E-Commerce-Recht,  Wettbewerbsrecht

Beschwerde über Mitbewerber zu Angeboten auf Internetverkaufsplattform bei bestehendem Rechtsverstoß nicht wettbewerbswidrig

So das Oberlandesgericht Hamm in einer Entscheidung (Urteil vom 8. Oktober 2020, Az.: 4 U 7/20, nicht rechtskräftig).

Nach einer Beschwerde zu angebotenen Lampen und den nicht eingehalten erforderlichen Kennzeichnungen mahnte der Mitbewerber den beschwerdeerhebenden Mitbewerber ab.

In dem Rechtsstreit vor dem OLG Hamm wehrte sich das abgemahnte Unternehmen im Wege der negativen Feststellungsklage gegen die Abmahnung.

In der ausführlichen Entscheidung sahen auch die Richter des OLG Hamm die ursprüngliche Beschwerde über die Verkaufsangebote als rechtlich begründet an und sahen daher in der Beschwerde unter anderem auch keine gezielte Behinderung des verkaufenden Onlinehändlers.

Das Gericht begründet unter anderem wie folgt:

„..Nicht jede Behinderung eines Wettbewerbers unterfällt der Regelung des § 4 Nr. 4 UWG. Es müssen vielmehr besondere, die Unlauterkeit der Behinderung des Wettbewerbers begründende Umstände hinzutreten (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 38. Aufl. [2020], § 4 Rdnr. 4.7 m.w.N.). Derartige besondere Umstände sind hier nicht ersichtlich.

(1) Dass die beiden hier in Rede stehenden Produktangebote den für sie geltenden gesetzlichen Anforderungen nicht genügten und dementsprechend die von der Klägerin gegenüber dem „B“-Plattformbetreiber geäußerte Rechtsauffassung zutreffend war, hat der Senat oben bereits ausgeführt.

(2) Dass die Klägerin ihre Beschwerde an den Plattformbetreiber aus sachfremden – wettbewerbsfremden – Interessen abgesetzt hat, ist nicht ersichtlich. Dass die Klägerin zunächst den Weg der Beschwerde an den Plattformbetreiber gewählt hat, der überdies schnell und effizient zu einer Entfernung der nicht gesetzeskonformen Produktangebote aus dem Internet geführt hat, und nicht sofort eine gegebenenfalls Kostenerstattungsansprüche auslösende Abmahnung ausgesprochen hat, spricht im Gegenteil dafür, dass ihr Vorgehen dem Interesse an einem lauteren, gesetzeskonformen Wettbewerb entsprang.

(3) Dass die Klägerin das sogenannte „Infringement“-Verfahren des „B“-Plattformbetreibers missbraucht hat, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe dieses Verfahren nicht genutzt, sondern sich vielmehr direkt an die Rechtsabteilung des Plattformbetreibers gewandt. Hierfür spricht auch der Wortlaut der beiden E-Mails vom 11.06.2019 und vom 26.07.2019, in denen von einer Verletzung gewerblicher Schutzrechte nicht die Rede ist, sondern ausdrücklich auf eine Zuwiderhandlung gegen Anhang VIII der VO (EU) Nr. 874/2012 abgestellt wird. Das Vorbringen der Beklagten zu einem angeblichen Missbrauch des „Infringement“-Verfahrens ist vor diesem Hintergrund substanzlos und geht über bloße Vermutungen nicht hinaus.

(4) Eine gezielte Behinderung könnte allenfalls dann vorliegen, falls der Klägerin im unmittelbaren Rechtsverhältnis zwischen ihr und der Beklagten zu 1) keine (lauterkeitsrechtlichen) Ansprüche gegen die Beklagte zu 1) wegen der Zuwiderhandlung gegen Anhang VIII der VO (EU) Nr. 874/2012 zustehen, z.B. weil diese Zuwiderhandlungen nicht spürbar im Sinne des § 3a UWG sind. Die von der Klägerin beim Plattformbetreiber erhobene Beschwerde wäre dann mit dem Fall einer unberechtigten „externen“ Abmahnung gegenüber einem für den (vermeintlichen) Wettbewerbsverstoß „Mitverantwortlichen“ vergleichbar (vgl. zu dieser Fallgruppe: Köhler/Bornkamm/Feddersen, a.a.O., § 4 Rdnr. 4.167). Abgesehen davon, dass das Landgericht Frankfurt am Main in den beiden dort anhängigen Verfahren jeweils lauterkeitsrechtliche Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) bejaht hat, wäre eine „gezielte Behinderung“ der Beklagten zu 1) durch die Beschwerde der Klägerin bei dem Plattformbetreiber nur dann anzunehmen, wenn die Klägerin Kenntnis vom Fehlen (unmittelbarer) lauterkeitsrechtlicher Ansprüche gegen die Beklagte zu 1) gehabt hätte oder sich dieser Kenntnis bewusst verschlossen hätte (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen, a.a.O., § 4 Rdnr. 4.167). Hierfür fehlt jeglicher Anhaltspunkt…“

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