BGH: Deutscher Verbraucher hat ein Widerrufsrecht, wenn er bei einem Unternehmen in der Schweiz „Kauf- und Dienstleistungsverträgen“ über Teakbäume in Costa Rica online abschließt
Und dieses Widerrufsrecht ist sogar zeitlich unbefristet, wenn keine Information zum Widerrufsrecht durch den Unternehmer erteilt wird. So das Gericht nach der vorliegenden Pressemitteilung mit Urteil vom 15. Mai 2024, Az.: VIII ZR 226/22, in einem Rechtsstreit, in dem der Widerruf den Kern der Rechtsstreitigkeit darstellte.
LG Arnsberg: fehlende Telefonnummer in Widerrufsbelehrung bei Fernabsatzverträgen führt nicht zur Verlängerung der Widerrufsfrist auf maximal 12 Monate und 14 Tage in Anwendung der §§ 356 III S. 2, 355 II S. 2, 356 II Nr. 1a BGB
So das Gericht mit Urteil vom 22. Februar 2024 (Az.: 4 O 273/23) in einem Rechtsstreit mit einem bekannten Unternehmen aus den USA, dass Elektroautos baut. Der klagende Käufer hatte einen Widerruf seines Vertrages erklärt. Das beklagte Unternehmen hatte in der verwendeten Widerrufsbelehrung keine Telefonnummer angegeben, obwohl eines solche auf der Internetseite angegeben war. Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus: „…Die Angabe einer Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung ist folglich nach dem Wortlaut der einschlägigen Normen für den Beginn der Widerrufsfrist bereits nicht notwendig. § 356 Abs. 3 BGB stellt für den Beginn der Widerrufsfrist bei Fernabsatzverträgen (§ 312c BGB) auf Art. 246a § 1 Abs. 2 S.…
LG Arnsberg: bloße Wahl von Ausstattungsmerkmalen eines Neuwagens führt nicht zum Ausschluss des Widerrufsrechts bei Fernabsatzverträgen, da keine Individualisierung nach § 312g II Nr. 1 BGB
So das Gericht mit Urteil vom 22. Februar 2024 (Az.: 4 O 273/23) in einem Rechtsstreit mit einem bekannten Unternehmen aus den USA, dass Elektroautos baut. Der klagende Käufer hatte einen Widerruf seines Vertrages erklärt. Das beklagte Unternehmen konnte nicht mit dem Argument durchdringen, dass kein Widerrufsrecht für die angebotenen Kfz bestehe. Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen aus: „…Die Kammer geht zunächst davon aus, dass dem Kläger dem Grunde nach ein Widerrufsrecht zusteht, da die bloße Wahl von Ausstattungsmerkmalen eines Neuwagens noch keine Individualisierung des Gegenstandes im Sinne des § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB ist (vgl. BeckOGK-BGB/Busch, § 312g Rn. 17). Gemeint sind in § 312g Abs.…
EuGH: Widerrufsrecht besteht nur einmal, wenn aus kostenlosem Probeabo automatisch die Verlängerung zu einem kostenpflichtigen Abo erfolgt
Dies gilt nur dann nicht, wenn nicht klar und verständlich über das kostenpflichtige Abo informiert wird, dass bei einer Verlängerung entsteht. So das Gericht in einem Vorabentscheidungenersuchen aus Österreich in seinem Urteil vom 05. Oktober 2023 (Az.: C-565/22). Es führt unter anderem aus, dass nach der Verbraucherrechterichtlinie (VRRL) als anwendbares EU-Recht eben kein weiteres Widerrufsrecht bei der „Umwandlung“ in das kostenpflichtige Abo entstehe. Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus: „…Auch wenn der Verbraucher beim Abschluss eines Vertrags, der einen kostenlosen Zeitraum der Erbringung von Dienstleistungen vorsieht, vom Unternehmer klar, verständlich und ausdrücklich darüber informiert wird, dass diese Leistung nach dem kostenlosen Zeitraum kostenpflichtig wird, wenn der Vertrag…
EuGH: fehlende oder falsche Widerrufsbelehrung durch Unternehmer bei Dienstleistung= kein Anspruch auf Vergütung und/oder Wertersatz
So das Gericht in seinem Urteil vom 17. Mai 2023 (Az.: C-97/22) in einem Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichts Essen. Dieses hat einen Rechtsstreit zu entscheiden, in dem nach Erbringung der Dienstleistung durch den Verbraucher der Widerruf erklärt wurde. Der Verbraucher verweigerte die Zahlung der vereinbarten Vergütung und verwies dabei darauf, dass trotz des vorliegenden Fernabsatzvertrages keine Information zum Widerrufsrecht erteilt worden war. Dies führt dazu, so der EuGH in seiner Entscheidung, dass kein Anspruch auf Vergütung besteht. Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen dazu unter anderem aus: „…Daraus folgt, dass in dem Fall, dass der betreffende Unternehmer es vor Abschluss eines Vertrags außerhalb von Geschäftsräumen im Sinne von Art. 2 Nr.…
BGH: Verschärfung der Rechtsprechung zur Verwendung der Muster-Widerrufsbelehrung
In einem Verfahren, in dem eine Widerrufsbelehrung bei einem Maklervertrag streitig war, hat der BGH in seinem Urteil vom 1. Dezember 2022, Az.: I ZR 28/22, entschieden, dass die Schutzwirkung der Gesetzlichkeitsfiktion aus Art. 246a § 1 II 2 EGBGB nur dann, wenn Muster-Widerrufsbelehrung aus Anlage 1 zu Artikel 246a § 1 II 2 EGBGB ohne Änderung verwendet und richtig angepasst wird. Im Streitfall konnte sich der Verwender der Widerrufsbelehrung nicht auf den Schutz des gesetzlichen Musters berufen, da er „am Tag des Vertragsschlusses“ anstatt „am Tag des Vertragsabschlusses“ verwendet hatte. Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus: „…Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kommt die Schutzwirkung der Gesetzlichkeitsfiktion…
OLG Nürnberg: Regelmäßige Verkaufsannoncen im Internet und Vertragsschluss mit Fernkommunikationsmitteln begründen Fernabsatzvertrag
Regelmäßige Verkaufsannoncen im Internet und Vertragsschluss mit Fernkommunikationsmitteln begründen Fernabsatzvertrag – Dies führt dazu, dass auch über das Widerrufsrecht zu informieren ist. So das OLG Nürnberg in seinem Endurteil vom 23. August 2022 (Az.: 3 U 81/22). Das Gericht hatte über einen Rückzahlungsanspruch aus einem Kaufvertrag zu entscheiden. Der Verkäufer hatte seine KfZ in Internetannoncen beworben und dann, wie im Streitfall mit dem Kläger, den Kaufvertrag unter Nutzung von Fernkommunikationsmitteln geschlossen. Das Gericht sah darin ein organisierten Vertriebssystem im Sinne des § 312c I BGB. Regelmäßige Verkaufsannoncen im Internet und Vertragsschluss mit Fernkommunikationsmitteln begründen Fernabsatzvertrag – Ansicht des Gerichts Das Gericht führt zu diesem rechtlichen Punkt in den Entscheidungsgründen des…
LG Cottbus: Kein Ausschluss des Widerrufsrechts, wenn sich Personalisierung ohne Substanzverlust entfernen lässt
Kein Ausschluss des Widerrufsrechts, wenn sich Personalisierung ohne Substanzverlust entfernen lässt – So das LG Cottbus in seinem Urteil vom 29. September 2022 (Az.: 2 O 223/21) in einem Rechtsstreit, in dem ein Käufer eines mit einem Messingschild personalisierten Faksimile nach einem erklärten Widerruf die Rückzahlung des Kaufpreises eingeklagt hatte. Das Gericht hatte unter anderem zu bewerten, ob sich der Verkäufer auf die Vorschrift des § 312 g II Nr.1 BGB berufen konnte und damit ein Widerruf ausgeschlossen war. Dies verneinte das Gericht. Kein Ausschluss des Widerrufsrechts, wenn sich Personalisierung ohne Substanzverlust entfernen lässt – Ansicht des Gerichts Das Gericht führt zu diesem Punkt in den Entscheidungsgründen aus: „…Unbeschadet dessen…
EuGH:Widerrufsrecht bei Online-Kauf von Konzertkarte über Vermittler
Widerrufsrecht bei Online-Kauf von Konzertkarte über Vermittler – Das Gericht hatte im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahren zu klären, ob auch ein Widerrufsrecht bei einem Onlineverkauf von Konzertkarten besteht, wenn diese nicht direkt beim Veranstalter gekauft wurden, sondern bei einer Vermittlungsplattform. Im deutschen Recht findet sich ein Ausschluss des Widerrufsrechts in § 312g II Nr.9 BGB, in Anwendung der zugrundeliegenden europäischen Richtlinie, mit folgendem Wortlaut: „Das Widerrufsrecht besteht, soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben, nicht bei folgenden Verträgen: Verträge zur Erbringung von Dienstleistungen in den Bereichen Beherbergung zu anderen Zwecken als zu Wohnzwecken, Beförderung von Waren, Kraftfahrzeugvermietung, Lieferung von Speisen und Getränken sowie zur Erbringung weiterer Dienstleistungen im Zusammenhang mit Freizeitbetätigungen,…
Neues Fernabsatzrecht 2022 – Teil 4
Neues Fernabsatzrecht 2022 – Teil 4 Änderungen zum Wertersatz Hinweis: In der losen Beitragsreihe „Neues Fernabsatzrecht 2022“ stellt der Autor die aus seiner Sicht wichtigsten Änderungen vor, die am 28. Mai 2022 in Kraft treten. Ein Anspruch auf Vollständigkeit aller Neuregelungen besteht daher nicht. Am 28. Mai 2022 kommt es zu Änderungen beim Wertersatzanspruch des Unternehmers gegenüber dem Verbraucher bei Ausübung des Widerrufsrechts. Der Wertersatz wird zukünftig in einem eigenen Paragrafen geregelt sein. Wertersatz für Wertverlust von Waren Hier kommt es zu keinen rechtlichen Änderungen. Bisher: § 357 VII BGB Der Verbraucher hat Wertersatz für einen Wertverlust der Ware zu leisten, wenn 1. der Wertverlust auf einen Umgang mit den…