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Update:OLG Frankfurt a.M.: Verzicht auf Urheberbenennung in AGB eines Microstock-Portals ist wirksam/Urheber hat keinen Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz

Dies hat das Gericht gemäß Pressenmitteilung (Volltext der Entscheidung liegt heute noch nicht vor) am 29. September 2022 in seinem Urteil (Az.: 11 U 95/21) festgestellt. Geklagt hatte ein Fotograf gegen die Kundin eines Stockportals. Der Fotograf hatte zuvor dem Portal im Rahmen eines Vertrages Fotos bereitgestellt. Ein solches Foto hatte die Kundin in dem Portal bezogen und den Urheber nicht entsprechend der rechtlichen Grundlage des § 13 UrhG benannt.

Link zur Pressemitteilung:https://ordentliche-gerichtsbarkeit.hessen.de/presse/verzicht-auf-urheberbenennung-in-agbs

Update vom 13. Oktober 2022:

Nunmehr ist der Volltext des Urteils veröffentlicht worden. Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen zu der spannenden Frage, ob ein wirksamer Verzicht auf die Urheberrechtsbenennung nach § 13 UrhG in einem Vertrag mit einem Online-Fotoportal der Urheber sich gegenüber einem Nutzer des Online-Fotoportals an diesen Verzicht gebunden ist und daher kein Unterlassungsanspruch wegen der Nichtbenennung als Urheber besteht, so auch durch das Gericht wie genannt entschieden, unter anderem aus:

dd) Der Verzicht auf die Urheberbenennung im Upload-Vertrag ist auch nicht wegen unangemessener Benachteiligung des Klägers gemäß § 307 BGB unwirksam.

(1) Allerdings ist zugrunde zu legen, dass der Kläger für jede Art der Nutzung durch Kunden von X auf die Urheberbenennung verzichtete.

Zwar sieht der Download-Vertrag (Anlage HW 3) in Ziff. 3.1 Buchst. l vor, dass die Kunden grundsätzlich nicht zur redaktionellen Verwendung des Werks ohne zugehörigen Urheberrechtsvermerk berechtigt sind. Diese Regelung im Download-Vertrag kann jedoch bei der Prüfung der Wirksamkeit des Verzichts auf Urheberbenennung im Upload-Vertrag nicht berücksichtigt werden. Denn der Download-Vertrag ist im Upload-Vertrag nicht in Bezug genommen worden. Es war auch für X jederzeit möglich, Regelungen des Download-Vertrags ohne Zustimmung des Urhebers zu ändern. Damit ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht, dass die Parteien des Upload-Vertrags diese Bedingungen des Download-Vertrags jedenfalls konkludent (§ 151 BGB) akzeptiert hätten und die Bedingungen des Download-Vertrags Vertragsinhalt des Upload-Vertrags geworden wären. Da eine Berücksichtigung der genannten Regelung im Download-Vertrag den Kläger als Vertragspartner des Verwenders des Upload-Vertrags (X) nicht begünstigt, scheidet eine Berücksichtigung dieser Regelung des Download-Vertrags aus.

(2) Der Verzicht des Klägers auf die Urhebernennung für jede Art der Verwendung des Werks durch die Kunden von X stellt keine unangemessene Benachteiligung des Klägers iSv § 307 BGB dar.

Zwar widerspricht der Verzicht des Urhebers auf die Urheberbenennung gegenüber dem Lizenznehmer dem gesetzlichen Leitbild des § 13 UrhG. Diese Vorschrift gibt dem Urheber als Teil des Urheberpersönlichkeitsrechts ein vorbehaltloses Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft an dem geschaffenen Werk (Bullinger in: Wandtke/ Bullinger, Urheberrecht, 6. Auflage, § 13 Rn. 1). Daher weicht der Verzicht des Urhebers von einem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Trotzdem stellt der vorliegend erklärte Verzicht keine unangemessene Benachteiligung des Urhebers dar, da der Urheber (hier: der Kläger) sich mit Abschluss des Vertrags dafür entscheidet, seine Werke über ein Microstock-Portal (hier: X) zu vermarkten. Er bedient sich daher willentlich für Verbreitung seiner Werke eines Geschäftsmodells der Microstock-Portale, das den Verzicht des Urhebers auf sein Urheberbenennungsrecht bedingt und wird damit durch den Verzicht auf sein Urheberbenennungsrecht nicht unangemessen benachteiligt. Im Einzelnen:

X war eine der führenden europäischen Microstock-Bildagenturen mit Millionen von Bildern und Videos, die auf dem Portal eingestellt wurden. Diese Werke stellte X seinen Kunden zu äußerst günstigen Lizenzen zur Verfügung. Hierdurch konnte X eine enorme Anzahl an (Unter-) Lizenzen vergeben und damit eine starke Verbreitung der Werke gewährleisten. Zwar erhält der einzelne Urheber für die einzelne Lizensierung ein geringes Lizenzhonorar. Allerdings ist es aufgrund der hohen Reichweite bei dieser Art der Vermarktung und der dadurch möglichen Verbreitung der Werke für professionell tätige Urheber lukrativ, Lizenzrechte an ihren Werken im Einzelfall zu äußerst niedrigen Lizenzgebühren über die Microstock-Agentur zu vergeben. Die hohe Reichweite durch die Vielzahl der Unterlizensierungen ist damit aus Sicht des Urhebers erforderlich, um die niedrigen Lizenzgebühren, die der Urheber im Fall der (Unter-)Lizensierung erhält, zu kompensieren. Damit hat der Urheber, der sich der Microstock-Bildagenturen bedient, ein erhebliches Interesse an einem großen Umfang von Unterlizensierungen des Werks von X an seine Kunden.

Der Urheber, der sich – wie der Kläger – ausschließlich solcher Microstock-Agenturen bedient, vermeidet zudem – wie der Kläger selbst vorträgt – den mit eigenständiger Vermarktung verbundenen zeitlichen und finanziellen Aufwand.

Für die Attraktivität des Angebots von Microstock-Portalen wie X und damit die erhebliche Anzahl von (Unter-) Lizensierungen an Kunden ist die fehlende Verpflichtung der Kunden, den Urheber bei der kommerziellen Verwendung von Lichtbildern zu benennen, von Bedeutung:

Dies hat die Beklagte vorgetragen: Microstock-Portale würden von solchen Unternehmen bewusst genutzt, die eine Urheberangabe für nicht umsetzbar hielten und damit eine Pflicht zur Urheberbenennung vermeiden wollten. Bestände eine Pflicht der Kunden solcher Microstock-Portale zur Urheberbenennung, würden Portale wie X daher geringere Umsätze erzielen.

Zwar hat dies der Kläger bestritten. Er trägt aber selbst vor, X sei in der Lage gewesen, als großes Unternehmen gegenüber dem Fotografen mit dem Verzicht auf das Recht zur Urheberbenennung seine Regelungswünsche durchzusetzen und hierdurch die Attraktivität seines Angebots zu erhöhen (Bl. 624 d.A.). Damit räumt der Kläger ein, dass der im Upload-Vertrag vorgesehene Verzicht auf die Urheberbenennung die Attraktivität des Angebots für die Kunden von X erhöhte, mithin im Fall der Pflicht zur Urheberbenennung die Attraktivität des Angebots von X sinken würde, was zur Folge hätte, dass in diesem Fall eine geringere Anzahl von Unterlizenzen erteilt würde. Damit dient der Verzicht auf die Pflicht zur Urheberbenennung nicht nur dem Interesse von X und seinen Kunden, sondern steigert auch die Attraktivität des Angebots des Microstock-Portals und damit die Zahl erteilter Unterlizenzen. Der Verzicht auf die Pflicht zur Urheberbenennung ermöglicht mithin (auch) die große Reichweite des Microstock-Portals und eine große Anzahl von Unterlizenzen, was dem Urheber zugutekommt und so die geringe Lizenzgebühr für die Unterlizenzen kompensiert.

Zwar trägt der Kläger vor, andere Portale lösten das Problem dahin, dass sie eine unkomplizierte elektronische Kontaktaufnahme vorsähen, mit denen zwischen Urheber und Kunden für die konkrete Nutzung ein Verzicht auf die Urheberbenennung vereinbart werden könne. Es ergibt sich aber nicht, dass X oder eine andere Microstock-Agentur mit einem solchen Vorgehen ihr Geschäftsmodell eines „Massengeschäfts“ erfolgreich umsetzen könnte. Denn auch eine elektronische Kontaktaufnahme zwischen Nutzern und Urhebern zur Regelung eines Verzichts auf die Urheberbenennung für die bestimmte Nutzung eines bestimmten Werks führte zu einer geringere Attraktivität des Angebots des Portals, da ein Nutzer nicht ohne weiteres das Werk ohne Urheberbenennung verwenden könnte. Auch die Möglichkeit einer elektronischen Kontaktaufnahme zur Vereinbarung eines Verzichts auf die Urheberbenennung stände daher dem Geschäftsmodell von Microstock-Portalen wie X entgegen, das auf ein „Massengeschäft“ und entsprechend „massentaugliche“ Lizenzbedingungen für Kunden des Portals ausgerichtet ist.

Auch wäre hiermit für jeden der Urheber ebenfalls ein größerer Aufwand verbunden, da er für jede der Unterlizensierungen ggf. nach elektronischer Kontaktaufnahme über einen Verzicht auf Urheberbenennung verhandeln und hierzu Regelungen treffen müsste; insoweit trägt etwa der Kläger vor, selbst über Portale wie X mit Stand vom 3.3.2021 über 888.000 Mal lizensiert zu haben. Auch eine von der Microstock-Plattform bereitgestellte Möglichkeit zur elektronischen Kontaktaufnahme zwischen Urheber und Kunde, um eine Vereinbarung zur Urheberbenennung zu ermöglichen, entspräche damit nicht dem Geschäftsmodell der Microstock-Plattformen.

Der Kläger hat sich dazu entschieden, sich dieses Geschäftsmodells der Microstock-Plattformen zu bedienen. Entgegen seinem Vorbringen war er nicht gezwungen, den Verzicht auf sein Urheberbenennungsrechts zu erklären; er musste sich entgegen seinem Vorbringen nicht als „kleiner“ Urheber letztlich den benachteiligenden Bedingungen von X unterwerfen und auf die Urheberbenennung verzichten. Denn der Kläger trägt selbst vor, bei zahlreichen Agenturen (D, E, C) sei der Verzicht auf Urheberbenennung nicht vorgesehen, bei verschiedenen Portalen seien Lizenzen zur Urheberbenennung nur gesondert unter Einbeziehung des Urhebers und mit dessen für jeden Fall zu erklärender Einwilligung vereinbar (B, F, E der G). Damit existierten und existieren nach dem eigenen Vortrag des Klägers andere Agenturen, denen der Kläger sich zur Vermarktung seiner Werke hätte bedienen können, ohne auf sein Recht auf Urheberbenennung verzichten zu müssen. Diese Agenturen verfolgen jedoch, wie die Beklagte unwidersprochen ausführt, ein anderes Geschäftsmodell. Es handelt sich um sog. Macrostock-Agenturen, die eher anspruchsvolleres Bildmateriell bereitstellen und speziellen Service anbieten, im Gegenzug aber deutlich höhere Lizenzen (als die Microstock-Agenturen) fordern und bei jeder Nutzung die Urheberangabe verlangten. Diese Agenturen sind daher mit dem Geschäftsmodell von X nicht vergleichbar, das unstreitig auf ein Massengeschäft mit nutzerfreundlichen Bedingungen und geringem Abwicklungsaufwand für Urheber und Nutzer abstellt.

Der in den AGB des Upload-Vertrags vorgesehene Verzicht auf Urheberbenennung stellt schließlich nicht deshalb eine unangemessene Benachteiligung des Klägers dar, weil – wie der Kläger geltend macht – er die Pflicht zur Urheberbenennung auf Grund der Massenverbreitung der Werke über solche Portale zu Marketingzwecken nutzen könne.

Dem ist bereits deshalb nicht zu folgen, weil – wie ausgeführt – eine Pflicht der Nutzer für jede einzelne Nutzung jedes auf X eingestellten Werks den Urheber zu benennen oder seinen Verzicht einzuholen, mit einem erheblichen Aufwand verbunden wäre und hierdurch die Massenverbreitung der Werke jedenfalls beeinträchtigt würde.

Einem mit der Urheberbenennung verbundenen Marketingeffekt kommt zudem für solche Urheber keine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung zu, die – wie der Kläger – ihre Werke ausschließlich über Microstock-Agenturen lizensieren. Bei diesen kann die Urheberbenennung keine etwaige eigenständige individuelle Lizenzvergabe fördern, da der Urheber keine eigenständige individuelle Lizenzvergabe betreibt. Für solche Urheber, die – wie der Kläger – ausschließlich über Microstock-Agenturen lizensieren, ist der Marketingeffekt der Urheberbenennung daher nicht von entscheidender Bedeutung. Dies bestätigt letztlich der Vortrag des Klägers selbst. Denn er hat vorgetragen, dass seine Werke bei X äußerst beliebt gewesen und die Anzahl der Downloads seiner Fotografien dort vergleichsweise sehr hoch seien, er zähle zu den erfolgreichsten Bildanbietern weltweit, seine Werke seien über 888.000 Male lizensiert worden. Der Kläger hat diese erhebliche Anzahl von Lizensierungen nach seinem Vortrag ausschließlich über Microstock-Portale wie X erzielt, dh. ohne dass ihm – mangels Pflicht der Kunden zur Urheberbenennung – ein hiermit verbundener Marketingeffekt zugutegekommen wäre…“

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