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OLG Frankfurt a.M.: Instagram-Story mit Vorher-Nachher-Bildern nur der ästhetischen Veränderungen einer nicht medizinisch indizierten Operation einer Nase verstößt gegen HWG und damit auch UWG

So das Gericht in seinem Urteil vom 6. November 2025 (Az.: 6 U 40/25) in einem Rechtsstreit zwischen einem qualifizierten Wirtschaftsverband und einer Fachärztin für plastische, rekonstruktive und ästhetische Chirurgie. Diese hatte auf dem genutzten Account im Sozialen Netzwerk Instagram Fotos und Videos veröffentlicht, die nicht alle direkt hintereinander veröffentlicht wurden, aber dennoch Darstellungen vor und nach einem operativen plastisch-chirurgischen Eingriff zeigten. Das Gericht bejahte den geltend gemachten Unterlassungsanspruch nach § 11 I 3 Nr. 1 HWG und führt dazu in den Entscheidungsgründen des Urteils unter anderem aus:

„…Nach zutreffender Auffassung des Klägers warb die Beklagte auch jeweils im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 HWG durch eine vergleichende Darstellung des Körperzustandes bzw. Aussehens vor und nach dem (operativ plastisch-chirurgischen) Eingriff (zur Veränderung des menschlichen Körpers ohne medizinische Notwendigkeit) mit der Wirkung dieses Eingriffs.

aa) Aus Sicht des verständigen und situationsadäquat aufmerksamen Teilnehmers des angesprochenen Verkehrs, der im Streitfall vornehmlich aus Personen besteht, die an „Schönheitsoperationen“ (ggf. mit medizinischer Indikation) interessiert sind, insbesondere solchen Personen, die zumindest ein Stück weit mit Instagram vertraut sind (anderenfalls wäre es nicht möglich gewesen, sich alle Beiträge auf der Instagram-Seite der Beklagten anzuschauen; hierfür musste der Nutzer grundsätzlich über einen Instagram-Account verfügen), aber auch generell dem Durchschnittsverbraucher, erschloss sich – was der Senat selbst beurteilen kann, da dies kein Fachwissen voraussetzt – dass die Beklagte auf ihrer Instagram-Seite „Stories“ zu ihren Operationen postete, die sich auf verschiedene Beiträge verteilten. Dass die Operationen, insbesondere die der Patientin X, medial von der Beklagten über einen längeren Zeitraum begleitet wurde(n) und insoweit nach dem ersten Post im April 2022 eine Reihe von Fortsetzungsbeiträgen erschien, war für den verständigen Durchschnittsadressaten aus der maßgeblichen Perspektive im Dezember 2022 ohne Weiteres erkennbar. Bereits der 1. Beitrag verleitete zumindest diejenigen Teilnehmer des angesprochenen Verkehrs, die an weiteren Informationen zu der streitgegenständlichen Operation interessiert waren, nach weiteren Beiträgen zur Nasenkorrektur der Patientin „X“ zu suchen. In dem Fall stießen sie unschwer auf die insgesamt zehn streitgegenständlichen Beiträge, die über nur 31 schnell zu erfassende Kachel-Zeilen verteilt und – wie sich aus den oben wiedergegebenen „Überblick-Screenshots“ ergibt – schon aufgrund der unterschiedlichen Personen auf den Bild-Kacheln leicht der streitgegenständlichen „Story“ zur Patientin „X“ zuzuordnen waren und von Posts zu anderen Eingriffen unterschieden werden konnten. Da die Beiträge insgesamt von jung nach alt (ausgehend vom Zeitpunkt ihres Hochladens auf Instagram) sortiert waren, konnte der angesprochene Verkehr – vom jüngsten Post ausgehend – nach älteren Beiträgen suchen und sich so den gesamte Behandlungsverlauf anschauen, insbesondere, wie sich das Aussehen der Patientin durch die plastische Operation der Beklagten verändert hat. Die Nase der Patientin vor der Operation war den ältesten Posts (weiter unten auf der Instagram-Seite der Beklagten) zu entnehmen. Um insoweit einen Vergleich anzustellen, musste der Nutzer entgegen der Ansicht der Beklagten nicht die Fähigkeit haben, sich ein Vorher-Nachher-Bild „in allen Einzelheiten“ zu merken, um später beim Betrachten des Nachher-Bildes die Unterschiede zu erkennen (vgl. insofern S 4 der Klageerwiderung, EA LG 345). Die Aufmerksamkeit des Adressaten der streitgegenständlichen Story wurde gezielt auf die Veränderung der Nase der Patientin gelenkt. Der Unterschied der Nasenform vor und nach der Operation durch die Beklagte ist dabei so erheblich, dass sich ein Nutzer auch beim Betrachten der Nachher-Bilder am Ende der Story noch erinnert, wie harmonisch die Nase durch die Operation der Beklagten geworden ist.

Daher ist für die Annahme einer „vergleichenden Darstellung“ grundsätzlich unschädlich, dass Vorher-/Nachher-Aufnahmen auf der Instagram-Seite der Beklagten nicht unmittelbar nebeneinander oder (zeitlich) hintereinander (in Filmbeiträgen) zu sehen waren, sondern einige Posts nur Vorher- und andere nur Nachher-Bilder zeigten, und dass der zeitliche Abstand zwischen dem ersten und dem letzten Beitrag ca. ein Jahr und vier Monate betrug. Ausgehend vom Zweck des Verbots in § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 HWG, zu verhindern, dass sich Personen durch suggestive und irreführende Werbung für Schönheitsoperationen unnötigerweise den mit solchen Operationen verbundenen Risiken erheblicher Gesundheitsschäden aussetzen bzw. unsachliche Einflüsse durch potentiell suggestive und irreführende Werbung für medizinisch nicht notwendige Eingriffe zurückzudrängen, die Entscheidungsfreiheit betroffener Personen zu schützen und zu vermeiden, dass sich diese Personen unnötigen Risiken aussetzen, die ihre Gesundheit gefährden können (vgl. BGH, Urteil vom 31.07.2025 – I ZR 170/24, juris Rn. 19, 24 mwN – Hyaluron-Nasenkorrektur), ist insoweit eine großzügige Betrachtung geboten, die auch neueren Werbeformen wie der streitgegenständlichen Instagram-Story Rechnung trägt, zumal eine unsachliche Beeinflussung umso weniger hinzunehmen ist, wenn die Risiken des Eingriffs durch keinerlei medizinische Vorteile aufgewogen werden können (vgl. BGH, Urteil vom 31.07.2025 – I ZR 170/24, juris Rn. 24 – Hyaluron-Nasenkorrektur). Einer solchen Auslegung steht entgegen der Auffassung der Beklagten nicht entgegen, dass Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit grundsätzlich eng auszulegen sind…“

Rolf Albrecht

Rechtsanwalt I Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz I Fachanwalt für Informationstechnologierecht (IT-Recht) I Lehrkraft für besondere Aufgaben für das Gebiet Wirtschaftsrecht an der Hochschule Ruhr West