Datenschutzrecht

LG Memmingen: kein Anspruch gegen Social Media Netzwerk-Anbieter auf Schadensersatz nach Art.82 DSGVO wegen Datenerhebung per Scraping

So das Gericht in seinem Endurteil vom 9. März  2023 (Az.: 35 O 1036/22). Das Gericht sieht keine Pflichtverletzungen und damit keinen Anspruch auf Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO.

Dazu führt das Gericht in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Ein Verstoß gegen die Transparenzpflichten aus Art. 5 Abs. 1 lit. a), Art. 13, 14 DSGVO fällt der Beklagten nicht zur Last.

Gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. a DSGVO müssen personenbezogene Daten auf rechtmäßige Weise, nach Treu und Glauben und in einer für die betroffene Person nachvollziehbaren Weise verarbeitet werden. Diese Grundsätze sind sodann auf die Informations- und Aufklärungspflicht nach Art. 13 DSGVO zu übertragen. Die Aufklärung über die Zwecke der Verarbeitung muss insbesondere für den Nutzer klar verständlich und nachvollziehbar sein. Ähnliche Anforderungen sieht dabei auch Art. 14 DSGVO für den Fall vor, dass der Verantwortliche die Daten nicht direkt bei der betroffenen Person erhebt. Art. 12 DSGVO sieht ebenso eine Information in präziser, transparenter und leicht zugänglicher Form vor.

Diese Vorgaben hält die Beklagte vorliegend ein. Die Klageseite selbst legt mit ihrer Klageschrift diverse Screenshots der Social Media Plattform F. vor, welche die auf der Plattform enthaltenen Inhalte abbilden. Diese Inhalte sind jedem Nutzer als offenkundige Tatsache gemäß § 291 ZPO öffentlich zugänglich und enthalten sämtliche relevanten Informationen zu Art und Umfang der Verarbeitung sowie Hinweise zur Begrenzung der Verarbeitung der Daten.

Ausweislich der vorliegenden Screenshots handelt es sich dabei um Informationen auf mehreren Ebenen. Jedoch schließt gerade dies die Übersichtlichkeit und Transparenz nicht aus. Die Beklagte versuchte über mehrere Ebenen, die vielschichtigen Themen abzuschichten und einzelne Themenbereiche zu bilden. Dies dient nach Ansicht des Gerichts letztlich der Vermeidung der Überforderung des Nutzers mit einer Flut an Informationen im Hinblick auf die verarbeiteten Daten. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass das Lesen sämtlicher Informationen und Unterbereiche letztlich mit einem gewissen Zeitaufwand verbunden ist, jedoch ist ein solcher Zeitaufwand beim Lesen auch bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Fall. Hierauf kann es jedoch nicht ankommen. Einzig und allein ist letztlich zu beachten, ob der Nutzer hinreichend klar und verständlich informiert wird. Dies ist vorliegend der Fall. Dabei fand die Aufklärung über die Verwendung der Daten auch in verständlicher Sprache statt, wie es nach Inaugenscheinnahme der streitgegenständlichen Bestimmungen der Datenrichtlinie und des Hilfebereiches zur Überzeugung des Gerichts feststeht.

Das Argument der Klageseite, dass die Vielzahl der Einstellungsmöglichkeiten letztlich dazu führe, dass der Nutzer es im Zweifel bei den Voreinstellungen belasse, verfängt dabei nicht. Es ist gerade zu berücksichtigen, dass in Anbetracht der Vorgaben der DSGVO und der damit verbundenen vielseitigen Informationspflichten vielfältige Einstellungsmöglichkeiten nahezu zwingend sind, sodass jeder Nutzer die Einstellungen individuell entsprechend seiner spezifischen Bedürfnisse vornehmen kann.

Für eine sachgerechte Betrachtung der Frage ist auch zu berücksichtigen, dass es sich um eine freiwillig von Klageseite genutzte Plattform handelt. Soweit die Klageseite vorliegend neben den für die Anmeldung erforderlichen Daten wie Name, Geschlecht, Geburtsdatum und E-Mail Adresse zusätzlich seine Mobilfunknummer angab, ist zu bedenken, dass es sich bei der Mobilfunknummer um eine nicht erforderliche Angabe handelte. Denn soweit man sich zur Nutzung der Plattform entschließt, ist jedenfalls die Angabe der Mobilfunknummer dafür nicht erforderlich. Hierbei handelt es sich um ein zusätzliches Angebot der Beklagten, mit welcher der jeweilige Nutzer wie hier die Klagepartei – weitere Funktionen und Informationen nutzen kann. Hierbei wird der Nutzer darüber aufgeklärt, dass die Verwendung der Mobilfunknummer gegebenenfalls erfolgt, „um dir interessante Menschen und Themen auf unseren Plattformen vorzustellen“. Ebenso wird darauf hingewiesen „Beachte: Du kannst festlegen, wer deine Telefonnummer sehen kann und wer auf F. nach dir suchen kann“. Selbst wenn das Auffinden dieser Hinweise unter Umständen mit zeitlichem Aufwand verbunden ist, sind die Hinweise selbst klar und verständlich formuliert. Insbesondere ist auch deutlich, dass zwischen dem Sehen der Telefonnummer und dem auf F. nach dir suchen zu unterscheiden ist. Insbesondere ist auch die Einstellung „Wer kann dich anhand der angegebenen Telefonnummer finden?“ mit der Antwort „Alle“ eindeutig.

Insgesamt ist damit festzuhalten, dass es der Eingabe der Mobilfunknummer zur Nutzung der Plattform eigentlich nach nicht bedarf, dass jedoch, wenn der Nutzer sich für die Verwendung der Plattform mit seiner Mobilfunknummer entscheidet, er hinreichend verständlich und übersichtlich aufgeklärt wird, wie die Mobilfunknummer verwendet wird und wie eine solche Verwendung eingeschränkt werden kann. Letztlich ist dabei auch zu bedenken, dass die Plattform „F.“ gerade dem Finden und dem Austausch von Informationen in der Form eines sozialen Netzwerks dient. In diesem Fall ist es dem Nutzer auch zuzumuten, sich mit den ihm gegebenen Informationen zum Schutz seiner Daten zu befassen.

Unter Berücksichtigung all dieser Umstände ist ein Verstoß auf Beklagtenseite gegen Art. 5 Abs. 1 lit. A) DSGVO nicht zu erkennen…“

Auch eine weitere Kammer des Gerichts hat eine Klage abgewiesen (Endurteil vom 16. Februar 2023, Az.: 24 O 913/22)

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