LAG Hamm: kein datenschutzrechtliches Verwertungsverbot, wenn Klageabweisung unter Bezugnahme auf andere Gerichtsentscheidungen gegen den Kläger erfolgt

Veröffentlicht von

So unter anderem das Gericht in seinem Urteil vom 5. Dezember 2023 (Az.: 6 Sa 896/23) in einem Rechtsstreit um einen behaupteten Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Das beklagte Unternehmen hatte unter anderem andere, gegen den Kläger in ähnlich gelagerten Fällen ergangene Entscheidungen, zur Argumentation in Bezug auf die Abweisung der Ansprüche des Klägers herangezogen. Dies, so die Richter des LAG, war auch rechtlich zulässig. Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass die in den vorstehenden Entscheidungsgründen berücksichtigten Verfahren/Urteile einem datenschutz- bzw. grundrechtlichen Verwertungsverbot unterliegen. Hierzu gilt, wie die 18. Kammer des LAG Hamm an anderer Stelle bereits zutreffend ausgeführt hat (LAG Hamm, 23.03.2023 – 18 Sa 888/22, Rn. 58 ff.) und die Kammer sich zu eigen macht, Folgendes:

Zwar ist es anerkannt, dass im Gerichtsverfahren die Verwertung von grundrechtswidrig erlangten Beweismitteln und von Tatsachenvortrag, der auf einem grundrechtswidrigen Eingriff beruht (BAG, 20.10.2016 – 2 AZR 395/15, Rn. 15 ff.) unzulässig sein kann. Im Streitfall hat die Beklagte die vorgetragenen Umstände jedoch nicht durch grundrechtswidrige Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht des Klägers erlangt. Der Schutz des Persönlichkeitsrechts wird konkretisiert durch den Inhalt der Datenschutzvorschriften (BAG, 23.08.2018 – 2 AZR 133/18, Rn. 15). War eine Maßnahme zur Informationsbeschaffung nach den datenschutzrechtlichen Vorschriften zulässig, liegt insoweit keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vor. Ein Verwertungsverbot scheidet dann aus. Es kann zugunsten des Klägers angenommen werden, dass sein Bewerbungs- und Prozessverhalten gegenüber anderen Unternehmen unter den Schutz der personenbezogenen Daten gemäß Art. 4 Nr. 1 DSGVO fällt. Es kann ferner angenommen werden, dass jedenfalls der Vortrag der Beklagten vor dem erkennenden Gericht eine Datenverarbeitung im Sinne des Art. 4 Nr. 2 DSGVO darstellt und dass die personenbezogenen Daten des Klägers in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen (Art. 2 Abs. 1, 4 Nr. 6 DSGVO). Die Datenverarbeitung ist jedenfalls nach Art. 6 Abs. 1 f DSGVO rechtmäßig. Sie ist zur Wahrung berechtigter Interessen der Beklagten erforderlich. Da die Beklagte im Rechtsstreit die Darlegungslast für das Vorliegen von Indizien trägt, die auf Rechtsmissbrauch hindeuten, ist sie insoweit auf die Beschaffung von Informationen angewiesen. Das Interesse des Klägers muss insoweit zurückstehen. Die Beklagte führte die Ermittlungen nicht mit rechtswidrigen persönlichkeitsrechtsverletzenden Maßnahmen durch – jedenfalls bestehen hierfür keine Anhaltspunkte. Eine Recherche aus allgemein zugänglichen Quellen des Internets, wie etwa juristischen Datenbanken, ist von vornherein nicht zu beanstanden. Aber auch die Nachfrage bei anderen Unternehmen, die der Kläger auf Zahlung einer Entschädigung verklagt hat, begegnete keinen rechtlichen Bedenken. Ob das Ausnutzen von Kenntnissen, die Dritte rechtswidrig erlangt haben, unzulässig wäre, kann offenbleiben (vgl. zu Nachrichten in Messengerdiensten Baade/Hagen, BB 2021, 1588 (1593); Köhler/Schürgers, DB 2018, 1013 (1016)). Auch hierfür bestehen keine Anhaltspunkte…“