Datenschutzrecht

LAG Düsseldorf: Entschädigung in Höhe von 1.500,00 EUR gemäß Art. 82 Abs. 1 DSGVO wegen rechtswidriger heimlicher Überwachung eines Beschäftigten durch Arbeitgeber mittels einer Detektei

Dies wurde unter anderem in einem Kündigungsschutzklageverfahren durch das Gericht mit Urteil vom 26. April 2023 (Az.: 12 Sa 18/23) entschieden.

In dem Rechtsstreit wurde eine Kündigung unter anderem mit dem Protokoll von heimlichen Überwachungsmaßnahmen einer Detektei während einer Arbeitsunfähigkeit begründet.

Das Gericht bejaht den Verstoß gegen Art. 82 DSGVO und geht von einer nicht erforderlichen und unverhältnismäßigen Überwachung aus. Dazu wendet das Gericht auch bestehende Rechtsprechung des BAG an und zwar die fehlenden Ausschöpfung anderweitiger Maßnahme zur Abklärung der Arbeitsfähigkeit und damit der Erschütterung einer eingereichten Bescheinigung zur Arbeitsunfähigkeit (zu Details ist auf den Volltext der Entscheidung zu verweisen).

 Das Gericht spricht dann 1.500 EUR als Schadensersatz zu und führt in den Entscheidungsgründen zur Höhe des Betrages unter anderem aus:

„…(1) Art. 82 DSGVO ist dahingehend auszulegen, dass die nationalen Gerichte bei der Festsetzung der Höhe des Schadensersatzes, der aufgrund des in diesem Artikel verankerten Schadensersatzanspruchs geschuldet wird, die innerstaatlichen Vorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten über den Umfang der finanziellen Entschädigung anzuwenden haben, sofern die unionsrechtlichen Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität beachtet werden (EuGH 04.05.2023 – C-300/21, Rn. 59). Der Grad des Verschuldens des Verantwortlichen ist dabei für die Bemessung der Höhe des nach Art. 82 Abs. 1 der Verordnung 2016/679 zu ersetzenden immateriellen Schadens nicht von Bedeutung (Schlussantrag GA Sánchez-Bordona vom 25.05.2023 C-667/21).

Mangels einschlägiger unionsrechtlicher Vorschriften ist die Höhe des Schadens gemäß § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu bestimmen, wonach alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen sind. Art. 82 DSGVO regelt selbst keine Verfahrensmodalitäten zur Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs. Art. 79 Abs. 1 DSGVO sieht lediglich vor, dass jede betroffene Person das Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf hat, wenn sie der Ansicht ist, dass die ihr aufgrund der DSGVO zustehenden Rechte infolge einer nicht mit ihr im Einklang stehenden Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten verletzt wurden. Dem Äquivalenz- oder Effektivitätsgrundsatz ist durch die Anwendung von § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO Rechnung getragen. Die Bestimmung findet im nationalen Recht ebenso bei der Durchsetzung anderer Ansprüche auf immateriellen Schadensersatz Anwendung (BAG 05.05.2022 – 2 AZR 363/21, juris Rn. 14).

Für die Bemessung der Höhe des immateriellen Schadens sind dabei als einem wichtigen Faktor auf die Intensität der Persönlichkeitsrechtsverletzung abzustellen. In welchen konkreten Situationen erfolgte die Beobachtung. Handelte es sich um Bildaufzeichnungen aus der Intim- oder Privatsphäre oder solche aus der Öffentlichkeitssphäre (z.B. Straße und Waschsalon). Wurde lediglich beobachtet oder aber wurden die Beobachtungen durch Bild- und/oder Videoaufnahme festgehalten? Wem gegenüber wurden die Daten weitergegeben. Handelte es sich um Dritte oder wurden Auszüge lediglich in einem gerichtlichen Verfahren präsentiert? (vgl. bereits BAG 19.02.2015 – 8 AZR 1007/13, juris Rn. 33). Zu berücksichtigen ist weiter, dass der Anspruch aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO auch einen präventiven Charakter hat und damit auch eine Abschreckungsfunktion erfüllen muss, was sich letztlich aus dem Aspekt der Effektivität ableiten lässt. Bereits ein Betrag von 1.000,00 Euro kann dabei nicht nur symbolischen, sondern auch abschreckenden Charakter haben (vgl. BAG 05.05.2022 – 2 AZR 363/21, juris Rn. 24 und 25). Der immaterielle Schaden nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO hat zudem keinen erkennbaren Bezug zur Höhe eines dem Gläubiger zustehenden Arbeitsentgelts, so dass keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass es sich dabei um ein relevantes Bemessungskriterium für die Höhe des Schadensersatzes handeln könnte (BAG 05.05.2022 – 2 AZR 363/21, juris Rn. 26).

(2)In Anwendung dieser Grundsätze erachtet die erkennende Kammer insgesamt eine Entschädigung von 1.500,00 Euro für angemessen. Dies ergibt sich insbesondere aus Folgendem: Die Kammer hat dabei berücksichtigt, dass die Detektei sich nicht darauf beschränkt hat, den Kläger lediglich in der Öffentlichkeitssphäre zu beobachten und zu fotografieren. Richtig ist, dass auch dies erfolgt ist. So ist er beim Einkaufen, d.h. beim Besuch eines Edeka-Marktes, eines Badstudios auf dem dortigen Parkplatz als auch auf dem Parkplatz eines Getränkemarktes beobachtet und abgelichtet worden. Auch das Heben der Autobatterie aus seinem Wagen erfolgte im öffentlichen Straßenraum. Dabei ist die Detektei indes nicht stehen geblieben. Sie hat den Kläger auch in seiner Privatsphäre beobachtet. So hat sie dessen Wohnhaus in Augenschein genommen und fotografiert. Sie hat den Kläger zudem bei Verrichtungen auf dem eigenen Grundstück auf der Terrasse beobachtet und fotografiert. Richtig ist, dass dieser Bereich durchaus von außerhalb des Grundstücks einsehbar war. Dies ändert aber nichts daran, dass auch die Terrasse zum privaten Lebensumfeld des Klägers gehört. Die Kammer geht im Übrigen davon aus, dass die Detektei in dem vom Kläger angenommenen weiteren zeitlichen Umfang Beobachtungen angestellt hat. Zu den konkreten Ausführungen des Klägers zum Umfang der Tätigkeit der Detektei aus den Honorarsätzen abgeleitet hat die Beklagte nicht näher Stellung genommen. Der Vortrag des Klägers ist deshalb zu Grunde zu legen. Dies betrifft indes die zeitliche Dimension. Eine andere und tiefere Eingriffsintensität als durch die im Bericht verwandten Dokumentationen bleibt hingegen reine Spekulation und kann nicht zu Grunde gelegt werden. Anderseits ist zu berücksichtigen, dass die Datenverarbeitung auf besonders geschützte Daten i.S.v. Art. 9 Abs. 1 DSGVO abzielte, nämlich Gesundheitsdaten. Dies war zum einen die Intention, denn es ging um angeblich vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit. Dies zeigt sich auch daran, dass solche Daten auch erhoben und dokumentiert wurden, wie z.B. das Nachziehen des linken Beines. Die Kammer hat auch gewürdigt, dass der Kläger in seinem Bezugsumfeld beobachtet werden sollte, auch wenn er dort nicht angetroffen wurde (Arztpraxis und Lebensgefährtin). Dies ist bei der Bemessung der Höhe des Anspruchs zu Gunsten des Klägers zu würdigen. Soweit der Kläger auf die von ihm angenommene Halterabfrage abstellt, die ergeben habe, dass sein Mercedes ein US.-Modell ist, geht die Kammer davon aus, dass dies durch die Detektei tatsächlich erfolgt ist. Konkreten und substantiierten Sachvortrag hat die Beklagte dagegen nicht gehalten. Auch insoweit ist ein Kontrollverlust der persönlichen Daten gegeben, der allerdings zur Überzeugung der Kammer den immateriellen Schaden nur geringfügig erhöht. Die Kammer hat weiter gewürdigt, dass die Beklagte den Detektivbericht nicht externen Dritten weitergegeben hat, sondern diesen nur im Rahmen der Betriebsratsanhörung und des gerichtlichen Verfahrens verwandt hat. Konkrete psychische Belastungen hat der Kläger außer dem tatsächlichen Kontrollverlust und der durch die Überwachung und zusätzliche Fotodokumentation bewirkte Unsicherheit über die Datenkontrolle nicht dargelegt. Insgesamt und unter Würdigung aller Umstände erachtet die Kammer einen Betrag von 1.500,00 Euro als Entschädigung für angemessen…“

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