Datenschutzrecht,  Wettbewerbsrecht

Schlussanträge des Generalanwaltes beim EuGH: DSGVO steht nationalen Ansprüchen, in Deutschland dem UWG, nicht entgegen, dass auch Mitbewerber Verstöße gegen die DSGVO mittels des Wettbewerbsrechts geltend machen können

So die am 25. April 2024 (Az.: C‑21/23) veröffentlichten Ausführungen im Ergebnis. Der Bundesgerichtshof hatte dem EuGH zwei Fragen im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens vorgelegt. Die Frage, der möglichen Verfolgung über das UWG durch Mitbewerber von Verstößen gegen die DSGVO bejaht der Generalanwalt in seinen ausführlichen Erwägungen. Er führt unter anderem aus:

„..Das sodann die mit der DSGVO verfolgten Ziele betrifft, geht aus dem 10. Erwägungsgrund dieser Verordnung hervor, dass diese insbesondere darauf abzielt, sowohl ein hohes Schutzniveau für natürliche Personen als auch eine gleichmäßige und einheitliche Anwendung der Vorschriften zum Schutz der Grundrechte und Grundfreiheiten von natürlichen Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten zu gewährleisten.

Meines Erachtens wird keines dieser Ziele dadurch gefährdet, dass einem Unternehmen die Möglichkeit geboten wird, gegen einen Mitbewerber eine Unterlassungsklage auf der Grundlage des Verbots unlauterer Wettbewerbshandlungen zu erheben, indem es sich darauf beruft, dieser habe gegen die Bestimmungen der DSGVO verstoßen. Zum einen dürfte das hohe Schutzniveau für natürliche Personen bei der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten durch die einem Unternehmen eingeräumte erweiterte Möglichkeit, sich auf eine Verletzung der materiellen Bestimmungen der DSGVO durch einen Mitbewerber zu berufen, erreicht oder sogar verstärkt werden. Zum anderen wird die Verwirklichung des Ziels, einen gleichmäßigen und einheitlichen Schutz innerhalb der Union zu gewährleisten, durch die auch anderen als nur den betroffenen Personen eingeräumte Möglichkeit, sich auf diese Bestimmungen zu berufen, nicht gefährdet. Selbst wenn einzelne Mitgliedstaaten eine solche Möglichkeit nicht vorsähen, würde dies nämlich nicht zu einer Fragmentierung der Umsetzung des Datenschutzes in der Union führen, weil die materiellen Bestimmungen der DSGVO für alle Unternehmen gleichermaßen verbindlich sind und ihre Einhaltung durch die in dieser Verordnung vorgesehenen Rechtsbehelfe sichergestellt wird.

Was schließlich die praktische Wirksamkeit der DSGVO betrifft, die durch die einem Unternehmen eingeräumte Möglichkeit, unter Berufung auf einen Verstoß gegen die DSGVO eine Unterlassungsklage gegen einen Mitbewerber zu erheben, in keiner Weise in Frage gestellt wird, bin ich, wie bereits erwähnt, der Ansicht, dass diese Wirksamkeit durch den Umstand verstärkt wird, dass die Einhaltung der Bestimmungen dieser Verordnung auch im Rahmen von Gerichtsverfahren sichergestellt werden kann, die sich von denen unterscheiden, die in dem durch diese Verordnung eingeführten System von Rechtsbehelfen vorgesehen sind.

Unter diesen Umständen bin ich der Auffassung, dass eine Unterlassungsklage, die ein Unternehmen gegen einen Mitbewerber erhebt, indem es sich darauf beruft, dieser habe gegen die Bestimmungen der DSGVO verstoßen, neben den durch Kapitel VIII der DSGVO eröffneten Rechtsbehelfen bestehen kann, weil sie diese nicht beeinträchtigt und die Ziele und die praktische Wirksamkeit dieser Verordnung nicht gefährdet.

Daher schlage ich dem Gerichtshof vor, zu entscheiden, dass die Bestimmungen von Kapitel VIII der DSGVO nationalen Vorschriften nicht entgegenstehen, die den Unternehmen das Recht einräumen, sich auf der Grundlage des Verbots von Handlungen unlauteren Wettbewerbs darauf zu berufen, dass ihre Mitbewerber gegen die materiellen Bestimmungen der DSGVO verstoßen hätten…

Hinweis des Autors:

Dies ist noch kein Urteil des EuGH. Dieses wird noch gesprochen, in den meisten Fällen wird aber der Ansicht aus den Schlussanträgen des Generalanwaltes in den Entscheidungen gefolgt.

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