Markenrecht

BGH: Wiederholungsgefahr bei Unterlassungsanspruch aus Markenrecht entfällt nicht durch Einstellung der Werbung oder Einwand eines einmaligen Versehens

Unter anderem dies hat der BGH in seinem Urteil vom 10. Januar 2024 (Az.: I ZR 95/22) entschieden. Das Gericht führt dabei in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Die Erwägung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe die von der Klägerin beanstandete Verletzungshandlung sofort abgestellt und über längere Zeit nicht wiederholt, so dass absehbar nicht mit weiteren Verletzungen zu rechnen sei, ist dagegen kein Gesichtspunkt, der für einen Wegfall der Wiederholungsgefahr spricht. Eine solche Beurteilung läuft im Ergebnis darauf hinaus, dass die Klägerin das Vorliegen der Wiederholungsgefahr darzulegen und zu beweisen hat. Dies steht mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zum Unionsmarkenrecht, die auch für die Anforderungen an den Wegfall der Wiederholungsgefahr im Bereich des nicht harmonisierten Schutzes der Unternehmenskennzeichen heranzuziehen ist, nicht in Einklang.

(1) Nach Art. 130 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 2017/1001 über die Unionsmarke, der – in Verbindung mit Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2017/1001 – den Unterlassungsanspruch wegen der Verletzung einer Unionsmarke autonom regelt, verbietet ein Unionsmarkengericht, das feststellt, dass der Beklagte eine Unionsmarke verletzt hat oder zu verletzen droht, diesem, die Handlungen, die die Unionsmarke verletzen oder zu verletzen drohen, fortzusetzen, sofern einer solchen Anordnung nicht besondere Gründe entgegenstehen.

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist der Begriff der „besonderen Gründe“ eng auszulegen; grundsätzlich muss das Unionsmarkengericht die Fortsetzung der Handlungen, die die Unionsmarke verletzen oder zu verletzen drohen, verbieten (zu der insoweit wortgleichen Vorschrift des Art. 98 Abs. 1 Satz 1 [EG] Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke vgl. EuGH, Urteil vom 14. Dezember 2006 – C-316/05, Slg. 2006, I-12083 = GRUR 2007, 228 [juris Rn. 30] – Nokia). Der Umstand allein, dass keine offensichtliche oder nur eine wie auch immer begrenzte Gefahr der Fortsetzung der Handlungen, die eine Unionsmarke verletzen oder zu verletzen drohen, besteht, stellt keinen besonderen Grund für ein Unionsmarkengericht dar, dem Beklagten die Fortsetzung dieser Handlungen nicht zu verbieten (vgl. EuGH, GRUR 2007, 228 [juris Rn. 36] – Nokia). Wäre das Bestehen einer offensichtlichen oder nicht nur begrenzten Gefahr der Wiederholung der Handlungen, die eine Unionsmarke verletzen oder zu verletzen drohen, Voraussetzung für den Erlass eines Verbots der Fortsetzung solcher Handlungen, dann obläge wahrscheinlich dem Kläger der Beweis für diese Gefahr. Ein solcher Beweis in Bezug auf mögliche zukünftige Handlungen des Beklagten wäre für den Kläger schwer zu erbringen, und es bestünde die Gefahr, dem ausschließlichen Recht, das ihm seine Unionsmarke verleiht, die Wirkung zu nehmen (vgl. EuGH, GRUR 2007, 228 [juris Rn. 32] – Nokia).

(2) Mit dieser Auslegung von Art. 130 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EU) Nr. 2017/1001 stimmen die vom nationalen Recht für einen auf die (drohende) Verletzung eines Kennzeichenrechts gestützten Unterlassungsanspruch geforderte Begehungsgefahr in Form einer Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr, die durch eine Kennzeichenverletzung begründete tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr und die strengen Anforderungen an den Wegfall dieser Wiederholungsgefahr überein (BGHZ 235, 222 [juris Rn. 23] – Wegfall der Wiederholungsgefahr III). Diese Grundsätze gelten darüber hinaus auch für den nicht harmonisierten Schutz der Unternehmenskennzeichen (zur einheitlichen Auslegung der unionsrechtlichen Vorschriften und derjenigen des nationalen Rechts über die Verwirkung der Rechte aus Marken und Unternehmenskennzeichen gemäß § 21 Abs. 1 und 2 MarkenG sowie Art. 54 Abs. 1 und 2, Art. 110 Abs. 1 Satz 2, Art. 111 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 über die Gemeinschaftsmarke vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 2023 – I ZR 56/19,GRUR 2023, 332 [juris Rn. 40] = WRP 2023, 452 – HEITEC III)…“

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