Datenschutzrecht

LG Bochum: kein Anspruch gegen Social Media Netzwerk-Anbieter auf Schadensersatz nach Art.82 DSGVO wegen Datenerhebung per Scraping

So das Gericht in seinem Endurteil vom 5. Juni 2023 (Az.: 6 O 86/22) keinen Anspruch nach Art.82 DSGVO.  Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen aus, dass unabhängig von der Frage, ob ein Verstoß gegen die DSGVO vorlag oder nicht, kein ersatzfähiger Schaden bestehen bzw. dieser nicht dargelegt und bewiesen sei. Dabei beruft sich das Gericht auch auf die Rechtsprechung des EuGH vom 4. Mai 2023, Az.: C-300/21). Das Gericht führt unter anderem in den Entscheidungsgründen aus:

„…Unabhängig davon, dass bereits keine schadensersatzbegründende Pflichtverletzung der Beklagte nicht gegeben ist und allein deshalb die Haftung gem. Art. 82 Abs. 1 DSGVO ausscheidet, fehlt es zudem auch an einer ausreichenden Darlegung eines ersatzfähigen Schadens des Klägers im Sinne der genannten Grundlage, so dass auch die weitere kumulativ notwendige Voraussetzung nicht gegeben ist.

Nach den Erwägungsgründen der europäischen Grundrechtscharta ist der Schadensbegriff zwar weit auszulegen (s. Erwägungsgrund Nr. 146, auch wenn er in der DSGVO nicht näher definiert wird), allein eine unterstellte Verletzung des Datenschutzrechts als solche begründet allerdings nicht schon für sich gesehen einen Schadensersatzanspruch für betroffene Personen, was der EUGH in seiner Entscheidung vom 04.05.2023 (EUGH – Urteil vom 04.05.2023- C-300/21) eindeutig bestätigt hat. Auch wenn nach dieser Entscheidung keine Erheblichkeitsschwelle für die Bejahung eines Schadens im Sinne des Art. 82 Abs. 1 DSGVO existiert, enthebt dies einen Kläger jedoch nicht davon, konkrete Umstände in seinem individuellen Einzelfall vorzutragen, aus denen sich eine Beeinträchtigung gerade bei ihm ergibt.

Der Kläger trägt jedoch nur unspezifisch und – wie die Kläger-Vertreter dies offensichtlich in jedem Verfahren ohne Bezug zum konkreten Einzelfall so machen, was die Kammer aus den bei ihr anhängigen Verfahren bestätigen kann, wo der Schaden in allen Fällen nahezu wortgleich begründet wird – nur völlig pauschal vor, einen erheblichen Kontrollverlust über seine Daten erlitten und Sorge vor Missbrauch seiner Daten zu haben. Seit dem Scraping-Vorfall 2018 bis 2019 und der Veröffentlichung im April 2021 im sog. Darknet sei es zu einem Anstieg von Kontaktaufnahmen von Unbekannten via E-Mail und seiner Mobilfunknummer gekommen, er sei in der Folge bei jeder Kontaktaufnahme misstrauisch.

Dabei handelt es sich jedoch offenkundig um allgemein gehaltene Ausführungen der Kläger-Vertreter für eine Vielzahl von Fällen ohne konkreten Fallbezug auf die Person des Klägers, bezeichnenderweise ist der Vortrag in allen Verfahren der Kläger- Vertreter nahezu identisch. Es ist jedoch kaum nachvollziehbar, dass bei allen Parteien der Kläger-Vertreter nahezu die gleichen Beeinträchtigungen und Folgen vorliegen. Der Kläger setzt sich zudem weder damit auseinander, dass die wesentlichen abgeschöpften Daten, wie eingangs ausgeführt, ohnehin via G für jedermann abrufbar sind. Gegen das tatsächliche Vorliegen und die Plausibilität der vom Kläger nur pauschal und ohne jeden individuellen Bezug behaupteten Beeinträchtigungen spricht gerade der Umstand, dass es sich bei den gescrapten Daten des Klägers – jedenfalls zum ganz erheblichen Teil – um Daten handelt, die immer öffentlich sind. Es ist diesen Daten gerade immanent, dass sie jedem und jederzeit zugänglich sind. Von daher ist ohne weitere Erläuterung bezogen auf die konkrete Person des Klägers nicht ohne weiteres nachvollziehbar, weshalb eine weitere Veröffentlichung solcher Daten beim Kläger zu einem unguten Gefühl geführt haben sollte.

Weiter trägt der Kläger auch keine bei ihm selbst konkret und spürbar aufgetretenen Beeinträchtigungen von persönlichen Belangen – hervorgerufen durch Datenverlust –  vor. Außerdem fehlt es an jedwedem Vortrag, welche Maßnahmen er nach Bekanntwerden des Datenverlustes ergriffen haben will, um seinem etwaigen Unwohlsein irgendwie Rechnung zu tragen.

Vor diesem Hintergrund der fehlenden Konkretisierung sind die behauptete Furcht vor dem Kontrollverlust und Sorge vor dem Missbrauch seiner Datenerscheinen jedoch nicht plausibel…“

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