E-Commerce-Recht,  Urheberrecht

LG Köln: keine Veräußerung von Nutzungsrechten durch Insolvenzverwalter an Dritte ohne Zustimmung des Urhebers ohne vorherigen Buy-Out durch Fotografen-Bei Auflösung des Unternehmens, dass Lizenznehmer war, fallen Nutzungsrechte an Urheber zurück

Unter anderem dies hat das Gericht mit seinem Urteil vom 14. Dezember 2023 (Az.: 14 O 347/22) entschieden in einem Rechtsstreit eines klagenden Fotografen gegen ein Unternehmen, dass Fotos des Klägers genutzt hat und zuvor Teil eines Unternehmens nach Insolvenz übernommen hatte. Das insolvente Unternehmen, dass aufgelöst wurde, hatte vormals mit dem Kläger in vertraglichen Beziehungen gestanden, in dem auch urheberrechtliche Nutzungsrechte an Fotos eingeräumt worden waren.

Die Richter sahen in der Verwendung der Fotos des Klägers durch das beklagte Unternehmen eine Verletzung der Urheberrechte und führen dazu in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Die Kammer ist auf Grundlage des Sach- und Streitstandes der Ansicht, dass der Kläger seine Verwertungsrechte nicht im Wege einer vollständigen Rechteübertragung, etwa in Form eines Buy-Out-Vertrags, an die B. dergestalt übertragen hat, dass diese frei an Dritte übertragbar gewesen sein sollen. Durch den demgemäß anfallenden Rückfall der Rechte nach der Insolvenz der B. hat der Kläger demnach die Verwertungsrechte zurückerhalten.

Dabei hat der Kläger (auch nach eigenem Vortrag) der B. zunächst ausschließliche und „zeitlich und räumlich unbegrenzte Nutzungsrechte“ übertragen. Damit mag er in der Vergangenheit mit Blick auf die Verwertungsrechte der streitgegenständlichen Lichtbilder nicht mehr aktivlegitimiert gewesen sein, aber mit Blick auf Urheberpersönlichkeitsrechte – etwa das Urheberbenennungsrecht aus § 13 UrhG – jedenfalls seine Rechte behalten haben. An dieser Situation würde sich nichts ändern, wenn der Kläger tatsächlich Arbeitnehmer der B. gewesen sein sollte – deshalb kann eine Entscheidung zu diesem Streitpunkt dahinstehen. Nach § 43 UrhG gelten die §§ 31 ff. UrhG auch im Fall, dass der Urheber in einem Arbeitsverhältnis steht und es sich um Pflichtwerke handelt, soweit sich aus dem Inhalt oder dem Wesen des Arbeitsverhältnisses nichts anderes ergibt. Dass sich hier aber „etwas anderes“ aus dem konkreten Verhältnis des Klägers zur B. ergeben sollte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Es liegt vielmehr keine ausdrückliche fixierte Vertragsregelung zwischen dem Kläger und der B. vor, aus der sich ergeben könnte, dass hier ein vollständiger Buy-out o.Ä. vereinbart wäre. Auch handelt es sich um eine nicht unübliche Verbindung eines Unternehmens mit einem „freien Hausfotografen“, bei dem die Interessen des Fotografen an seinen Werken fortbestehen. Dies kann die auf Urheberrechtsstreitsachen spezialisierte Kammer aus eigener Erfahrung beurteilen.

Demnach kommt es entscheidend darauf an, ob Verwertungsrechte vom Insolvenzverwalter der B. an die Beklagte übertragen werden konnten und ggf. worden sind. Dies ist jedoch nicht der Fall.

An dieser Stelle ist im Ausgangspunkt § 34 Abs. 1 UrhG zu beachten. Demnach kann ein Nutzungsrecht nur mit Zustimmung des Urhebers übertragen werden. Eine solche Zustimmung des Klägers liegt vorliegend – wohl unstreitig – nicht vor. Der Sonderfall des § 34 Abs. 3 UrhG ist nicht anwendbar, weil unstreitig keine Übertragung im Rahmen der Gesamtveräußerung eines Unternehmens oder der Veräußerung von Teilen eines Unternehmens erfolgt ist.

Es kommt demnach auch nicht auf die zwischen den Parteien diskutierte Frage an, ob AGB des Klägers Anwendung finden. Denn in den AGB wäre mit Blick auf die Konstellation des § 34 Abs. 1 UrhG nichts von der gesetzlichen Regelung Abweichendes vereinbart (vgl. insoweit auch den Rechtsgedanken von § 307 Abs. 3 S. 1 BGB).

Die Erklärung kann – wie jede nicht formbedürftige Willenserklärung – nicht nur ausdrücklich, sondern auch konkludent erfolgen. Für die Annahme einer konkludenten Zustimmung kommt es letztlich entscheidend auf den Vertragszweck an, mithin kommt der Übertragungszweckgedanke des § 31 Abs. 5 UrhG zur Anwendung. Entscheidend ist also, ob der Zweck des Vertrages eine Weiterübertragung erlaubt oder voraussetzt. Das ist aus der Sicht des Urhebers nach Üblichkeitserwägungen, der Verkehrssitte, nach allen Begleitumständen und dem schlüssigen Verhalten der Parteien zu entscheiden. Im Zweifel ist von einer fehlenden Zustimmung wegen der gesetzlichen Regel des § 34 Abs. 1 S. 1 auszugehen. Für die Bewertung, ob eine konkludente Zustimmung vorliegt, kann zunächst der Charakter des Werkes eine Rolle spielen. Eine Zustimmung liegt bei Massenwerken geringer Schöpfungshöhe nahe, weniger bei der Übertragung von Rechten mit großem urheberpersönlichkeitsrechtlichem Einschlag. Die Honorarabrede hat auch größere Bedeutung bei der Auslegung. Im Regelfall ist von einer konkludenten Zustimmung auszugehen, wenn die Parteien eine Honorarabrede über die Aufteilung mit Dritten erzielter Verwertungserlöse getroffen haben. Umgekehrt kann eine fehlende Beteiligung des Rechtegebers am wirtschaftlichen Erfolg der Weitergabe der Nutzungsrechte gegen eine Zustimmung zur Übertragung an Dritte sprechen. Bei Werbeverträgen sollte die konkludente Zustimmung zur Weitergabe großzügig angenommen werden, wenn der Zweck auf eine umfassende Nutzungsmöglichkeit angelegt ist. Produktfotos für die Werbung dürfen im Regelfall zur Nutzung an die Vertriebspartner weitergegeben werden. Das Gleiche gilt für Arbeits- und Dienstverhältnisse; insbesondere eine wirtschaftlich gesicherte Anstellung des Urhebers, deren Arbeitsergebnisse dem Dienstherrn zustehen sollen, kann für eine konkludente Zustimmung sprechen. Auch in einer Insolvenz können keine hohen Anforderungen an das Vorliegen einer Zustimmung gestellt werden (vgl. Fromm/Nordemann/Jan Bernd Nordemann, 12. Aufl. 2018, UrhG § 34 Rn. 14 f. m.w.N.).

Vorliegend ist auf dieser Grundlage nach Ansicht der Kammer kein Grund ersichtlich, von einer konkludenten Zustimmung des Klägers auszugehen. Es handelt sich nicht um einfache Produktfotos oder „Massenware“, was die Kammer wiederum aus eigener Erfahrung bewerten kann. Die Vergütung in Form von monatlichen Pauschalvergütungen für eine nicht näher bestimmte Anzahl an Lichtbildern war auch nicht derart hoch, dass der Kläger hiermit jegliche Art der Verwertung, insbesondere durch Dritte, abgegolten erhalten hätte. Der Kläger hat selbst kein Verhalten gezeigt, dass auf eine Billigung der Übertragung der Nutzungsrechte hindeuten würde. Eine Verkehrssitte dahingehend, dass in der Insolvenz die Rechte „herausverkauft“ werden dürfen, ist nicht vorgetragen, auch nicht ersichtlich. Vielmehr steht die erneute Kommerzialisierung – auch nach § 31 Abs. 5 UrhG – regelmäßig dem Urheber, nicht dem Insolvenzverwalter zu. Ob ein Arbeitsverhältnis vorliegt, kann auch an dieser Stelle dahinstehen, weil selbst ein solches Arbeitsverhältnis allenfalls ein Indiz für eine konkludente Zustimmung wäre. Dieses Indiz wäre hier jedoch derart schwach, dass es nicht geeignet wäre, die obigen Aspekte zu überwiegen….

Ergänzend ist zu beachten, dass sich dem Vertrag in Anlage K1 zwischen der Beklagen und dem Insolvenzverwalter der B. dem Wortlaut nach schon nicht entnehmen lässt, dass hier Nutzungsrechte übertragen werden sollten. Die Kammer hat deshalb auch erhebliche Zweifel an einer wirksamen Übertragung von urheberrechtlichen Rechten mit Blick auf den insoweit zu beachtenden Bestimmtheitsgrundsatz für das Verfügungsgeschäft. Auch die von der Beklagten vorgelegte Anlage B6 hilft insoweit nicht weiter, weil der Insolvenzverwalter ausdrücklich schreibt, dass er nur Rechte übertragen wollte, „soweit diese Bildrechte übertragbar sind“. Zunächst vermag dies die Zweifel an der Bestimmtheit des Verfügungsgeschäftes nicht zu entkräften. Außerdem sind die Rechte wie oben dargestellt nicht ohne Zustimmung des Klägers übertragbar…“

Auch ist nach Ansicht des Gerichts nach der Auflösung des insolventen Unternehmens der Kläger wieder der „Inhaber“ der Nutzungsrechte geworden. Dazu das Gericht in den Entscheidungsgründen:

„…Von der obigen Problematik isoliert zu betrachten ist die Frage, ob der Kläger dann wieder Inhaber der Verwertungsrechte geworden ist. Dies ist hier zu bejahen.

Insoweit kommt es angesichts des obigen Ergebnisses nicht weiter darauf an, ob der Insolvenzverwalter sein Wahlrecht nach § 103 InsO ausgeübt hat, weil die B. unstreitig aufgehört hat, zu existieren. Weil die B. als Lizenznehmerin deshalb ihre Rechte nicht an die Beklagte übertragen hat, sind sie spätestens mit Beendigung der Rechtsfähigkeit der B. an den Kläger ipso iure zurückgefallen (vgl. BGH GRUR 2012, 916, Rn. 19 – M2 Trade; für die hiesige Konstellation auch OLG Köln, GRUR-RR 2010, 149, 151 – Kalk-Lady: Es ist anerkannt, dass die Nutzungsrechte im Falle der Durchführung eines Insolvenzverfahrens, bei dem die Nutzungsrechte nicht verwertet wurden, auf den Urheber zurückfallen. Das muss in der vorliegenden Fallkonstellation erst recht gelten, weil angesichts des Erlöschens der N ohne einen Rückfall an den Urheber niemand Inhaber der ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Lichtbild wäre und dessen weitere Verwertung damit definitiv unmöglich geworden wäre)…“

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