E-Commerce-Recht,  Wettbewerbsrecht

LG Berlin: Wettbewerbsrechtliche Haftung für Inhalte von beauftragter Suchmaschinenwerbeanzeige

So das LG Berlin in einem wettbewerbsrechtlichen einstweiligen Verfügungsverfahren (Urteil vom 8. Juni 2022, Az.: 52 O 226/22). Dort war in einer Werbeanzeige in einer Internetsuchmaschine für Produkte unter der Angabe von Produktbezeichnungen geworben worden, die Produkte aber durch den Werbenden nicht verkauft worden. Dies war als irreführend nach § 5 UWG beanstandet worden. Da sin Anspruch genommene Unternehmen hatte unter anderem darauf verwiesen, dass die Inhalte der Werbeanzeige durch den Betreiber der Internetsuchmaschine aufgrund von dynamischen Keywords erstellt worden war. Dies entbindet, so das Gericht, aber nicht von der rechtlichen Verantwortlichkeit und somit wurde dem geltend gemachten Unterlassungsanspruch stattgegeben. Das Gericht begründet unter anderem wie folgt:

„…Die Antragsgegnerin haftet für die irreführende Werbung. Dahinstehen kann, ob sie die gegenständliche Google-Anzeige selbst erstellt oder Google mit der Erstellung aus Grundlage dynamischer Keywords beauftragt hat. Denn ihr Verhalten ist adäquat kausal für die eingetretene Irreführung.

Schuldner der in § 8 Abs. 1 UWG geregelten Abwehransprüche ist jeder, der durch sein Verhalten den objektiven Tatbestand einer Zuwiderhandlung selbst, durch einen anderen oder gemeinschaftlich mit einem anderen adäquat kausal verwirklicht oder sich als Teilnehmer an der deliktischen Handlung eines Dritten beteiligt. Das Kriterium der Adäquanz dient im Rahmen der Feststellung des Zurechnungszusammenhangs dem Zweck, diejenigen Kausalverläufe auszugrenzen, die dem Schädiger billigerweise nicht mehr zugerechnet werden können. Im Deliktsrecht besteht ein adäquater Zusammenhang zwischen Tatbeitrag und Taterfolg, wenn eine Tatsache im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, ganz unwahrscheinlichen und nach regelmäßigem Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen zur Herbeiführung eines Erfolgs geeignet ist. Hieran kann es fehlen, wenn der Geschädigte oder ein Dritter in völlig ungewöhnlicher und unsachgemäßer Weise in den schadensträchtigen Geschehensablauf eingreift und eine weitere Ursache setzt, die den Schaden erst endgültig herbeiführt. Bei der Ermittlung der Adäquanz ist auf eine nachträgliche Prognose abzustellen, bei der neben den dem Schädiger bekannten Umständen alle einem optimalen Betrachter zur Zeit des Eintritts des Schadensereignisses erkennbaren Gegebenheiten zu berücksichtigen sind. Der so festgestellte Sachverhalt ist unter Heranziehung des gesamten, zur Zeit der Beurteilung zur Verfügung stehenden menschlichen Erfahrungswissens darauf zu prüfen, ob er den Eintritt des Schadens in erheblicher Weise begünstigt hat (BGH GRUR 2016, 961 Rn. 32, 34 jeweils m.w.N. – Herstellerpreisempfehlung bei Amazon).

Nach diesem Maßstab ist die Beauftragung von Google durch die Antragsgegnerin adäquat kausal für die Irreführung des angesprochenen Publikums gewesen.

Mit der Nutzung des Anzeigenangebots von Google lässt die Antragsgegnerin im eigenen Namen eine Werbeanzeige veröffentlichen, obwohl sie – im Fall von dynamischen KeyWords – deren inhaltliche Gestaltung nicht vollständig beherrscht, weil Google den konkreten Inhalt des Anzeigentitels erstellt. Diese Möglichkeit der Einflussnahme auf die inhaltliche Gestaltung führt – wie dem objektiven Betrachter im Vorhinein ohne Weiteres erkennbar ist – im Falle der Hinzufügung einer Marke eines Dritten, die die Antragsgegnerin nicht im Angebot hat, zum irreführenden Gehalt der Werbeanzeige. Bei wertender Betrachtung liegt es aber keinesfalls außerhalb der Lebenserfahrung, dass es zu Wettbewerbsverstößen oder Markenrechtsverletzungen kommt, da Google in den vorgelegten Nutzungsbedingungen sogar auf ein solches Risiko hinweist (vgl. Seite 19 der Antragsschrift), so dass eine rechtsverletzende Werbung nicht als völlig ungewöhnliche und unsachgemäße Handlungsweise angesehen werden kann, die die Adäquanz entfallen ließe….“

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