LG Traunstein: kein Anspruch auf Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO wegen Unwohlsein zu eigener Bonität aufgrund von Weitergaben von personenbezogenen Daten im Rahmen eines Telekommunikationsvertrages

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So das Gericht in seinem Endurteil vom 03. Juni 2024, Az.: 9 O 2353/23. Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Das Landgericht Frankfurt a. M. hat zu einem solchen Anspruch in einem Parallelverfahren mit vergleichbarem Sachverhalt in seinem Urteil vom 19.03.2024, Az. 2-10 O 691/23 (BeckRS 2024, 5840 Rn. 19 – 23, 25 beck-online), zutreffend Folgendes ausgeführt:

„Es kann dahinstehen, ob ein Verstoß gegen die Bestimmungen der DSGVO vorliegt.

Denn das Gericht kann nicht feststellen, dass der Kläger einen kausal auf die behaupteten Verstöße zurückzuführenden Schaden erlitten hat.

Nach allgemeinen Grundsätzen obliegt es dem Kläger, die Mitursächlichkeit darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Der EuGH hat am 04.05.2023 entschieden, dass Art. 82 DSGVO dahin auszulegen ist, dass der bloße Verstoß gegen die Bestimmungen dieser Verordnung nicht ausreicht, um einen Schadenersatzanspruch zu begründen (EuGH, Urteil v. 04.05.2023 – C-300/21 NZA 2023, 621, beck-online). Es geht aus dem Wortlaut von Art. 82 Abs. 1 DSGVO klar hervor, dass das Vorliegen eines „Schadens“ eine der Voraussetzungen für den in dieser Bestimmung vorgesehenen Schadenersatzanspruch darstellt, ebenso wie das Vorliegen eines Verstoßes gegen die DSGVO und eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Schaden und dem Verstoß, wobei diese drei Voraussetzungen kumulativ sind. Daher kann nicht davon ausgegangen werden, dass jeder Verstoß gegen die Bestimmungen der DSGVO für sich genommen den Schadenersatzanspruch der betroffenen Person im Sinne von Art. 4 Nr. I dieser Verordnung eröffnet. Eine solche Auslegung liefe dem Wortlaut von Art. 82 Abs. I DSGVO zuwider (EuGH, Urteil v. 04.05.2023 – C-300/21 NZA 2023, 621 Rn. 32, 33, beck-online).

Ein abstrakter „Kontrollverlust“ reicht allein für einen immateriellen Schaden im Sinne des Art. 82 DSGVO nicht aus, für eine darüberhinausgehende Beeinträchtigung trägt der Anspruchsteller die Beweislast (OLG Dresden, Endurteil v. 05.12.2023 – 4 U 709/23, GRUR-RS 2023, 36707, beck-online).

Die Darlegungslast für den Eintritt des konkreten immateriellen Schadens liegt jedoch beim Betroffenen und kann bei behaupteten persönlichen/psychologischen Beeinträchtigungen nur durch die Darlegung konkret-individueller – und nicht wie hier in einer Vielzahl von Fällen gleichartiger – dem Beweis zugänglicher Indizien erfüllt werden (OLG Hamm, Urteil v. 15.08.2023 – 7 U 19/23, GRIJR 2023, 1791, beckonline).

Dass bloße negative Gefühle wie Unmut, Unzufriedenheit, Sorge und Angst, die an sich Teil des allgemeinen Lebensrisikos und oft des täglichen Erlebens sind, Grundlage für einen Schadensersatzanspruch sein können, hält das Gericht jedenfalls dann für nicht gerechtfertigt, wenn -wie hier – kein Einfluss auf die Lebensführung ersichtlich und damit ein konkreter Rückschluss von äußeren Umständen auf diese inneren Tatsachen nicht möglich ist (vgl. auch OLG Dresden, Endurteil v. 05.12.2023 -4 U 709/23, GRUR-RS 2023, 36707 Rn. 35, beck-online).“

Diesen überzeugenden Ausführungen schließt sich die Kammer an.

Vorliegend stellen sich zudem erhebliche Zweifel an einem immateriellen Schaden des Klägers auch deshalb, weil er im Rahmen seiner informatorischen Anhörung angegeben hat, dass er sich gedacht hat, „wenn die Kanzlei das dann anschieben will, dass ich dann da mit dabei bin.“ Bestimmend für die Klage scheint nicht die Sorge um seine Daten, sondern ein anderes Ziel zu sein…“

Hinweis des Autors:

Dem Autor zum Zeitpunkt der Erstellung des Beitrages nicht bekannt, ob gegen die Entscheidung Berufung eingelegt worden ist.