E-Commerce-Recht,  Wettbewerbsrecht

OLG Hamburg: Werbung mit Bewertung unter der Angabe der durchschnittlichen Sternezahl unter Angabe der maximal möglichen Sternezahl erfordert zur Vermeidung einer Irreführung durch Unterlassen grundsätzlich keine Aufschlüsselung nach den einzelnen Sterneklassen

Dies ist nach Ansicht des Gerichts in seinem Urteil vom 21. September 2023 (Az.: 15 U 108/22) nicht zwingend, da kein Verstoß gegen § 5a I UWG vorliegt, wenn diese Aufschlüsselung nicht erfolgt.

In den Rechtsstreit zwischen einem qualifizierten Wettbewerbsverband und einem Unternehmen, dass über eine Internetseite die Vermittlung von Immobilienverkäufern an Immobilienmakler anbietet, war unter anderem die Werbung des beklagten Unternehmens mit einer Bewertung unter der Angabe von Sternen und der Angabe „ 4,7/5“ streitig. Der Kläger sah darin eine Irreführung durch Unterlassen nach § 5a I UWG, da keine Aufschlüsselung nach den einzelnen Sterneklassen von 1 bis 5 erfolgte.

Das Gericht sah hier keinen Verstoß gegen § 5a I UWG und begründet in den Entscheidungsgründen unter anderem wie folgt:

„…Dass die Angabe einer durchschnittlichen Sternebewertung erhebliche Bedeutung für den Absatz im Online-Geschäft hat, hat aber nicht zwingend zur Folge, dass dabei auch eine Aufgliederung nach Sterneklassen erfolgen muss. Vielmehr muss die Aufgliederung selbst als wesentliche Information anzusehen sein, also ein erhebliches Gewicht für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers haben. Das ist nach Dafürhalten des Senats nicht anzunehmen.

Dabei ist unbenommen, dass die Aufgliederung nach Sterneklassen eine dem Verbraucher nützliche Information darstellt. Denn die Aufgliederung veranschaulicht auf einen Blick, ob die Einzelbewertungen insgesamt eher nah beieinanderliegen bzw. wie weit sie auseinanderfallen und ob es wenige oder viele schlechte Bewertungen gibt. Es mag für die Entscheidung des Verbrauchers auch einen Unterschied machen können, ob sich etwa eine 4-Sterne-Durchschnittsbewertung durchgehend aus 4-Sterne-Einzelbewertungen zusammensetzt oder aber einerseits aus 5-Sterne- und andererseits aus 1- und 2-Sterne-Einzelbewertungen. Dieser in der Berufungsinstanz gehaltene Vortrag des Klägers ist nicht neu und damit nicht gemäß § 531 Abs. 2 ZPO präkludiert. Der Kläger hat bereits in der Klageschrift darauf abgestellt, dass der Aussagegehalt einer Durchschnittsbewertungszahl je nach Zusammensetzung ein anderer ist. Diesen Vortrag hat er Kläger in der Berufungsbegründung lediglich mit einem weiteren Beispiel verdeutlicht. Soweit der Kläger darüber hinaus geltend macht, einer „undifferenzierten“ Durchschnittsbewertungszahl von 5,0 könnte lediglich eine einzige oder könnten auch sehr viele 5-Sterne-Bewertungen zugrunde liegen, liegt das hier allerdings neben der Sache. Diesen Aspekt hat der Kläger bereits mit seinem Antrag zu 1.a)aa) zum Streitgegenstand gemacht und einen entsprechenden Unterlassungstitel dahingehend erwirkt, dass die Beklagte nicht mit einer durchschnittlichen Sternebewertung werben darf, ohne die Gesamtzahl der angegebenen Bewertungen anzugeben.

Eine nützliche Information ist aber nicht stets auch eine wesentliche Information, also eine solche von erheblichem Gewicht. Im vorliegenden Fall spricht zum einen der Kenntnisstand des angesprochenen Durchschnittsverbrauchers dagegen: Er weiß, dass der durchschnittlichen Sternebewertungszahl in aller Regel unterschiedlich gute und schlechte Bewertungen – hier in der Bandbreite zwischen einem und fünf Sternen – zugrunde liegen. Damit nimmt er schon von vornherein nicht an, dass die Bewertungen alle gleich oder auch nur sehr ähnlich sind. Das vom Kläger gebildete Beispiel einer 4-Sterne-Durchschnittsbewertung aufgrund zahlreicher Bewertungen, mit denen jeweils vier Sterne vergeben wurden, ist zwar theoretisch denkbar, dürfte aber kaum vorkommen. Im Gegenteil ist ab einer gewissen, nicht einmal allzu hohen Anzahl von Einzelbewertungen damit zu rechnen, dass die Bewertungen – zum Teil auch erheblich – divergieren. Auch bei einer insgesamt guten Durchschnittszahl wird es der Erfahrung nach in aller Regel einzelne schlechte und sehr schlechte Bewertungen geben. Eine hohe Anzahl schlechter und sehr schlechter Bewertungen bildet sich in einer entsprechend schlechteren Durchschnittszahl ab. Diese Umstände sind dem angesprochenen Durchschnittsverbraucher aufgrund seiner Erfahrung bekannt. Es bedarf daher keiner Einzelaufgliederung, um ihm dies zu vergegenwärtigen. Zum anderen liegt der Fall hier im Vergleich zu den oben behandelten Fundstellenangaben entscheidend anders: Die Angabe einer durchschnittlichen Sternebewertungszahl unter Angabe der Maximalsternezahl hat bereits für sich gesehen einen konkreten und gewichtigen Aussagewert für den Verbraucher. Dies gilt umso mehr in Anbetracht der inzwischen rechtskräftig statuierten Pflicht der Beklagten, neben der Durchschnittszahl auch die Anzahl und den Zeitraum der berücksichtigten Einzelbewertungen anzugeben. Der angesprochene Verkehr weiß, dass die Einzelbewertungen schon ab einer recht geringen Anzahl regelmäßig divergieren. Er kann anhand der Durchschnitts- und der Maximalsternezahl einordnen, ob die Beklagte bzw. ihre Dienstleistung im arithmetischen Mittel sehr positiv, positiv, neutral oder eher negativ bewertet wird. Überdies kann er anhand der Gesamtzahl und des Zeitraums der zugrunde liegenden Bewertungen abschätzen, wie aussagekräftig die Durchschnittszahl ist. Daneben ist keine Einzelaufgliederung nötig, um die Angabe der Durchschnittszahl einordnen bzw. verstehen zu können. Vielmehr vermittelt die Einzelaufgliederung davon unabhängig eine eigene Aussage allein über die genaue Verteilung der Einzelbewertungen auf die Sterneklassen. Dieser Information für sich gesehen kommt jedoch kein erhebliches Gewicht zu, zumal sie sich auch durch den Abruf der Einzelbewertungen erlangen ließe (wobei hier nicht dazu vorgetragen ist, ob bzw. wie die Einzelbewertungen abrufbar waren). Es geht bei der vom Kläger begehrten Aufgliederung vor allem darum, dem Verbraucher den Überblick zu erleichtern, nicht aber darum, ihm bislang unbekannte Informationen von erheblicher Tragweite zu vermitteln. Dass eine Aufgliederung die Aussagekraft der angegebenen Durchschnittszahl in gewissem, allerdings auch sehr überschaubarem Maß erhöhen bzw. die Aussage in geringem Maße konkretisieren würde, reicht nicht aus, um ein erhebliches Gewicht für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers anzunehmen.

Aus denselben Gründen würde der Verbraucher die Aufgliederung auch nicht benötigen, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, so dass es an einer weiteren Tatbestandsvoraussetzung des § 5a Abs. 1 UWG fehlt…“

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