Dies gilt nicht, so das Gericht in seinem Urteil vom 14. Juni 2023 (Az.: 11 O 13/23), wenn Umstände vorliegen können, die nach Beginn der befristeten Werbeaktion eintreten und dann ist eine differenzierte Betrachtung, auch bereits entschieden durch den BGH, notwendig.
Im Streitfall konnte der klagende qualifizierte Wirtschaftsverband im einstweiligen Verfügungsverfahren die Fortsetzung einer befristeten Werbeaktion eines Optikers darlegen, die gerade nicht aufgrund der vorgenannten Aspekte verlängert worden zu sein scheint. Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:
„…Der Verfügungskläger hat mit dem für den Erlass der einstweilen Verfügung erforderlichen Beweismaß durch Vorlage von Screenshots nachweisen können, dass die Verfügungsbeklagte ihre bereits mit dem „Neujahrs-Knaller“ begonnene Rabattaktion von Anfang an – wie geschehen – habe verlängern wollen.
Hierfür spricht nicht nur die kurze Abfolge von im Internet geschalteten Werbemaßnahmen, vorliegend glaubhaft vorgetragen mit Screenshots vom 09.01.2023, 30.01.2023 und 09.03.2023. Auch am Tag der mündlichen Verhandlung am 10.05.2023 war – wie mit den Beteiligten erörtert – auf der Internetseite der Verfügungsbeklagten ein inhaltsgleiches Angebot, d. h. ein Angebot einer Gleitsichtbrille für 59 € und einer Einstärkenbrille für 9 €, zu finden.
Hierfür spricht auch der Umstand, dass dem Newsletter vom 30.01.2023 ein Link zu einer Landingpage beigefügt war, auf der das Ende der Aktion in einer Fußnote bereits mit dem 31.03.2023 benannt war. In dem Newsletter selbst wird dagegen deutlich und einführend mit den Worten „mit Last Minute Termin bis zum 28.02.2023 bekommst du“ geworben. Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung am 10.05.2023 mit Nichtwissen bestritten hat, dass auf die Landingpage (Anlage Ast 13) tatsächlich von dem Newsletter vom 30.01.2023 aus Zugriff genommen werden konnte, ist dieses Bestreiten unbeachtlich. Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind, § 138 Abs. 4 ZPO. Die auf der Internetseite der Verfügungsbeklagten geschalteten Werbeanzeigen sind von der Verfügungsbeklagten veranlasst und liegen damit in ihrem Wahrnehmungsbereich.
Schließlich spricht für eine langfristige Planung des – entgegen den im Rahmen der Werbemaßnahmen nach außen proklamierten zeitlichen Begrenzungen der Aktion – auch noch gegenwärtig laufenden Angebotes das Verhandlungsverhalten der Verfügungsbeklagten zur Formulierung einer Unterlassungserklärung im Rahmen der außergerichtlichen Abmahnung durch den Verfügungskläger. Nach dem Vorangegangenen kommt es nicht ausschließlich und maßgeblich darauf an, welcher Zeitraum zwischen inhaltsgleichen Angeboten liegt. Entscheidend für die Bewertung der Werbemaßnahmen als unlauter ist vielmehr das Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise. Steht von vornherein fest, dass ein Angebot für einen längeren Zeitraum, vorliegend inzwischen nahezu 5 Monate, gelten soll, wird der Verbraucher schon mit Formulierungen wie „Neujahrs-Knaller“ und „Last minute“ über die Kurzfristigkeit des Angebotes getäuscht; dies gilt erst recht, wenn diesen Formulierungen wie vorliegend zeitliche Begrenzungen beigefügt sind, die dem Verbraucher vorspielen, dass das Angebot nur noch bis zu dem genannten Stichtag erhältlich ist, obwohl die Planung des werbenden Unternehmens zur zeitlichen Dauer der Geltung des Angebotes eine andere ist. Hieran ändern auch kurzfristige Unterbrechungen, die mit dem Ziel erfolgen, aus dem lauterkeitsrechtlichen Vorwurf herauszukommen, nichts.
Die Verfügungsbeklagte hat sich zu einer abweichenden Planung der zeitlichen Dauer des Angebotes nicht erklärt…“