E-Commerce-Recht,  Wettbewerbsrecht

OLG Hamm: Produktfoto entscheidend für wettbewerbsrechtliche Irreführung, wenn nicht alles Abgebildete vom beworbenen Angebot umfasst & bestellbar ist

So in dem zu entscheidenden Fall, in dem ein Sonnenschirm mit einem Produktfoto beworben worden war, das konkrete Produkt konfiguriert werden konnte, die abgebildeten Betonplatten aber im Rahmen der Nutzung des Konfigurators nicht ausgewählt werden konnten. Das Gericht sah den geltend gemachten Unterlassungsanspruch in seinem Urteil vom 2. Februar 2023 (Az.: 4 U 167/22) als gegeben an und begründete unter anderem wie folgt seine Entscheidung:

„…Ein solcher Verbraucher wird der streitgegenständlichen Produktpräsentation der Beklagten auf dem von ihr betriebenen Internetauftritt www.C-….de – irrigerweise – entnehmen, dass er auch die auf den beanstandeten Fotografien abgebildeten, zur Beschwerung des unstreitig – auf Wunsch – zum Lieferumfang gehörenden Ständerkreuzes erforderlichen Betonplatten bei der Beklagten erwerben kann und infolge dieses Irrtums einen Bestellprozess über den gesondert auf der Homepage der Beklagten verfügbaren Konfigurator einleiten.

Abweichend von dem der Senatsentscheidung vom 04.08.2015 – 4 U 66/15, WRP 2015, 1381 zugrunde liegenden Sachverhalt handelt es sich vorliegend – worauf die Beklagte zu Recht hinweist – allerdings nicht um eine Täuschung darüber, welche Einzelteile vom Lieferumfang eines konkreten Angebots (und eines hierbei konkret bezeichneten Preises) umfasst sind. Denn die beanstandete Produktpräsentation auf dem von der Beklagten betriebenen Internetauftritt beinhaltet außerhalb des sog. Konfigurators mangels Preisangabe gerade keine konkreten Angebote, weshalb der Verbraucher keiner Fehlvorstellung darüber unterliegen kann, ob auch die in Rede stehenden Betonplatten von einem bestimmten Angebotspreis umfasst sind.

Die Irreführung besteht jedoch darin, dass der Verbraucher aufgrund der auf den beanstandeten Fotografien abgebildeten Betonplatten davon ausgeht, er könne bei Einleitung eines Bestellprozesses über den Konfigurator auch diese bei der Beklagten erwerben, was unstreitig nicht der Fall ist.

Der Abbildung eines Produktes in einer Werbung oder einem Warenangebot im Internet kommt grundsätzlich eine maßgebliche Bedeutung für die Bestimmung des im Falle eines späteren Vertragsschlusses geschuldeten Leistungsinhaltes zu (vgl. BGH, Urteil vom 12.01.2011 – VIII ZR 346/09, NJW-RR 2011, 462, Rn. 12, zit. nach juris). Gerade bei der Betrachtung von Internetseiten sind visuelle Eindrücke für die Erfassung des jeweiligen Inhaltes von entscheidender Bedeutung. Das allgemeine Publikum fasst eine Produktabbildung in einer Internetwerbung daher als maßgeblichen Teil der Produktbeschreibung auf (vgl. Senatsurteil vom 04.08.2015 – 4 U 66/15, aaO., Rn. 13 mwN., zit. nach juris).

Wie der Senat außerdem schon in seiner bereits zitierten Entscheidung vom 04.08.2015 (aaO., Rn. 15) ausgeführt hat, fasst der Verbraucher die abgebildeten Betonplatten auch nicht lediglich als (mehr oder weniger schmückendes) Beiwerk zu den beworbenen Sonnenschirmen – wie etwa die zu Dekorationszwecken ebenfalls abgebildeten Pflanzen, Gartenliegen oder den Terrassentisch nebst Stühlen, die mit den für den standfesten Aufbau des Sonnenschirms erforderlichen Betonplatten nicht vergleichbar sind (vgl. BGH, Urteil vom 18.12.2014 – I ZR 129/13, GRUR 2015, 698, Rn. 14, zit. nach juris – Schlafzimmer komplett) – auf. Denn der durchschnittliche Verbraucher ist grundsätzlich daran interessiert, nur funktionsfähige Produkte zu erwerben. Ein Produkt, das für sich genommen nicht funktionsfähig ist, sondern erst durch den Hinzuerwerb weiteren Zubehörs bei einem anderen Händler – vorliegend etwa einem Baumarkt oder Baustoffhändler – funktionsfähig gemacht werden muss, ist vor diesem Hintergrund für den Verbraucher (deutlich) weniger interessant als ein Produkt, das sogleich zusammen mit allem für die Herstellung der Funktionsfähigkeit erforderlichen Zubehör „aus einer Hand“ erworben werden kann. Ohne die abgebildeten Betonplatten sind die beworbenen Sonnenschirme nicht mittels eines Ständerkreuzes mit der erforderlichen Standfestigkeit aufstellbar und mithin nicht funktionsfähig. Der Verbraucher wird die Abbildung der Betonplatten vor diesem Hintergrund dahin verstehen, dass diese Betonplatten ebenfalls bei der Beklagten erworben werden können. Der Umstand, dass es neben der Nutzung eines Ständerkreuzes auch andere Möglichkeiten gibt, Sonnenschirme standsicher aufzustellen (bspw. mittels einer Bodenhülse), ist für den vorliegenden Fall, in dem es unstreitig um mit einem (ebenfalls in der Produktabbildung zu sehenden) Ständerkreuz beworbene und lieferbare Sonnenschirme geht, ohne Bedeutung…“

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