E-Commerce-Recht,  Wettbewerbsrecht

Update: LG München I: Entscheidung zur neuen Angabepflicht bei Preisermäßigungen nach § 11 PAngV

Entscheidung zur neuen Angabepflicht bei Preisermäßigungen nach § 11 PAngV – Die Anwendung der neuen Vorschrift, die seit dem 28. Mai 2022 Geltung hat, hatte das LG München I in einem einstweiligen Verfügungsverfahren unter Anwendung der Vorschrift des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) zu klären. Gemäß Pressemitteilung des Gerichts vom 10.Oktober 2022 sah das Gericht in seinem Urteil vom 10. Oktober 2022 (Az.: 42 O 9140/22) einen Verstoß gegen die benannte Regelung, da der Werbende im Rahmen der Werbung mit einer Preisgegenüberstellung nicht den nach § 11 I PAngV niedrigsten Gesamtpreis angegeben hatte, den er innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern angewendet hatte, sondern den teuersten auf der Plattform ermittelbaren Verkaufspreis. Dies stellte dann auch ein Verstoß gegen § 3a UWG dar.

Hier der Link zur Pressemitteilung: https://www.justiz.bayern.de/gerichte-und-behoerden/landgericht/muenchen-1/presse/2022/23.php

Update:

Zwischenzeitlich sind die Entscheidungsgründe veröffentlicht worden. Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus, dass § 11 PAngV eine Markverhaltensregelung nach § 3a UWG darstellen und begründet dann, warum die im Streitfall vorgenommene Darstellung unzulässig war. Dazu das Gericht unter anderem wie folgt:

„…Der Verfügungsklägerin steht im Hinblick auf die streitgegenständliche Darstellung der Verkaufsangebote der Verfügungsbeklagten mit Streichpreisen (vgl. Anlage AS 12) der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 3 a) UWG i.V.m. § 11 PAngV zu.

Nach § 3a UWG handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

aa. Die streitgegenständliche Darstellung der Verkaufsangebote der Verfügungsbeklagten mit Streichpreisen (vgl. Anlage AS 12) stellt eine geschäftliche 42 O 9140/22 – Seite 19 – Handlung der Verfügungsbeklagten gegenüber Verbrauchern dar, die objektiv geeignet ist, ihren eigenen Wettbewerb zu fördern, § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG.

bb. Bei § 11 Abs. 1 der PangV handelt es sich um eine gesetzliche Vorschrift, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln (Köhler/Bornkamm, Feddersen/Köhler, 40. Aufl. 2022, UWG § 3a Rn. 1.256 ff.). Wer zur Angabe eines Gesamtpreises verpflichtet ist, hat gegenüber Verbrauchern bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung für eine Ware den niedrigsten Gesamtpreis anzugeben, den er innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern angewendet hat, § 11 Abs. 1 PangV.

Die Verfügungsbeklagte, die u.a. Parfums an Verbraucher vertreibt, ist nach § 3 Abs. 1 PangV zur Angabe eines Gesamtpreises verpflichtet, da sie als Unternehmer Verbrauchern Waren oder Leistungen anbietet.

Entgegen dem Vortrag der Verfügungsbeklagten ist die Anwendung der PangV im vorliegenden Fall nicht ausgeschlossen, weil lediglich vorgegebene Preise von Händlern dargestellt und verglichen werden würden, und nicht Preisreduzierungen. Wenn die Verfügungsbeklagte im Rahmen ihrer Verkaufsangebote (vgl. Screenshots, Anlage AS 12) bei dem Bezahlvorgang innerhalb der Bestellübersicht einen durchgestrichenen Preis einem Verkaufspreis gegenüberstellt, kann dieser jedoch als nichts anderes als eine Preisermäßigung wahrgenommen werden. Eine etwaige vorgeschaltete Rolle als Vergleichsportal hat die Verfügungsbeklagte hier nicht inne. Sie ist ausschließlich Händlerin, die einen Direktkauf anbietet.

cc. In der Sache liegt ein Verstoß gegen § 11 Abs. 1 PangV vor. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 11 Abs. 1 PangV hat derjenige, der zur Angabe eines Gesamtpreises verpflichtet ist (die Verfügungsbeklagte), gegenüber Verbrauchern bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung für eine Ware den niedrigsten Gesamtpreis anzugeben, den er (die Verfügungsbeklagte) innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern angewendet hat. Auf Preise von anderen auf der Website der Verfügungsbeklagten gelisteten Händlern darf nicht abgestellt werden.

Entgegen der Vorschrift bezieht sich der Streichpreis bei der Darstellung der Verkaufsangebote mit Streichpreisen (vgl. Anlage AS 12) nicht auf den günstigsten von der Antragsgegnerin angewandten Preis innerhalb der letzten 30 Tage. In Bezug genommen ist stattdessen eine völlig andere Größe, nämlich der Verkaufspreis des teuersten Angebotes auf der Plattform für das konkrete Produkt. dd. Der Verstoß gegen § 11 Abs. 1 PangV ist unlauter im Sinne des § 3a UWG, da er geeignet ist die Interessen von Verbrauchern und Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. Im streitgegenständlichen Fall ist der Verstoß geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen – den Kauf eines durch die Verfügungsbeklagte vertriebenen Markenparfums – die er andernfalls möglicherweise nicht getroffen hätte. Die streitgegenständliche Streichpreiswerbung verhindert, die Vor- und Nachteile seiner geschäftlichen Entscheidung zu erkennen, abzuwägen und eine „effektive Wahl“ zu treffen (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 40. Aufl. 2022, UWG § 3a Rn. 1.103). Die Interessen der Mitbewerber sind ebenfalls spürbar beeinträchtigt, da sich die Verfügungsbeklagte durch den Verstoß gegen § 11 Abs. 1 PangV einen nicht unerheblichen Wettbewerbsvorsteil verschaffen kann (Köhler/Bornkamm, Feddersen/Köhler, 40. Aufl. 2022, UWG § 3a Rn. 1.100)…“

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