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OLG Frankfurt a.M.: Im Rahmen eines Folgenbeseitigungsanspruchs nach wettbewerbswidriger Handlung einer Bank kann klagender Verbrauchschutzverband anonymisierte Liste von Kunden der Bank erhalten, da dies von Rechtsgrundlage des Art. 6 I lit.f) DSGVO gedeckt ist

So unter anderem das Gericht in seinem Urteil vom 13. Juni 2025 (Az.: 3 U 286/22) im Rahmen eines Rechtsstreits rund um unzulässige Handlungen einer Bank. Um die Folgenbeseitigung, also in diesem Fall die Kontaktaufnahme mit betroffenen Kunden durch die beklagte Bank prüfen zu können, hatte der klagende Verbraucherschutzverband einen Auskunftsanspruch geltend gemacht. Diesen sprach das Gericht nunmehr in eingeschränkter Form, Bekanntgabe einer nach Postleitzahlen sortierten Auflistung der Vor- und Zunamen sowie Anschriften der Verbraucher in pseudonymisierter Form zu erteilen, und zwar gegenüber einem Angehörigen der zur Verschwiegenheit verpflichteten Berufe, zu und führt unter anderem zu Begründung in den Entscheidungsgründen aus:

„…Gem. Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f) DS-GVO ist die Verarbeitung personenbezogener Daten dann rechtmäßig, wenn sie zur Wahrung der Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist und die datenschutzbezogenen Interessen, Grundrechte und Grundfreiheiten des Betroffenen nicht überwiegen. Ein Abwägungsgesichtspunkt ist der Hinweis des europäischen Gesetzgebers in den Erwägungsgründen der DS-GVO, dass die vernünftigen Erwartungen der betroffenen Person, die auf der Beziehung zu den Verantwortlichen beruhen, zu berücksichtigen sind (vgl. Erwägungsgrund 47 Satz 1 Halbsatz 2). In Satz 2 wird als Beispiel für eine solche Beziehung genannt, dass der Betroffene – wie hier – ein Kunde des Verantwortlichen ist. Vor dem teleologischen Hintergrund des Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f) DS-GVO, einen Ausgleich zwischen den Interessen des Betroffenen und jenen des Verantwortlichen zu schaffen, können dabei nicht nur (datenschutz-)rechtliche Interessen von Bedeutung sein, sondern müssen auch wirtschaftliche oder ideelle Interessen berücksichtigt werden. Eine möglichst weite Interpretation des berechtigten Interesses ist zudem (unions-)grundrechtlich geboten (vgl. dazu OLG München, Urteil vom 24.10.2018, Az. 3 U 1551/17, Rn. 32, zitiert nach juris).

Hier ist die Verarbeitung personenbezogener Daten durch Bekanntgabe einer Liste mit den Kontaktdaten der betroffenen Verbraucher grundsätzlich zur Wahrung der Interessen des Klägers erforderlich. Denn dies dient der Kontrolle der Folgenbeseitigung durch den Kläger. Dieser kann die Folgenbeseitigung durch die Beklagte durch Information der betroffenen Verbraucher grundsätzlich nur überprüfen, wenn er oder eine damit beauftragte Person die betroffenen Verbraucher kontaktiert und über das „Ob“ und „Wie“ der Folgenbeseitigung durch die Beklagte befragt. Dazu werden die Kontaktdaten der betroffenen Verbraucher benötigt. Das Interesse des Klägers an einer solchen Überprüfung ist allerdings nicht als erheblich einzustufen, da keine Anhaltspunkte dafür dargelegt worden sind, dass die zur Folgenbeseitigung verpflichtete Beklagte als seriöse Geschäftsbank sich dieser Verpflichtung entziehen wird.

Gegen das Interesse des Klägers an der Kontrolle der Folgenbeseitigung ist der Gesichtspunkt des Schutzes der persönlichen Daten der betroffenen Verbraucher abzuwägen. Diese haben im konkreten Fall erhebliche wirtschaftliche Interessen am Schutz dieser Daten. Zwar betreffen bloße Kontaktdaten wie Namen und (E-Mail-)Adressen nicht den höchstpersönlichen Bereich. In diesem Zusammenhang ist aber zu berücksichtigen, dass es sich bei den betroffenen Verbrauchern durchweg um vermögende Kunden der Beklagten handelt. Denn wenn schon die unbefristet in Giroeinlagen, Tagesgeldern und Spareinlagen gehaltenen liquiden Mittel der betroffenen Verbraucher die in den Vereinbarungen jeweils unter Ziff. 2 individuell vereinbarten hohen Freibeträge von zwischen 50.000, – € und 1 Millionen € übersteigen, dann dürfte deren Vermögen insgesamt, ausgehend von einer durchschnittlichen Quote an liquiden Mitteln von 10 %, im Schnitt bei jedenfalls dem Zehnfachen dieses Einlagenvermögens liegen. Dass solche vermögenden Kunden ein besonderes, insbesondere wirtschaftliches Interesse haben, ihre persönlichen Daten und damit auch ihre Vermögenswerte zu schützen, liegt auf der Hand…

Nach dem Grundsatz der Datenminimierung aus Art. 5 Abs. 1 c) DS-GVO wird den berechtigten, insbesondere wirtschaftlichen Interessen der betroffenen Verbraucher damit allein die Bekanntgabe einer Liste mit gem. Art. 4 Abs. 1 Nr. 5 DS-GVO pseudonymisierten Daten gerecht. Gem. Art. 5 Abs. 1 c) DS-GVO muss die Verarbeitung personenbezogener Daten dem Zweck angemessen und erheblich sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein.

Nach Abwägung der gegenseitigen Interessen ist die Verpflichtung zur Auskunft damit inhaltlich dahingehend einzuschränken, dass Namen und Anschriften der betroffenen Verbraucher nur in pseudonymisierter Form mitzuteilen sind, weil die Bekanntgabe der Liste zwar zur Wahrung des berechtigten Interesses des Klägers an einer stichprobenartigen Kontrolle der Folgenbeseitigung erforderlich ist, gleichzeitig aber die auf einer berechtigten Erwartung gegenüber der beklagten Bank beruhenden erheblichen wirtschaftlichen Interessen der zu schützenden betroffenen Verbraucher zu wahren sind. Zudem ist die Beklagte zu verpflichten, die Auskunft gegenüber einem Angehörigen der zur Verschwiegenheit verpflichteten Berufe abzugeben. So ist in einem weitaus stärkeren Maße gewährleistet, dass eine Liste mit derart sensiblen Daten nicht in die falschen Hände gerät und etwa als Datenpool für Phishing-Attacken verwendet wird. Zwar ist davon auszugehen, dass das Intranet des Klägers die im Schriftsatz vom 10.06.2025 dargestellten hohen IT-Sicherheitsanforderungen erfüllt. Genauso ist aber davon auszugehen, dass zahlreiche Personen, insbesondere die Mitarbeiter des Klägers, Zugang zu diesem Intranet haben. Damit erscheint aus Gründen des Datenschutzes die Auskunft gegenüber einem Angehörigen der zur Verschwiegenheit verpflichteten Berufe – also nur gegenüber einer Person – als eindeutig vorzugswürdig…“

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