E-Commerce-Recht,  Wettbewerbsrecht

LG München I:Rechtsmissbrauch im UWG?

Rechtsmissbrauch im UWG? – Diesen Einwand hatte das LG München I in einem wettbewerbsrechtlichen Verfahren zwischen einem Wettbewerbsverein und einem Unternehmen zu prüfen, dass unter anderem auf Amazon Futtermittel für Tiere angeboten hatte. Dabei wurde nach Ansicht des klagenden Vereins ein Verstoß gegen Art. 13 Abs. 3 lit. a) der Verordnung EG 767/2009 wegen einer krankheitsbezogenen Werbung begangen. Dieser ist zugleich ein Verstoß gegen § 3a UWG

Rechtsmissbrauch im UWG? – Greift hier nach Ansicht des Gerichts nicht

Zudem wurde gegen die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs im einstweiligen Verfügungsverfahren der Einwand des Rechtsmissbrauchs nach § 8c UWG erhoben und auf verschiedene Argumente gestützt.

Diesen Argumenten folgte das LG München I in seinem Endurteil vom 1. Dezember 2021 (Az.:17 HK O 14156/21) nicht.

Dazu fasst das Gericht in den Entscheidungsgründen den Vortrag wie folgt zusammen (nachfolgend der Auszug der Darstellung im Tatbestand des Urteils):

„…Die Verfügungsbeklagte macht im Wesentlichen geltend, der Antrag sei unzulässig. Der Verfügungskläger sei nicht aktivlegitimiert. Ihm gehörten nicht ausreichend viele Mitglieder an, die vergleichbare Waren wie die Verfügungsbeklagte anböten. 22 Unternehmen seien ohnehin nicht repräsentativ. Die Verfügungsbeklagte bestreitet, dass es sich bei den 22 genannten Unternehmen zum Zeitpunkt der Abmahnung um aktive Mitglieder des Antragstellers handele. Von den 22 Unternehmen vertrieben zwei überhaupt keine Produkte im Bereich Tierbedarf. Lediglich drei Unternehmen verkauften vergleichbare Produkte (Einzelfuttermittel, Ergänzungsfuttermittel oder Mittel zur Parasitenabwehr für den Tierbereich). Lediglich ein Unternehmen von diesen habe auch „Zistrosenkraut“ als Einzelfuttermittel im Sortiment. Zudem würden diese drei Unternehmen mehrere Ergänzungsfuttermittel mit Aussagen zur „Zecken-Abwehr“ bewerben, die weit schlimmer seien als die Verstöße, die der Verfügungsbeklagten vorgeworfen würden. Erschwerend komme hinzu, dass eines der drei Unternehmen die Verfügungsbeklagte auf der Handelsplattform Amazon kurz vor Erhalt der Abmahnung bedroht und beleidigt habe. Es habe verlangt, den Verkauf aller Produkte einzustellen, während es selbst für vergleichbare Produkte auf eine sehr extreme Weise werbe (vgl. Anlage 2). Dieses Unternehmen verschaffe sich mit Unterstützung des Verfügungsklägers auf unlautere Weise einen Vorteil. Es sei unter Verweis auf die Rechtsprechung des LG Frankfurt am Main (Urteil vom 27.08.2021, Az. 3-10 O 123/19) rechtsmissbräuchlich, wenn ein Verband einen Händler wegen eines bestimmten Verstoßes abmahne, während die eigenen Mitglieder den gleichen Verstoß begehen und nicht vom Verband darauf hingewiesen oder abgemahnt würde…“

Nachfolgend die Ausführungen des Gerichts zu dem Vortrag der Verfügungsbeklagten:

„…a) Die Verfügungsbeklagte rügt insbesondere unter Verweis auf eine Rechtsprechung des Landgerichts Frankfurt am Main (Urteil vom 27. August 2021 – Aktenzeichen 10 O 123/19 = Anlage 4), dass der Verfügungskläger rechtsmissbräuchlich handele, weil drei Unternehmen mit vergleichbaren Produkten zur Zeckenabwehr Mitglieder des Verfügungsklägers seien und diese unbeanstandet vom Verfügungskläger ihre Produkte vertrieben, wodurch der Verfügungskläger diesen Unternehmen auf unlautere Weise einen Vorteil verschaffe. Überdies habe eines dieser drei Unternehmen die Verfügungsbeklagte bedroht und beleidigt.

b) Entgegen dem Fall des Landgerichts Frankfurt am Main in dem von der Verfügungsklägerin zitierten Urteil kann das Gericht hier nicht feststellen, dass der Verfügungskläger vorrangig gegen Nichtmitglieder vorgeht und dabei planmäßig gleichartige Wettbewerbsverstöße seiner Mitglieder duldet.

Die Verfügungsbeklagte hat bereits eine solche Planmäßigkeit nicht hinreichend substantiiert dargetan, sondern lediglich den entsprechenden Vorwurf auf Basis von Annahmen erhoben. Dem ist der Verfügungskläger entgegengetreten und hat zum einen vorgebracht, dass 8,3% seiner Abmahnungen gegen eigene Mitglieder gerichtet seien und zum anderen betreffe dieses Vorgehen auch die von der Verfügungsbeklagten benannten Produkte. In diesem Zusammenhang habe der Antragsteller zahlreiche strafbewehrte Unterlassungserklärungen erwirkt sowie das Verbot diverser Bezeichnungen und Produkte. In einem Fall sei gegen eines dieser drei genannten Unternehmen mittlerweile Klage erhoben.

Unabhängig davon hat der Verfügungskläger in der mündlichen Verhandlung am 1. Dezember 2021 erklärt, er nehme die Hinweise der Verfügungsbeklagten als Prüfauftrag auf.

c) Gleichfalls ergibt sich aus der geltend gemachten Beleidigung und Bedrohung der Verfügungsbeklagten durch ein Mitglied des Verfügungsklägers kein Rechtsmissbrauch.

Die Handlungen der eigenen Mitglieder sind dem Verfügungskläger nicht anzulasten. Hierfür haftet er mangels Zurechnung nicht.

d) Schließlich begründen die übrigen Vorwürfe der Verfügungsbeklagten gegen das Handeln des Verfügungsklägers ebenfalls keinen Rechtsmissbrauch.

Dies wird durch die Eintragung des Verfügungsklägers in die Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände gemäß § 8b UWG belegt. Hierfür hat eine Prüfung stattgefunden, ob der Verfügungskläger als Wettbewerbsverband rechtsmissbräuchlich gehandelt habe. Dass die gegen die Eintragung des Verfügungsklägers vorgebrachten Vorwürfe nicht durchgegriffen haben, zeigt die aktuelle Listung…“

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