedliche Kanäle bedient. Von daher ist eine Rechtsverletzung im Übrigen leicht zu erkennen, jede mit einer Marke gekennzeichnete Ware in einem aus China kommenden Einzelpaket ist jedenfalls in Ermangelung einer Erschöpfung rechtsverletzend.

Vor diesem Hintergrund kann auch der Umstand, dass die Antragsgegnerin im Rahmen der derzeitigen Organisation die Ware im Falle einer gleich erfolgreichen Zustellung nie in Besitz hat, ein vollständiges Absehen von Prüfungs- oder Überwachungspflichten nicht rechtfertigen. Welche Maßnahme die Antragsgegnerin ergreift, ist ihre Sache; ob sie alle ihr zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, ist erst im Rahmen eines Ordnungsmittelverfahrens zu prüfen. Die Antragstellerin hat angeregt, den Versendern über den Logistiker konkrete Angaben zum Paketinhalt aufzugeben und Waren wie Trikots dann zwecks zumindest stichprobenhafter Kontrolle über ihr Lager zu leiten. Wie in der mündlichen Verhandlung erörtert, erscheint es dem Senat jedenfalls zumutbar, dass sich die Antragsgegnerin von ihren Kunden, dem oder den Logistikern, die Absendernamen vorab elektronisch übermitteln lässt und überprüft. Gibt man etwa die Onlineshops „D.“ oder „H.“ beziehungsweise „G.“ in einer Suchmaschine unter Bildersuche ein, ist sofort erkennbar, dass diese vor allem mit Trikots handeln, die mit den Namen der Mannschaften und mit Herstellermarken versehen sind. Beim Inhalt der Pakete dieser Versender handelt es sich folglich nahezu zwangsläufig um markenrechtsverletzende Ware, wenn auch nicht notwendig um die Markenrechte der Antragstellerin verletzende. Ein legitimes Interesse der Antragsgegnerin an ihrer Mitwirkung an der Zustellung derartiger Pakete besteht gleichwohl nicht. Die Antragsgegnerin ist daher gehalten, entweder bereits den Versand von Paketen dieser Versender unter Nutzung ihrer Adresse grundsätzlich zu unterbinden oder diese Pakete vorab in ihr Lager umzuleiten, um den Inhalt einer Überprüfung zu unterziehen…

Hinweis des Autors:

Es handelt sich um ein einstweiliges Verfügungsverfahren. Ob es ein Hauptsacheklageverfahren geben wird, ist dem Autor zum Zeitpunkt der Erstellung des Beitrages nicht bekannt.

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