E-Commerce-Recht,  Wettbewerbsrecht

OLG Hamm: Untergeordnete Angabe einer Garantie begründet keine Informationspflicht zu Garantiebedingungen

So das Gericht in konsequenter Anwendung von Rechtsprechung des EuGH und nachfolgend des BGH in seiner Entscheidung vom 27. April 2023 (Az.: 4 U 68/23) im Rahmen einer Vollstreckungsgegenklage gegen eine einstweilige Verfügung.

Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Danach kommt ein Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 3 Abs. 1, § 3a UWG i. V. m. § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB i. V. m. Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EGBGB a. F. (seit dem 28.05.2022 Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 EGBGB n. F.) bzw. nunmehr (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 07.04.2022 – I ZR 143/19, GRUR 2022, 930, Rn. 15 ff., zit. nach juris – Knuspermüsli II) § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 3 Abs. 1, § 5a Abs. 1 UWG i. V. m. § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB i. V. m. Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EGBGB a. F. (seit dem 28.05.2022 Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 EGBGB n. F.) wegen Verletzung einer vorvertraglichen Informationspflicht hinsichtlich der vom Hersteller angebotenen gewerblichen Garantie nur unter bestimmten Voraussetzungen in Betracht.

Denn eine solche Informationspflicht wird nicht schon allein aufgrund des Bestehens dieser Garantie ausgelöst, sondern lediglich dann, wenn der Verbraucher ein berechtigtes Interesse daran hat, Informationen über die Garantie zu erhalten, um sich entscheiden zu können, ob er sich vertraglich an den Unternehmer binden möchte.

Ein solches berechtigtes Interesse liegt insbesondere dann vor, wenn der Unternehmer die gewerbliche Garantie des Herstellers zu einem zentralen oder entscheidenden Merkmal seines Angebots macht. In einem solchen Fall lenkt der Unternehmer die Aufmerksamkeit des Verbrauchers ausdrücklich auf das Bestehen einer gewerblichen Garantie des Herstellers, um daraus ein Verkaufs- oder Werbeargument herzuleiten und damit die Wettbewerbsfähigkeit oder die Attraktivität seines Angebots im Vergleich zu den Angeboten seiner Wettbewerber zu verbessern, und ist zum Schutz der Verbraucher zu vermeiden, dass sie durch unklare, mehrdeutige oder unvollständige Informationen über verschiedene bestehende Garantien und deren Zusammenspiel in die Irre geführt werden, sowie ihre Erkenntnis sicherzustellen, dass die Garantie vom Hersteller und nicht vom Unternehmer stammt.

Erwähnt das Angebot des Unternehmers die gewerbliche Garantie des Herstellers hingegen beiläufig oder in belangloser oder vernachlässigbarer Weise, so dass sie im Hinblick auf Inhalt und Ausgestaltung des Angebots objektiv weder als Geschäftsargument angesehen werden noch einen Irrtum beim Verbraucher hervorrufen kann, so kann der Unternehmer nicht schon aufgrund dieser bloßen Erwähnung verpflichtet sein, dem Verbraucher vorvertragliche Informationen über die Garantie zur Verfügung zu stellen.

Für die Feststellung, ob die gewerbliche Garantie des Herstellers ein zentrales oder entscheidendes Merkmal des Angebots des Unternehmers darstellt, sind Inhalt und allgemeine Gestaltung des Angebots hinsichtlich der betroffenen Ware zu berücksichtigen sowie die Bedeutung der Erwähnung der gewerblichen Garantie des Herstellers als Verkaufs- oder Werbeargument, die Positionierung der Erwähnung der Garantie im Angebot, die Gefahr eines Irrtums oder einer Verwechslung, die durch eine solche Erwähnung bei einem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher hinsichtlich der unterschiedlichen Garantierechte, die er geltend machen kann, oder hinsichtlich der tatsächlichen Identität des Garantiegebers hervorgerufen werden könnte, das Vorliegen von Erläuterungen zu weiteren mit der Ware verbundenen Garantien im Angebot und jeder weitere Gesichtspunkt, der ein objektives Schutzbedürfnis des Verbrauchers begründen kann (vgl. EuGH, Urteil vom 05.05.2022 – C-179/21, GRUR 2022, 832, Rn. 44 ff.; BGH, Urteil vom 10.11.2022 – I ZR 241/19, GRUR 2022, 1832, Rn. 35 ff. mwN., – Herstellergarantie IV, jew. zit. nach juris).

(2)

Gemessen an diesen Grundsätzen fehlt es vorliegend an einem berechtigten Interesse des Werbeadressaten, weil der Kläger die Garantie – entgegen der Ansicht des Landgerichts – gerade nicht zu einem zentralen oder entscheidenden Merkmal seines Angebots gemacht hat.

(a)

Dies ist – entgegen der Ansicht der Beklagten – insbesondere nicht schon allein deshalb der Fall, weil die Garantie überhaupt im Angebot erwähnt wird. Andernfalls bedürfte es nicht des zusätzlichen Kriteriums, dass es sich gerade um ein zentrales oder entscheidendes Merkmal des Angebots handeln muss.

(b)

An letzterem fehlt es vorliegend. Ausweislich der insoweit zur Akte gereichten Screenshots (vgl. Bl. 4 ff. d. elektronischen Beiakte Landgericht Bochum – 17 O 29/20) wird die Garantie überhaupt erst an zwölfter und letzter Stelle einer Auflistung der technischen Produktmerkmale wie Abmessungen, Gewicht, Leuchtstärke usw. erwähnt. Der Text „5 Jahre Garantie“ ist zudem gegenüber den weiteren Merkmalen nicht besonders hervorgehoben und nimmt – gemessen am Gesamtumfang der Produktdarstellung – in keiner Weise am Blickfang teil, so dass er sogar vergleichsweise leicht überlesen werden kann, zumal dieser Teil der Produktbeschreibung – je nach Bildschirmdarstellung – erst nach einigem „Herunterscrollen“ über Alternativprodukte hinweg überhaupt sichtbar wird. Der Kläger weist in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass demgegenüber alle sonstigen wesentlichen Informationen, die der Kunde benötigt, nämlich wesentliche Teile der Produktbeschreibung („• Lumen warm gemessen* 205 Lumen, • Standlicht 5 min.,…“), der Preis und auch der „Warenkorb-Button“, an prominenter Stelle des Angebotes unmittelbar neben der Produktabbildung positioniert sind.

Ein Großteil der Verbraucher, der entweder ohnehin nur an diesem speziellen Produkt oder jedenfalls nur seinen an prominenter Stelle platzierten wesentlichen technischen Merkmalen interessiert ist, wird deshalb schon gar nicht über die abgebildeten Alternativprodukte hinweg zur (noch) detaillierteren Produktbeschreibung „scrollen“, sondern unmittelbar auf „In den Warenkorb“ klicken. Wäre die Garantie demgegenüber zentrales oder entscheidendes Merkmal des Angebots in dem Sinne, dass es sich gerade hierdurch von anderen Angeboten abhebt, wäre sie ebenfalls bereits an einer am Blickfang teilhabenden Position erwähnt…“

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