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AG München: Kein Widerrufsrecht aus Fernabsatzrecht bei für Kunden durch Unternehmen individuell nach Absprache angefertigtem Schrank

So das Gericht in seinem Endurteil vom 26. Februar 2025 (Az.: 271 C 21680/24) in einem Rechtsstreit, in dem nach einem außergerichtlich erklärten Widerruf der Anspruch des Unternehmens auf Zahlung der vereinbaren Vergütung streitig war. Das Gericht sprach dem Unternehmer den Betrag zu und verneinte ein Widerrufsrecht nach § 312g I BGB. Es führt zur Anwendung von § 312g II Nr.1 BGB in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Ein Widerrufsrecht gemäß § 312c BGB kam grundsätzlich in Betracht, war allerdings gemäß § 312g Abs. 2 BGB ausgeschlossen. Danach besteht das Widerrufsrecht nicht bei Verträgen zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Verhältnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind (Schulze BGB 12. Aufl. 2024, § 312g Rn. 4). Nach dem Wortlaut des § 312g Abs. 2 BGB kommt es dabei nicht darauf an, ob im Zeitpunkt des Widerrufs bereits individuelle Anfertigungen vorgenommen wurden. Auch vorher kann dem Verbraucher die Ausnahme nach § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB schon entgegengehalten werden (EuGH, NJW 2020, 3707).

Entscheidend ist, ob nach dem Vertrag eine Individualanfertigung vorliegt, was nach vorliegend der Fall ist. Ausweislich des Auftrags (Anlage K8, dort: Schlafzimmerschrank „Ausführung laut Zeichnung“) war eine individuelle Anfertigung auf Basis des Aufmaßes vereinbart.

Zwar greift die Ausnahmeregelung des § 312g Abs. 2 BGB nicht bei Waren, die nach Kundenwünschen aus Standardkomponenten zusammengefügt sind. Der Verbraucher kann auch dann widerrufen, wenn sich die Ware mit verhältnismäßig geringem Aufwand ohne Beeinträchtigung der Substanz wieder trennen lässt (BGH NJW 2003, 1665).

Aus den Angaben des Zeugen bzw. der informatorischen Parteianhörung des Klägers ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagtenseite nicht, dass vorgefertigte, standardisierte, Teile verwendet wurden. Vielmehr gab der Zeuge an, dass es mehrere Versionen, Entwürfe zu den Schränken gab mit unterschiedlichen Maßen und insbesondere zunächst Schrägen sowie einer Türöffnung per Tipp-On-Funktion. Nach Überzeugung des Gerichts bestand der Schrank ausweislich der Zeichnung und den in der Auftragsbestätigung angegebenen Maßnahmen auch nicht aus Standardkomponenten. Ein Schrankteil hatte zum Beispiel kein Maß von 1m pro Teil. Nach allg. Lebenserfahrung ist weiterhin auch nicht davon auszugehen, dass sich die einzelnen Schrankteile gleich der Zusatzkomponenten in einem Computer mit verhältnismäßig geringem Aufwand ohne Beeinträchtigung der Substanz wieder lösen lassen. Dagegen sprechen insbesondere die üblicherweise vorzunehmenden Bohrungen und Verschraubungen.

Deshalb und auch im Übrigen war die Vornahme der durch die Klageseite beantragten Inaugenscheinnahme zur Überzeugungsbildung des Gerichts gemäß § 286 Abs. 1 ZPO nicht erforderlich…“

Rolf Albrecht

Rechtsanwalt I Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz I Fachanwalt für Informationstechnologierecht (IT-Recht) I Lehrkraft für besondere Aufgaben für das Gebiet Wirtschaftsrecht an der Hochschule Ruhr West