So das Gericht in seinem Urteil vom 4. Juli 2025 (Az.: 6 U 51/25) in einem wettbewerbsrechtlichen einstweiligen Verfügungsverfahren eines qualifizierten Wirtschaftsverbendes mit einem Unternehmen, dass ein Produkt mit der Angabe „Apfelleder“ beworben hatte. Das Produkt selbst ist nicht tierischen Ursprungs, sondern künstlich hergestellt worden unter Zusatz von Trester und Schalenresten der Fruchtsaft- und Kompottindustrie. Das Gericht sah in der Angabe eine Irreführung nach § 5 UWG. Es führt in den Entscheidungsgründen zur Begründung unter anderem aus:
„…Hiernach ist davon auszugehen, dass jedenfalls ein nicht unerheblicher Teil der maßgeblich angesprochenen Verkehrskreise annimmt, dass es sich bei der Beschreibung der Hundehalsbänder mit der Verwendung der Bezeichnung „Apfelleder“ – wie sie auf der Produktübersichtsseite und der Produktdetailseite ausschließlich (ohne den Zusatz „vegan“) benutzt wird – um ein Produkt handelt, dass ganz oder jedenfalls teilweise aus Leder besteht oder bei dem jedenfalls der Ausgangsstoff Leder ist.
Der bloße Begriff „Apfelleder“ dürfte – auch wenn dieser Begriff offenbar, wie von der Antragsgegnerseite durch die als Anlage AG 1 und AG 2 vorgelegten zwei Online-Artikeln belegt und unter Bezug auf Rechercheergebnisse bei „google“ und „bing“ behauptet wird, für eine vegane Lederalternative Benutzung findet – den meisten angesprochenen Verbrauchern zunächst nicht geläufig sein. Bei dem Begriff „Apfelleder“ handelt es sich um ein aus den Wörtern „Apfel“ und „Leder“ zusammengesetztes Wort. Hierbei gilt immer noch, dass im deutschen Sprachgebrauch in der Regel der letzte Bestandteil eines zusammengesetzten Wortes den bezeichneten Gegenstand wiedergibt, während der vorangestellte Zusatz besondere Eigenschaften dieses Gegenstands heraushebt (Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Weidert, a.a.O., UWG § 5 Rn. 449). Etwas anders gilt nur, wenn sich der zweite Wortbestandteil als Gattungsbegriff darstellt oder durch den vorangestellten Zusatz eindeutig eine abweichende Eigenschaft des Produktes offengelegt wird (vgl. OLG Bamberg, NJOZ 2013, 313 (315)).
Demgemäß bildet hier das Wort „Leder“ das Grundwort, welches durch den Zusatz „Apfel“ ergänzt und näher beschrieben wird. Unter dem bloßen Begriff „Leder“ versteht der Verkehr aber ein natürliches, durch Gerben von tierischen Häuten und Fellen hergestelltes Produkt. Dieses Verständnis spiegelt auch die Definition in der 2015 als deutsche Norm DIN EN 15987:2011 umgesetzten Norm „Leder – Terminologie – Hauptdefinition“ wieder, in der es unter Ziffer 4.1.1. zu dem Begriff Leder heißt: Haut oder Fell, dessen ursprüngliche Faserstruktur im Wesentlichen intakt oder durch das Gerben unverweslich ist…“ Anlage A 12), und entspricht auch den Vorgaben der als Anlage K10 vorgelegten Bezeichnungsvorschrift RAL 060 A 2.
Der bloße Zusatz „Apfel“ weist auch nicht unzweifelhaft – wie etwa der Zusatz „Kunst“ im Begriff „Kunstleder“, der unmissverständlich offengelegt, dass es sich insgesamt um kein Naturprodukt handelt, und der daher als erlaubt anzusehen ist (vgl. dazu RAL-Bezeichnungsvorschriften 060 A 2 unter Nr. 3) – auf eine andere Eigenschaft des Produktes hin, weshalb er vielmehr als bloß beschreibend wahrgenommen werden kann. Vielmehr ist der Verkehr zahlreiche Wortkombinationen mit dem Wort „Leder“ (z. B. Wildleder, Nubukleder, Velourleder, Nappaleder, Lackleder, Spaltleder) gewöhnt und wird daher bei einem Produkt mit dem zweiten Wortbestandteil „Leder“ annehmen, dass es sich zumindest zum weit überwiegenden Teil um ein aus Häuten und Fellen hergestelltes Naturprodukt handelt. Insofern ist insbesondere auch zu beachten, dass es pflanzlich gegerbte Leder gibt, die u.a. als „Olivenleder“ und „Rhabarberleder“ bezeichnet werden. Zudem hat im Jahr 2009 der Schuhanbieter S. nach dem unbestrittenen Vortrag des Antragstellers ein Gerbungsverfahren mit Apfelschalen und –trester entwickelt und aus diesem Leder Herrenschuhe produziert.
Damit handelt es sich bei der Bezeichnung „Apfelleder“ um einen zumindest mehrdeutigen Begriff mit der Folge, dass die Antragsgegnerseite alle möglichen Bedeutungen gegen sich gelten lassen muss (vgl. Köhler/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, a.a.O., § 5 Rn. 1.108), so dass die bloße Bezeichnung „Apfelleder“ geeignet ist, bei einem erheblichen Teil der Verbraucher Fehlvorstellungen hervorzurufen…“