Datenschutzrecht

OLG Brandenburg: Weigerungsrecht bei rechtsmissbräuchlichem Auskunftsersuchen nach Art. 15 DSGVO

Ein solches Verweigerungsrecht nahm das Gericht in seinem Urteil vom 14. April 2023 (Az.: 11 U 183/22) im Rahmen eines Rechtsstreits rund die Wirksamkeit von Prämienanpassungen im Rahmen einer privaten Krankenversicherung an. Wie auch in der am gleichen Tag ergangenen Entscheidung (Az.: 11 U 233/22) führt das Gericht dazu in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Der geltend gemachte Auskunftsanspruch ergibt sich auch nicht aus Art. 15 Abs. 1 DSGVO. Denn der Beklagten steht ein Weigerungsrecht aus Art. 12 Abs. 5 Satz 2 lit. b) DSGVO zu. Die Vorschrift führt zwar lediglich die häufige Wiederholung als Beispiel für einen „exzessiven“ Antrag auf. Die Verwendung des Wortes „insbesondere“ macht aber deutlich, dass die Vorschrift auch andere rechtsmissbräuchliche Anträge erfassen will und insoweit nicht abschließend ist (vgl. Heckmann/Paschke, in Ehlmann/Selmayr, Datenschutz-Grundverordnung 2. Aufl. Art. 12 Rn. 43). Bei der Auslegung, was in diesem Sinne rechtsmissbräuchlich ist, ist auch der Schutzzweck der DSGVO zu berücksichtigen. Wie sich aus dem Erwägungsgrund 63 zu der Verordnung ergibt, ist Sinn und Zweck des in Art. 15 DSGVO normierten Auskunftsrechts, es der betroffenen Person problemlos und in angemessenen Abständen zu ermöglichen, sich der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten bewusst zu werden und die Rechtmäßigkeit dieser Verarbeitung überprüfen zu können (so auch BGH, Urt. v. 15.06.2021 – VI ZR 576/19, Rn. 23, juris).

Um ein solches Bewusstwerden zum Zweck einer Überprüfung der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten geht es dem Kläger aber nach seinem eigenen Klagevorbringen überhaupt nicht. Sinn und Zweck der von ihm begehrten Auskunftserteilung ist vielmehr ausschließlich die Überprüfung etwaiger vom Beklagten vorgenommener Prämienanpassungen wegen möglicher formeller Mängel nach § 203 Abs. 5 VVG. Eine solche Vorgehensweise ist vom Schutzzweck der DSGVO nicht umfasst (Senat, Beschl. v. 04.05.2022 – 11 U 239/21, Rn. 9; OLG Hamm, Beschl. v. 15.11.2021 – 20 U 269/21, Rn. 8ff.; OLG München, Beschl. v. 24.11.2021 – 14 U 6205/21, Rn. 55 f.; OLG Nürnberg, Urt. v. 14.03.2022 – 8 U 2907/21, Rn. 43; OLG Dresden, Urt. v. 29.03.2022 – 4 U 1905/21, Rn. 64 ff.; Schleswig-Holsteinisches OLG, Urt. v. 18.07.2022 – 16 U 181/21, Rn. 45 ff.; OLG Karlsruhe, Urt. v. 29.11.2022 – 12 U 305/21, Rn. 52 f.; a.A. OLG Köln, Urt. v. 13.05.2022 – 20 U 295/21, Rn. 48 ff.; OLG Celle, Urt. v. 15.12.2022 – 8 U 165/22, Rn. 125 ff.; juris).

Aufgrund der EuGH-Vorlage des BGH vom 29.03.2022 (VI ZR 1352/20, juris Rn. 12 ff) sieht sich der Senat nicht veranlasst, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, da es auf die Fragen, die der Bundesgerichtshof dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt hat, nämlich – soweit hier von Interesse – u.a. jene nach der inhaltlichen Beschränkbarkeit des Auskunftsanspruchs bei Verfolgung anderer – datenschutzfremder, aber legitimer – Zwecke, hier nicht ankommt. Denn dem streitgegenständlichen Antrag auf Auskunft über die dem Kläger vorliegenden Begründungsschreiben (vgl. Replik S. 27 oben) liegt weder eine datenschutzrechtliche Zielsetzung noch ein anderer legitimer Zweck zugrunde, so dass sie als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist.

Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Kenntnis der Klagepartei von den Unterlagen, auf welche sich der geltend gemachte Anspruch bezieht, für sich genommen den datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch nicht ausschließt, da dieser dem Betroffenen eine Überprüfung der Rechtsmäßigkeit der Datenverarbeitung, etwa eine Prüfung der Richtigkeit der Daten, ermöglichen soll (BGH, Urt. v. 15.06.2021 – VI ZR 576/19, Rn. 25, juris, m.w.N.). Eine derartige datenschutzrechtliche Zielsetzung verfolgt der Kläger mit seinem streitgegenständlichen Auskunftsantrag indes nicht. Insbesondere richtet sich sein Begehren gerade nicht auf eine Auskunft darüber, ob die Beklagte die in den ihm bekannten Schreiben enthaltenen Informationen aktuell verarbeitet, insbesondere speichert (vgl. BGH, aaO); vielmehr geht sein Begehren allein dahin, Auskunft über den Inhalt dieser ihm bereits vorliegenden Schreiben zu erhalten, um etwaige Zahlungsansprüche gegen die Beklagte durchzusetzen (zutreffend für einen ähnlich gelagerten Fall: OLG Karlsruhe, Urt. v. 29.11.2022 – 12 U 305/21, Rn. 55 f.)…“

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