E-Commerce-Recht,  Markenrecht

OLG Braunschweig: Nutzung der fremden Wortmarke „smava“ durch Betreiber eines Vergleichsportals für Kreditvermittlungsangebote im Rahmen des Keyword-Advertising ist zulässig

So das Gericht in seinem umfassenden Urteil vom 09. Februar 2023, Az.: 2 U 1/22, in dem es sich mit alle erdenklichen Anspruchsgrundlagen aus dem Kennzeichenrecht sowie UWG rund um die Nutzung der genannten Marke im Rahmen des Keyword-Advertising beschäftigt. Dabei kommt konsequent die bestehende Rechtsprechung des EuGH und BGH zur Anwendung.

Das beklagte Unternehmen hatte Im Oktober 2020 und im Februar 2021 unter anderem bei der Suchmaschine Google unter Verwendung der Bezeichnung „smava“ als Keyword Werbeanzeigen (sog.AdWords) geschaltet, die als Anzeige in der Liste der Suchergebnisse an zweiter Stelle nach einer Anzeige der Klägerin erschienen und unter anderem auch die verwendete Domain enthielten.

Das Gericht wie den unter anderem geltend gemachten Anspruch auf Unterlassung nach § 14 II Nr. 1, V MarkenG zurück und verneinten eine Verletzung der Herkunftsfunktion der Marke. Es begründete unter anderem wie folgt:

„…Nach den Rechtsprechungsgrundsätzen des EuGH erfordert die Beurteilung, ob die Herkunftsfunktion einer Marke beeinträchtigt wird, wenn Internetnutzern anhand eines mit der Marke identischen oder der Marke ähnlichen Schlüsselworts eine Anzeige eines Dritten gezeigt wird, eine zweistufige Prüfung: Zunächst hat das Gericht festzustellen, ob bei einem normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer aufgrund der allgemein bekannten Marktmerkmale das Wissen zu unterstellen ist, dass der Werbende und der Markeninhaber nicht miteinander wirtschaftlich verbunden sind, sondern miteinander im Wettbewerb stehen. Falls ein solches allgemeines Wissen fehlt, hat das Gericht sodann festzustellen, ob für den Internetnutzer aus der Werbeanzeige erkennbar ist, dass die vom Werbenden angebotenen Waren oder Dienstleistungen nicht vom Markeninhaber oder mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen (vgl. EuGH, Urteil v. 22.09.2011 – C-323/09, GRUR 2011, 1124 – Interflora/M&S, Interflora Inc).

bb) Im Streitfall ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der normal informierte und angemessen aufmerksame Internetnutzer aufgrund der allgemein bekannten Marktmerkmale Kenntnis davon hat, dass die werbende Beklagte und die Klägerin als Markeninhaberin nicht miteinander wirtschaftlich verbunden sind, sondern miteinander im Wettbewerb stehen. Es ist vielmehr im Sinne von § 291 ZPO offenkundig, dass der normale Internetnutzer keine Kenntnis von wirtschaftlichen oder rechtlichen Beziehungen der im Internet werbenden Unternehmen im allgemeinen und der Parteien dieses Rechtsstreits im besonderen hat. Tatsächlich dürfte es sogar den Regelfall darstellen, dass ein solches allgemeines Wissen im Sinne der Rechtsprechung des EuGH, also ein auf wirtschaftliche Verflechtungen bezogenes Allgemeinwissen fehlt.

Die Bekanntheit der Klägerin ändert hieran nichts. Es fehlt an einer entsprechenden Bekanntheit der Beklagten, die dem normal informierten Internetnutzer nicht als Wettbewerber der Klägerin präsent ist. Die Bekanntheit der Klägerin sagt für den Internetnutzer nichts darüber aus, ob sie mit ihm unbekannten Unternehmen wie der Beklagten wirtschaftlich kooperiert oder gesellschaftsrechtlich verbunden ist. So könnte es sich bei der Beklagten ohne weiteres auch um ein Tochterunternehmen der Klägerin handeln. Unstreitig gibt es zudem verschiedene Portale, und zwar auch auf dem Markt der Online-Kreditvermittler, die eine wirtschaftliche Verbindung zueinander aufweisen, mögen die Anbieter solcher Dienstleistungen auch überwiegend miteinander im Wettbewerb stehen. Da die Marktmerkmale eine wirtschaftliche oder gesellschaftsrechtliche Verbindung zwischen der Klägerin und der Beklagten dementsprechend nicht ausschließen, ist diese aus Sicht des durchschnittlichen Internetnutzers möglich.

Die Beklagte räumt auf Seite 7 der Berufungsbegründung zu Recht ein (Bl. 144 d. A.), dass der Verkehr von etwaigen gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen keine Kenntnis hat. Dies bedeutet aber nicht, dass er dann auch weiß, dass keinerlei wirtschaftlichen Verbindungen bestehen. Er weiß schlicht nicht, ob die beiden Unternehmen miteinander kooperieren oder gar gesellschaftsrechtlich verbunden sind oder nicht.

Soweit die Beklagte auf Besonderheiten der Darstellung innerhalb der Trefferliste abstellt, kommt es darauf für die Frage, ob bei den normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzern im Sinne der Rechtsprechung des EuGH das allgemeine Wissen fehlender wirtschaftlicher Verbundenheit zu unterstellen ist, richtigerweise nicht an. Maßgeblich sind die allgemein bekannten Marktmerkmale. Unabhängig hiervon schließt der Umstand, dass die Anzeige der Beklagten unmittelbar auf die Anzeige der Klägerin folgt, eine wirtschaftliche Verbindung zwischen den beiden Unternehmen aber auch nicht aus. Ebenso wie auf ein Unternehmen mehrere originäre Suchergebnisse entfallen können (vgl. dazu z. B. Anlage K7, 2. Seite, Treffer auf web.de), ist es auch denkbar, dass wirtschaftlich verbundene Unternehmen jeweils eine Anzeige schalten…“

Hinsichtlich der weiteren Anspruchsgrundlagen wird auf den Volltext der Entscheidung verwiesen.

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