OLG Düsseldorf: Werbung für Teil einer Photovoltaikanlage unter Preisangabe nicht wettbewerbswidrig, wenn nicht erkennbar ist, dass der beworben Preis Umsatzsteuer in Höhe von 0% enthält & an welche Voraussetzungen diese Höhe der Umsatzsteuer geknüpft ist

Veröffentlicht von

Das Gericht vereinte in seiner Entscheidung vom 21. Dezember 2023 (Az.: 20 U 95/23) eine wettbewerbsrechtlich relevante Irreführung nach § 5 UWG in dem einstweiligen Verfügungsverfahren, in dem sich zwei Wettbewerber gegenüberstanden. Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Denn die Frage des zutreffenden Mehrwertsteuersatzes oder auch des von der Finanzverwaltung angewendeten Mehrwertsteuersatzes ist für die Beurteilung, ob das angegriffene Angebot unlauter ist, ohne Belang. Eine Täuschung im Sinne des § 5 UWG liegt bereits deshalb nicht vor, weil die Angabe eines möglicherweise unzutreffenden Umsatzsteuersatzes für den Käufer unerheblich wäre.

a) Der vom Verkäufer genannte Preis enthält, wenn nicht ein Netto-Preis vereinbart wird, auch die Umsatzsteuer (landläufig Mehrwertsteuer genannt), und zwar unabhängig davon, ob in der Werbung oder Rechnung Mehrwertsteuer gesondert ausgewiesen wird oder nicht (vgl. BGH NJW-RR 2000, 1652; NJW 2001, 2454; vgl. auch NJW 2019, 2298). Der Preis erhöht sich – von den nachstehend unter b) diskutierten Fallgestaltungen abgesehen – mithin nicht dadurch, dass der Verkäufer einen zu niedrigen Mehrwertsteuersatz berechnet.

b) Unter bestimmten Umständen kann zwar nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW-RR 2000, 1652; NJW 2001, 2464) eine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht kommen. Gehen die Parteien bei den Vertragsverhandlungen übereinstimmend davon aus, das in Aussicht genommene Vertragsverhältnis sei nicht mehrwertsteuerpflichtig, stellt sich nachträglich jedoch heraus, dass wider Erwarten doch Mehrwertsteuer anfällt, kann eine ergänzende Vertragsauslegung dazu führen, dass der Käufer auch die Mehrwertsteuer schuldet (für die umgekehrte Fallgestaltung NJW 2019, 2298: Parteien gehen übereinstimmend von Mehrwertsteuerpflichtigkeit aus, nachträglich stellt sich Mehrwertsteuerfreiheit heraus ).

Eine derartige ergänzende Vertragsauslegung kommt hier aus mehreren Gründen nicht in Betracht:

Zunächst setzt eine derartige Auslegung voraus, dass der Käufer vorsteuerabzugsberechtigt ist. Dies ist der Fall. Der Käufer eine Solaranlage im Sinne des § 12 Abs. 3 Nr. 1 UStG ist nicht Unternehmer im Sinne des § 2 UStG, jedenfalls aber Kleinunternehmer im Sinne des § 19 UStG.

Eine derartige Auslegung verlangt zudem, dass sich beide Parteien, insbesondere der Käufer, über den Umsatzsteuersatz irren (BGH NJW 2001, 2464); allein die Tatsache, dass der Verkäufer den von ihm angenommenen Umsatzsteuersatz offenlegt und dies der Käufer zur Kenntnis nimmt, reicht nicht aus. Die Vertragsparteien verhandeln über den Preis nicht. Vielmehr gibt die Antragsgegnerin den Preis vor, den der Käufer lediglich akzeptieren kann.

Schließlich ergibt sich aus der angegriffenen Bewerbung, dass die Antragsgegnerin das Risiko des zutreffenden Mehrwertsteuersatzes in den Fällen übernimmt, die nicht von den ausdrücklich angesprochenen Vorbehalten gedeckt sind. Zwar behält sich die Antragsgegnerin dort vor, Mehrwertsteuer nachzuberechnen, dies bezieht sich aber nur auf den Fall, dass sich die Versicherung des Käufers über die Verwendung der Materialien als unzutreffend erweist. Die Antragsgegnerin übernimmt damit das darüberhinausgehende Risiko einer unzutreffenden Einordnung…“

Auch einen Verstoß gegen § 3 I PAngV sah das Gericht nicht und führt in den Entscheidungsgründen aus:

„…Schließlich liegt auch ein Verstoß gegen § 3 Abs. 1 PAngV – anders als in den gleichfalls den Vertrieb von Photovoltaikanlagen bzw. Bestandteilen hiervon betreffenden Entscheidungen des OLG Frankfurt am Main (WRP 2023, 1243 und des OLG Schleswig (GRUR-RS 2023, 13744) – nicht vor. Die Antragsgegnerin hat vielmehr den Gesamtpreis, also einschließlich Umsatzsteuer (§ 2 Nr. 3 PAngV), angegeben und auch die Bedingungen hierfür genau genannt. Ob der nach dem UStG anzuwendende Mehrwertsteuersatz zutreffend angegeben ist, ist keine Frage des Preisangabenrechts (vgl. OLG Oldenburg WRP 2007, 685 unter 2.c))…“