E-Commerce-Recht,  Wettbewerbsrecht

EuGH: „Zufriedenheitsgarantie“ muss auch verbraucherschützende Vorgaben des BGB erfüllen

Dazu gehört nach § 479 I Nr.1 BGB auch der Hinweis, dass gesetzliche Gewährleistungsrechte nicht eingeschränkt werden. Der EuGH hat in seinem Urteil vom 28. September 2023 (Az.: C‑133/22) im einem Vorabentscheidungsersuchen des BGH klar vorgegeben. Der EuGH ist der Ansicht, dass nach den rechtlichen Vorgaben des EU-Rechts auch eine solche „Zufriedenheitsgarantie“ als „gewerbliche Garantie“ zu werten ist. Dies führt dazu, dass gegenüber Verbrauchern auch eine Garantieerklärung erforderlich ist, wenn eine solche Garantie angeboten wird.

Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„ 26       Art. 2 Nr. 14 der Richtlinie 2011/83 definiert den Begriff „gewerbliche Garantie“ als „jede dem Verbraucher gegenüber zusätzlich zur gesetzlichen Gewährleistung eingegangene Verpflichtung des Unternehmers oder eines Herstellers (Garantiegebers), den Kaufpreis zu erstatten oder die Waren auszutauschen oder nachzubessern oder Dienstleistungen für sie zu erbringen, falls sie nicht diejenigen Eigenschaften aufweisen oder andere als die Mängelfreiheit betreffende Anforderungen nicht erfüllen, die in der Garantieerklärung oder der einschlägigen Werbung, wie sie bei oder vor dem Abschluss des Vertrags verfügbar war, beschrieben sind“.

27      Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Wortlaut von Art. 2 Nr. 14 der Richtlinie 2011/83 nichts enthält, was es erlaubt, von seinem Anwendungsbereich eine Verpflichtung eines Garantiegebers auszunehmen, die sich auf die „Zufriedenheit des Verbrauchers mit der erworbenen Ware“ bezieht, die in dessen subjektives Belieben gestellt ist.

28      Zum einen bezieht sich diese Bestimmung nämlich auf „jede Verpflichtung“ eines Garantiegebers, die dem betreffenden Verbraucher gegenüber „zusätzlich zur gesetzlichen Gewährleistung“ eingegangen wird. Zum anderen ist der neutrale und allgemeine Ausdruck „andere … Anforderungen“, wie der Generalanwalt in Nr. 30 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, geeignet, die Nichterfüllung der subjektiven Erwartungen des Verbrauchers an die erworbene Ware unabhängig von jeder objektiven Erwägung im Zusammenhang mit den Merkmalen oder Eigenschaften dieser Ware abzudecken.

29      Des Weiteren gehört die Erteilung der Informationen über die „gewerbliche Garantie“, wie sich u. a. aus Art. 6 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2011/83 ergibt, zu den Pflichten dieser Richtlinie, die die vorvertragliche Information des betreffenden Verbrauchers sicherstellen sollen. Gemäß Art. 6 der Richtlinie 2011/83 hat somit jeder Unternehmer den Verbraucher, bevor dieser durch einen Vertrag im Fernabsatz, einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag oder ein entsprechendes Vertragsangebot gebunden ist, in klarer und verständlicher Weise über gegebenenfalls den Hinweis auf das Bestehen und die Bedingungen von gewerblichen Garantien zu informieren.

30      Eine Auslegung von Art. 2 Nr. 14 der Richtlinie 2011/83, wonach der Begriff „gewerbliche Garantie“ die Verpflichtung eines Unternehmers umfasst, die sich auf die „Zufriedenheit des Verbrauchers mit der erworbenen Ware“ bezieht, steht im Einklang mit dem mit dieser Richtlinie verfolgten Zweck, ein hohes Verbraucherschutzniveau dadurch sicherzustellen, dass die Information und die Sicherheit der Verbraucher bei Geschäften mit Unternehmern garantiert wird, wie es in Art. 1 der Richtlinie 2011/83 im Licht ihrer Erwägungsgründe 4, 5 und 7 niedergelegt ist. Nach dieser Auslegung kann der Verbraucher nämlich zum einen von der Verpflichtung dieses Unternehmers Kenntnis nehmen und im Vorfeld die Bedingungen des Vertrags, den er abzuschließen beabsichtigt, besser kennen, um die Entscheidung, ob er diesen Vertrag abschließt, in Kenntnis der Sachlage zu treffen, und zum anderen mit einer einfachen Erklärung, er sei nicht zufrieden, vom Unternehmer den Kaufpreis erstattet bekommen, was sein Schutzniveau dem Unternehmer gegenüber erhöht.

31      Darüber hinaus ist die Verpflichtung eines Unternehmers, die erworbene Ware bei mangelnder Zufriedenheit des betreffenden Verbrauchers zurückzunehmen, Ausdruck der in Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerten unternehmerischen Freiheit dieses Unternehmers, die bei der Auslegung der Richtlinie 2011/83 im Licht des in ihrem vierten Erwägungsgrund angegebenen Zwecks, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen einem hohen Verbraucherschutzniveau und der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen sicherzustellen, gleichfalls zu wahren ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Mai 2022, Victorinox, C‑179/21, EU:C:2022:353, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

32      Schließlich kann die Frage, ob eine etwaige mangelnde Zufriedenheit des betreffenden Verbrauchers mit der erworbenen Ware objektiv feststellbar sein muss, nur verneint werden, wie der Generalanwalt in Nr. 48 seiner Schlussanträge ausgeführt hat. Die Nichterfüllung der subjektiven Erwartungen des Verbrauchers an diese Ware kann nämlich naturgemäß nicht Gegenstand einer objektiven Prüfung sein. Die bloße Behauptung des Verbrauchers in diesem Sinne ist daher als ausreichend anzusehen.

33      Nach alledem ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass Art. 2 Nr. 14 der Richtlinie 2011/83 dahin auszulegen ist, dass der Begriff „gewerbliche Garantie“ als „andere als die Mängelfreiheit betreffende Anforderungen, die in der Garantieerklärung oder der einschlägigen Werbung, wie sie bei oder vor dem Abschluss des Vertrags verfügbar war, beschrieben sind“, eine von einem Garantiegeber dem betreffenden Verbraucher gegenüber eingegangene Verpflichtung umfasst, die sich auf in der Person des Verbrauchers liegende Umstände wie seine in sein eigenes Belieben gestellte Zufriedenheit mit der erworbenen Ware bezieht, ohne dass das Vorliegen dieser Umstände für die Geltendmachung der gewerblichen Garantie objektiv geprüft werden müsste…“

Es bleibt abzuwarten, ob sich der BGH der Ansicht des EuGH anschließen wird. Dies ist der üblicherweise stattfindende Ablauf.

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