Wettbewerbsrecht

OLG Brandenburg: Verjährungsproblematik bei Ansprüchen aus UWG wegen Abwerbung von Mitarbeitern

Mit einer solchen hatte sich das OLG Brandenburg nach erhobener Einrede auseinanderzusetzen und eine Bewertung aus rechtlicher Sicht vorzunehmen. In dem Gerichtsverfahren, dass durch das Gericht im Berufungsverfahren durch Urteil vom 14. Februar 2023 (Az.: 6 U 14/20) entschieden wurde, waren zwischen den streitenden Parteien Ansprüche rund um eine vermutete Abwerbung von Mitarbeitern streitig. Das Gericht beschäftigt sich ausführlich mit der Verjährung der Ansprüche und führt zu den einzelnen, relevanten Situationen bzw. Zeitpunkten, die für die rechtliche Bewertung maßgeblich sind (Beginn der Verjährung, Hemmung, Erhebung einer negativen Feststellungsklage), wie folgt aus:

„…aa) Der Unterlassungsanspruch (§ 8 Abs. 1 UWG) unterliegt nach § 11 Abs. 1 UWG der Verjährung binnen sechs Monaten. Gemäß § 11 Abs. 2 UWG beginnt die Verjährungsfrist, wenn der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Nach dem insoweit unstreitigen Parteivorbringen hat die Klägerin die Beklagte und Herrn G. jeweils mit Anwaltsschreiben vom 27. bzw. 28.10.2015 unter anderem unter Verweis auf die von Herrn G. am 12.08.2015 als Salesmanager der Beklagten versandten E-Mail hinsichtlich der des streitgegenständlichen Unterlassungsbegehren abgemahnt. Mithin war der vermeintliche Anspruch entstanden und hatte die Klägerin Kenntnis von den maßgeblichen Umständen und der Person des Schuldners. Selbst wenn man den Verjährungsbeginn erst mit Auslaufen des vertraglichen Wettbewerbsverbots des Herrn G. mit Ablauf des 31.05.2016 annimmt, konnte die Klageschrift vom 18.07.2017, der Beklagten zugestellt am 20.10.2017, die Verjährung nicht mehr hemmen, denn die Verjährungsfrist war spätestens mit Ablauf des 30.11.2016 (§ 188 Abs. 3 BGB) abgelaufen.

bb) Die Beklagte ist mit der Einrede der Verjährung entgegen der Auffassung der Klägerin nicht präkludiert. Dass eine von der beklagten Partei erstinstanzlich erhobene Verjährungseinrede jedenfalls dann nicht wegen prozessualer Verspätung gemäß §§ 282 Abs. 1, 296 Abs. 2 ZPO präkludiert sein kann, wenn die den Anlauf der Verjährungsfrist begründenden Tatsachen zwischen den Parteien wie vorliegend unstreitig sind, liegt auf der Hand (vgl. zu §§ 529, 531 ZPO etwa BGH, Beschluss vom 31.07.2013 – IV ZR 158/12, juris Rn. 15 ff.) und stellt auch die Klägerin nicht in Abrede. Dafür war es lediglich erforderlich, den Beginn der Verjährungsfrist darzulegen, der sich gemäß den hierfür nach § 11 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UWG erforderlichen Tatsachen der Anspruchsentstehung und diesbezüglicher Kenntnis der Klägerin aus der unstreitigen Versendung ihres an die Beklagte gerichteten Abmahnschreibens ergibt. Nachdem bereits das Landgericht die Einrede für beachtlich erachtet hat, wäre eine erstinstanzlich unterlassene Zurückweisung verspäteten Vortrags in der Berufungsinstanz ohnehin prozessual überholt.

cc) Der Ablauf der Verjährungsfrist ist nicht wegen zwischenzeitlich geführter Verhandlungen der Parteien gemäß § 203 BGB gehemmt worden, wofür auf die insoweit zutreffenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen werden kann. Auch ein Neuanlauf der Verjährung durch ein von der Beklagten abgegebenes Anerkenntnis gemäß § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB scheidet hier entgegen der Auffassung der Klägerin aus, und zwar schon deshalb, weil die von ihr dafür angeführten Umstände, insbesondere die vermeintlich auf ein Anerkenntnis deutende nicht sofortige Erhebung der Verjährungseinrede seitens der Beklagten in der I. Instanz, sämtlich nach Ablauf der sechsmonatigen Verjährungsfrist des § 11 Abs. 1 UWG eingetreten sind und daher von vornherein nicht mehr geeignet waren, den Neubeginn der Verjährungsfrist zu begründen. Eine verjährungsunterbrechende Wirkung hat ein Anerkenntnis nur innerhalb noch laufender Verjährungsfrist (siehe nur BGH, Urteil vom 27.01.2015 – VI ZR 87/14, juris Rn. 11; Grüneberg/Ellenberger, BGB, 82. Auflage, § 212 Rn. 2; jeweils mwN). Ungeachtet dessen liegt in einer Verteidigung, die im Prozess zunächst „nur“ die Tatbestandsvoraussetzungen eines geltend gemachten Anspruchs in Abrede stellt, ohne sogleich die Einrede der Verjährung zu erheben, und in der sodann nachträglichen Erhebung der Verjährungseinrede, ersichtlich noch kein Verhalten, dass ein tatsächliches Anspruchsanerkenntnis begründen kann. Im Streitfall hat die Beklagte zudem nach Erhalt der vorgerichtlichen Abmahnung der Klägerin und vor Erhebung der hiesigen Leistungsklage ihrerseits negative Feststellungsklage gegen den geltend gemachten Unterlassungsanspruch erhoben.

dd) Dass sich im Übrigen aus der Erhebung dieser negativen Feststellungsklage durch die Beklagte auch selbst kein Hemmungstatbestand ableiten lässt, hat bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt. Die in den §§ 203, 204 Abs. 1 BGB normierten Hemmungstatbestände verlangen, dass ein Gläubiger seinen Anspruch aktiv verfolgt, um den Eintritt der Verjährung zu verhindern. Deshalb genügen die Erhebung einer negativen Feststellungsklage durch den Schuldner und die Verteidigung des Gläubigers hiergegen nicht, um eine Hemmung der Verjährung zu bewirken (vgl. BGH, Urteil vom 15.08.2012 – XII ZR 86/11, juris Rn. 29)…“

Auch ein geführter Patentrechtsstreit in anderer Sache führte nicht zu einer Hemmung der Verjährung. Dazu das Gericht wie folgt in den Entscheidungsgründen:

„…Es ist ferner keine Hemmung der sich für den geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch nach § 11 Abs. 1 UWG richtenden kurzen Verjährung durch das von der Klägerin vor dem Landgericht Berlin geführte Patentverletzungsverfahren eingetreten. Eine Hemmung der Verjährung durch einen anderen Rechtsstreit wird grundsätzlich nur erreicht, wenn derselbe Streitgegenstand betroffen ist (BGH, Urteil vom 21.03.2000 – IX ZR 183/98, juris Rn. 12; Palandt/Ellenberger, aaO, § 204 Rn. 13 mwN). Dabei ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht nur erheblich, dass durch beide Rechtsstreitigkeiten ein Vorgang aus einem im weitesten Sinne im Zusammenhang stehenden historischen Lebenssachverhalt betroffen ist, sondern entscheidend ist das im Rechtsstreit jeweils verfolgte Klageziel. Denn die jeweilige Klageerhebung unterbricht die Verjährung nur für Ansprüche in der Gestalt und im Umfang, wie sie mit der Klage geltend gemacht wurden, also nur für den streitgegenständlichen prozessualen Anspruch, der Gegenstand der Klage ist. Im Rahmen eines den Streitgegenstand bildenden prozessualen Leistungsanspruchs umfasst die zur Verjährungshemmung führende Rechtshängigkeit dann alle materiell-rechtlichen Ansprüche, die den Klageantrag zu begründen vermögen (BGH, Urteil vom 17.10.1995 – VI ZR 246/94, juris Rn. 18).

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt die Klägerin der Beklagten zu untersagen, vormals für sie – die Klägerin – tätige Mitarbeiter einzustellen und dadurch vermeintlich zum Vertragsbruch gegen ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot zu verleiten (Hauptvortrag zum Antrag zu 1. zu § 4 Nr. 4 UWG) bzw. sich dadurch unbefugt Geschäftsgeheimnisse zu verschaffen (Hilfsvortrag zum Antrag zu 1. zu § 17 Abs. 2 UWG a.F. bzw. § 4 Abs. 3 GeschGehG). In dem Patentrechtsstreit hat die Klägerin hingegen beantragt, der Beklagten zu untersagen, ein bestimmtes technisches Verfahren zur Gewinnung pflanzlicher Proteinfraktionen anzuwenden, wenn dabei besonders bezeichnete Verfahrensschritte eingehalten werden (vgl. Anlage BK 1, Bl. 837 d.A.). Mit der damit verlangten Unterlassung der Verletzung eines Patents hat die Klägerin schon mit Rücksicht auf die insoweit verschiedenen Handlungen der Beklagten und zu prüfenden Anspruchsgrundlagen ein anderes Begehren verfolgt als mit der hier klagegegenständlichen vorgerichtlichen Abmahnung der Beklagten und damit aber ein anderes Klageziel als im hiesigen Rechtsstreit. Das Landgericht ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass der prozessuale Anspruch, der mit dem Patentverletzungsverfahren verfolgt wurde, hinsichtlich des Streitgegenstandes nicht identisch war mit demjenigen, der hier auf der Grundlage der Klageschrift vom 18.07.2017 (Bl. 10 ff. d.A.) geltend gemacht wird…“

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