Zum Inhalt springen

OLG Frankfurt a.M.: Keine wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüche zwischen zwei Influencern in sog. Hatevideos

So unter anderem das Gericht in seinem Urteil vom 17. Juli 2025 (Az.: 16 U 80/24) in einem Rechtsstreit zwischen zwei Influencern rund um verschiedene Aussagen in einem veröffentlichen Video sowie einen Livestream auf Accounts des beklagten Influencers (Details dazu sind in dem Volltext der Entscheidung nachlesbar). In dem einstweiligen Verfügungsverfahren wurde dann gegen die Aussagen ein Unterlassungsanspruch geltend gemacht und dabei unter anderem mit Ansprüchen aus dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) begründet. Zu Unrecht, wie das Gericht im Berufungsverfahren feststellte. Es fehlt an der Anwendung des UWG, da es zum einen an dem konkreten Wettbewerbsverhältnis nach § 2 I Nr.4 UWG fehle und in den konkreten, streitgegenständlichen,Aussagen auch nicht der Charakter der geschäftlichen Handlung nach § 2 I 2 UWG erfüllt sei. Unter anderem führt das Gericht zur Begründung in den Entscheidungsgründen zum fehlenden konkreten Wettbewerbsverhältnis aus:

„…Nach der Rechtsprechung des BGH ist daher ein konkretes Wettbewerbsverhältnis anzunehmen, wenn zwischen den Vorteilen, die die eine Partei durch eine Maßnahme für ihr Unternehmen oder das eines Dritten zu erreichen sucht und den Nachteilen, die die andere Partei dadurch erleidet, eine Wechselwirkung in dem Sinne besteht, dass der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt werden kann (BGH, GRUR 2014, 1114, Rn. 32 – nickelfrei; BGH, GRUR 2015, 1129, Rn. 19 – Hotelbewertungsportal) und die von den Parteien angebotenen Waren oder Dienstleistungen einen wettbewerblichen Bezug zueinander aufweisen (vgl. BGH, GRUR 2023, 1299, Rn. 19 – muenchen.de; BGH, GRUR 2022, 729, Rn. 13 – Zweitmarkt für Lebensversicherungen II, m.w.N.). Maßgeblicher Zeitpunkt im Hinblick auf den Unterlassungsanspruch ist der Schluss der mündlichen Verhandlung (BGH GRUR 1995, 697, 699 – Funny Paper; Köhler/Feddersen/Köhler/Alexander, 43. Aufl. 2025, UWG § 4 Rn. 2.12)

Vorliegend sind zwar sowohl die Klägerin als auch der Beklagte u.a. „Streamer“ bzw. „auf dem Streaming-Markt“ tätig. Sie sprechen beide über andere Personen und kommentieren und bewerten z.B. deren Aktivitäten und Beiträge, wie aus den zahlreichen zur Akte gereichten Beiträgen/Videos der Parteien ersichtlich ist. Dies genügt jedoch für sich genommen nicht für die Annahme eines Wettbewerbsverhältnisses. Insoweit ist zu beachten, dass der Beklagte, in dem hier gegebenen Kontext weder eigene noch fremde Waren oder Dienstleistungen anpreist. Vielmehr stellt der Beklagte mit den in diesem Rechtsstreit in Rede stehenden Äußerungen die (Rechts-)Streitigkeiten der Parteien dar, bewertet diese und bittet um Spenden zur Rechtsverteidigung (in Bezug auf Äußerung gemäß dem Antrag zu 1.), bzw. kommentiert in dem YouTube-Video vom 29.02.2024 gemäß den Anlagen AS 5 (Bl. 162 LGA) und 5a (Bl. 182 LGA), einen Beitrag von „Aliasname3“, in dem „Aliasname3“ sich mit dem Artikel „Hass auf Streamerin Aliasname2: Ein lukratives Geschäft“ von Z befasst (in Bezug auf die Äußerungen gemäß dem Antrag zu 2.), bzw. bewertet in dem weiteren YouTube Video vom 07.03.2024 (Anlage 6, Bl. 176 d.A.) die Beiträge der Klägerin mit der Äußerung gemäß dem Antrag zu 3.

Selbst wenn dieses Verhalten des Beklagten den eigenen Wettbewerb fördern würde, indem er z.B. aufgrund höherer Klickzahlen höhere Werbeeinnahmen generieren würde (so der Vortrag der Klägerin auf Bl. 421 OLGA), ist nicht dargelegt, glaubhaft gemacht oder ersichtlich, dass der Vorteil der einen Partei zugleich einen Nachteil der anderen Partei bedeuten würde.

Nach der Einschätzung des Senates dürfte eine öffentliche Auseinandersetzung zwischen den Parteien vielmehr die Klickzahlen beider Parteien steigern. Denn ein öffentlicher Konflikt zwischen den Parteien dürfte die Aufmerksamkeit der „Zuschauer“ der einen Partei zugleich zu dem Content der anderen Partei lenken, wenn diese sich selbst ein Bild davon verschaffen möchten, wie die andere Partei sich in ihrem Content äußert und darstellt. Dass sich ein „Zuschauer“ der Klägerin aufgrund der hier in Rede stehenden Beiträge des Beklagten von dieser abwenden und den Beiträgen des Beklagten zuwenden wird (oder umgekehrt), erscheint fernliegend. Es handelt sich hier nämlich um meinungsbildende Beiträge und nicht um eine Bewerbung von substituierbaren Produkten o.Ä. Darüber hinaus hat die Klägerin sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht selbst dahingehend eingelassen, dass sie sich mit dem Spielen finanziere und den Rest „ehrenamtlich“ mache (vgl. Bl. 1160 LGA), mithin nicht unternehmerisch. Dies schließt aus, dass durch das Handeln des Beklagten sein eigener Wettbewerb zu Lasten des Wettbewerbs der Klägerin gefördert wird, da diese die Tätigkeiten nach ihrem Vortrag neben dem Spielen nicht unternehmerisch, sondern nur „ehrenamtlich“ betreibt…“

Hinsichtlich der fehlenden geschäftlichen Handlung heißt es in den Entscheidungsgründen unter anderem:

„…Bei der Prüfung, ob der Internetauftritt von Influencern vorrangig der Förderung des Absatzes fremder Unternehmen oder anderen, insbesondere redaktionellen Zielen dient, ist das Informationsinteresse ihrer Follower in Betracht zu ziehen. Die sozialen Medien im Allgemeinen und die Beiträge von Influencern im Besonderen haben gegenüber einem nicht unwesentlichen, insbesondere jüngeren Teil der Allgemeinheit eine Informations- und Unterhaltungsfunktion, die neben die der klassischen Medien getreten ist. Die Beiträge von Influencern können insbesondere mit denen klassischer Modezeitschriften oder anderer Special-Interest-Medien vergleichbar sein (vgl. BGH, GRUR 2021, 1400, Rn. 58 m.w.N. – Influencer I).

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze dienen die hier in Rede stehenden Beiträge allein der Information und Meinungsbildung ihrer Adressaten und sind mithin jeweils ein redaktioneller Beitrag, welcher den Schutz der Meinungsfreiheit gem. Art. 5 GG genießt und keine geschäftliche Handlung, welche sich nach den Maßstäben des UWG messen lassen muss. Ein werblicher Charakter der hier in Rede stehenden Beiträge ist weder dargelegt, noch ersichtlich, so dass ein objektiver Zusammenhang mit der Förderung des Absatzes eines fremden Unternehmens oder des eigenen Unternehmens des Beklagten zu verneinen ist. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob der Beklagte – wie die Klägerin ausführen lässt – in anderen Beiträgen bzw. ReactionVideos auch Produktplatzierungen (Werbung) für Dritte einspielt, so zum Beispiel am 17.06.2024 für „Incogni“ (vgl. Bl.421 f. OLGA), um Werbeeinnahmen zu generieren, oder ob man in seinem Twitch Stream seinen monatlichen Werbepartner „Holy“, mit einem für Influencer typischen Rabatt-Code sieht (vgl. Bl. 422 f. OLGA).

Maßgeblich ist vielmehr, ob dies bei dem hier in Rede stehenden Beitrag der Fall ist. In der Beschreibung auf der GoFundMe-Seite des Beklagten wie ersichtlich in der Anlage AS 4 (Bl. 160 ff. LGA) wurde jedoch keine Werbung für Dritte eingebunden. Gleiches gilt in Bezug auf die YouTube-Videos vom 29.02.2024 und 07.03.2024 (soweit in den Anlagen AS 5, 5a und 6 ersichtlich), was auch in Bezug auf die Verneinung wettbewerbsrechtlicher Ansprüche betreffend die zudem abgewiesenen Anträge zu Ziffer 2. b), d) und 3 (teilweise) von Bedeutung sein wird…“

Cookie Consent mit Real Cookie Banner