Wettbewerbsrecht

OLG Köln: Werbung mit Angabe „Nachhilfe vor Ort“ irreführend, wenn der werbende Anbieter für Dienstleistungen der Nachhilfe diese nur online anbietet

So das Gericht in seinem Urteil vom 1. Dezember 2023 (Az.: 6 U 20/23) in einer wettbewerbsrechtlichen Streitigkeit zwischen zwei Anbieter von Nachhilfedienstleistungen. Das beklagte Unternehmen hatte eine entsprechend Darstellung verwendet. Das Gericht sah keinen Rechtsverstoß und damit keinen Verstoß gegen § 5 UWG. Es begründet in den Entscheidungsgründen unter anderem wie folgt:

„…Insoweit ist das Landgericht zunächst zutreffend von einer Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise dahingehend, dass die Beklagte Nachhilfe durch persönliches Zusammentreffen vor Ort vermittele, durch die Bewerbungen gemäß den Anlagen K1, K2, K5, K6 und K24 ausgegangen. Wie unter Ziffer A. 1. ausgeführt, kann der Senat – da einerseits Mitglieder des Senats zum angesprochenen Verkehrskreis gehören und andererseits der Senat auch aufgrund seiner ständigen Befassung mit Kennzeichen- und Wettbewerbsstreitsachen in der Lage ist, das Verkehrsverständnis anhand seiner Erfahrungen selbst zu beurteilen – das Verständnis des maßgeblichen Durchschnittsverbrauchers hier selbst feststellen.

Durch die Angabe „in deiner Nähe“ (K1, K2 und K24) und „in der Nähe“ (K6) bzw. „aus deiner Nähe“ (K5) in Verbindung mit einem Eingabefeld für die Postleitzahl wird für den angesprochenen Adressatenkreis eine Irreführung über wesentliche Merkmale der Dienstleistung der Beklagten gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG herbeigeführt. Denn tatsächlich wird durch diese Angaben der Eindruck erweckt, es finde eine Nachhilfe vor Ort durch persönliches Zusammentreffen und eben nicht ausschließlich online statt, was für viele Eltern ein entscheidendes Kriterium sein wird, sich weiter mit dem Angebot der Beklagten auseinanderzusetzen. Denn eine „klassische“ Nachhilfe vor Ort wird in den Augen vieler Eltern aus verschiedenen Gründen – da sie den Nachhilfelehrer selbst persönlich kennen lernen können, insbesondere wenn der Unterricht zu Hause stattfinden soll, oder aber auch im Hinblick auf ein geringeres Ablenkungspotential für den Schüler gegenüber dem reinen online-Unterricht – vorzugswürdig sein. Diese Irreführung wird auch nicht – wie vom Landgericht richtigerweise ausgeführt – für die Anlage K1 im Hinblick auf den Subtext „Für 18 Städte in Österreich“ vermieden, da dieser Subtext in der konkreten Ausgestaltung mit den Auslassungspunkten vielmehr vom Verbraucher – was auch den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht – dahingehend verstanden werden kann, dass das Nachhilfeangebot der Beklagten nicht nur Unterricht in Deutschland, sondern auch in 18 Städten in Österreich erfasst. Dass sich dann bei einer weiteren Beschäftigung mit dem Angebot der Beklagten für den Verbraucher erschließt, dass tatsächlich nur Online-Nachhilfe angeboten wird, ist irrelevant, da der Anlockeffekt bereits eingetreten ist (vgl. hierzu Bornkamm/Feddersen in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 41. Auflage 2023, § 5 Rn. 1.195). Gleichfalls liegt eine Irreführung in der Bewerbung gemäß Anlage K3 vor, da auch hierdurch der Eindruck einer klassischen Nachhilfe durch persönliches Zusammentreffen vor Ort vermittelt wird. Die Angabe „Top-Nachhilfe für Deutschland und Österreich“ mit der nachfolgenden Auswahl verschiedener Städte ist für den Adressaten der Werbung – denn anderenfalls ergibt die Angabe der verschiedenen Städte keinen Sinn – dahingehend zu verstehen, dass in diesen Städten vor Ort eine Nachhilfe stattfinden kann. Sofern die Beklagte einwendet, dass die Werbeaussage in den Anlagen K3 und K4 aus dem Kontext gerissen und zu Unrecht nicht auf den Gesamteindruck abgestellt werde, der sich im Zusammenhang mit ihrer Landing-Page ergebe, ist dies nicht nachvollziehbar. Bereits aufgrund der tatbestandlichen Feststellungen des Landgerichts – Seite 6 des Urteils – steht fest, dass der Verbraucher über die Anzeigen gemäß Anlagen K1 und K2 direkt auf die Seite gemäß Anlage K3 weitergeleitet wird. Eine vorherige Aufklärung im Hinblick auf das eigentliche Geschäftsmodell der Beklagten – Vermittlung ausschließlich online stattfindender Nachhilfe – über eine andere Seite der Beklagten findet demgemäß gerade nicht statt…“

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