Ist dies nicht der Fall, dann liegt eine wettbewerbsrechtliche Irreführung nach § 5 UWG vor. So das Gericht in seinem Urteil vom 18. Juni 2023 (Az.: 38 O 42/23) im Rahmen eines wettbewerbsrechtlichen einstweiligen Verfügungsverfahrens. Das beklagte Unternehmen hatte nach den Feststellungen des Gerichts einige Produkte beworben und dabei unter der Rubrik „Sale“ aber einen aktuellen Verkaufspreis verwendet, der bereits zeitlich vor der Werbeaktion liegend verwendet worden war. Das Gericht begründet in den Entscheidungsgründen unter anderem wie folgt:
„…Nach diesem Verständnis sind die von der Antragstellerin mit ihrem Antrag 2 angegriffenen Darstellungen irreführend, weil sie geeignet sind, den (unzutreffenden) Eindruck zu erwecken, die Antragsgegnerin habe ihre eigenen Preise für die im Rahmen des „Sale“ angebotenen Produkte abgesenkt.
aa) Die Darstellung im oberen Bereich der Startseite (Anlage AS 2) mit dem eingerichteten und hervorgehoben darstellten Verzeichnis „Sale“, dessen Bewerbung mit Prozentzeichen und den im Tatbestand geschilderten werblichen Anpreisungen wird der Verbraucher als (Eigen‑)Preissenkungswerbung wahrnehmen und dabei davon ausgehen, dass ihm im Sale Waren angeboten werden, bei denen die Antragsgegnerin den von verlangten Preis herabgesetzt hat. Diese Erwartungserhaltung ergibt sich zwangslos aus den von der Antragsgegnerin verwandten Gestaltungsmitteln.
Das gilt bereits für die Benennung des Verzeichnisses „Sale“. Ausgangspunkt der Ermittlung des Verständnisses einer Aussage ist regelmäßig deren Wortsinn, da eine für die breite Öffentlichkeit bestimmte Angabe gewöhnlich von einem erheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise entsprechend dem allgemeinen Sprachgebrauch und dem allgemeinen Sprachverständnis verstanden wird (vgl. BGH, vom 7. April 2022 – I ZR 5/21 – Kinderzahnärztin [unter B II 3 c cc (1)]; Urteil vom 8. März 2012 – I ZR 202/10 – Marktführer Sport [unter II 4 a]; Urteil vom 26. September 2002 – I ZR 89/00 – THERMAL BAD [unter II 2 a]). Mit „Sale“ ist nach dem allgemeinen Sprachverständnis (vgl. den Eintrag in dem von der Bibliographisches Institut GmbH [Dudenverlag] herausgegebenen und auf ihrer Internetpräsenz duden.de zum Abruf bereitgestellten Wörterbuch, einer verbreitet herangezogenen und den allgemeinen Sprachgebrauch abbildenden Quelle) ein „Schlussverkauf zu ermäßigten Preisen“ gemeint. Dieselbe Definition zeigt die Suchmaschine Google als Definition von Oxford Languages an. Das entspricht der Herkunft des Wortes aus dem englischen Sprachraum, wo es zur Bezeichnung von Aus-, Schluss- und Sonderverkäufen – teils versehen mit Zusätzen wie „clearance“, „mid season“, „autumn“ oder „Boxing Day“ – gebraucht wird und wie es seit der Aufhebung der Vorschriften zum Sonderveranstaltungsrecht im Juli 2004 zunehmend Eingang in die deutsche (Werbe‑)Sprache als Ersatz für die genannten deutschen Bezeichnungen gefunden hat. Entsprechend dieser Wortbedeutung versteht der Verbraucher den Begriff „Sale“ als Preissenkungswerbung und Hinweis auf Sonderangebote. Er wird deshalb naheliegend davon ausgehen, die Antragsgegnerin habe im Verzeichnis „Sale“ diejenigen Waren zusammengestellt, für die sie abgesenkte Preise verlangt. Weiter wird er annehmen, dass es sich dabei um Eigenpreisabsenkungen handelt, weil von einer Absenkung eines Preises nur die Rede sein kann, wenn der Preis zuvor höher lag, und es die Preisabsenkung ist, die ein Angebot zu einem Sonderangebot macht. Nicht erwarten wird er demgegenüber, dass ihm in dem Verzeichnis „Sale“ Angebote präsentiert werden, deren Preisgünstigkeit aus der Gegenüberstellung mit einem anderen Faktor als dem bisherigen Eigenpreis hergleitet werden soll, weil sich ein Ausverkauf (oder Sale) begrifflich durch die Absenkung von Altpreisen auszeichnet.
Die von der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung geäußerte Ansicht, das Wort „Sale“ werde heutzutage allgemein zur Bezeichnung von preisgünstigen Angeboten verwandt, ist nicht mit konkretem Vortrag unterlegt und entspricht nicht der Wahrnehmung der Kammer. Abgesehen davon sind etwaige Beobachtungen eines sprachlich undifferenzierten Gebrauchs des Wortes „Sale“ kein Beleg eines allgemeinen Sprach- und Bedeutungswandels dieses Begriffs, sondern Beispiele unlauterer – nämlich die wahre Sachlage verschleiernder und damit irreführender – Werbung, wenn auf diese Weise keine Eigenpreissenkungen, sondern andere Gestaltungen wie beispielsweise „UVP-Schnäppchen“ vorgestellt werden.
Die von erheblichen Teilen des Verkehrs nach alledem schon aufgrund der Wortwahl der Antragsgegnerin eingenommene Erwartungshaltung wird bestätigt und verstärkt durch die Angaben „NUR FÜR KURZE ZEIT!“ und „JETZT SPAREN“, die ihrerseits aufgrund des enthaltenen zeitlichen Bezugs den Eindruck einer gerade durchgeführten Preisabsenkung hervorrufen (vgl. BGH, Urteil vom 15. Dezember 1999 – I ZR 159/97 – Preisknaller, GRUR 2000, 337 [unter I 2 b])…“