Datenschutzrecht

OLG Schleswig: Kein Anspruch auf Herausgabe von Unterlagen zur Beitragsanpassung bei Versicherung aus Art. 15 DSGVO

Kein Anspruch auf Herausgabe von Unterlagen zur Beitragsanpassung bei Versicherung aus Art. 15 DSGVO – So das OLG Schleswig in seinem Urteil vom 18. Juli 2022 (Az.: 16 U 181/21). Ein Versicherungsnehmer hatte rund um die durch eine Versicherung vorgenommene Tariferhöhung bei der betroffenen Versicherung die Auskunft über die Erhöhung durch die Vorlage von Unterlagen geltend gemacht.

Kein Anspruch auf Herausgabe von Unterlagen zur Beitragsanpassung bei Versicherung aus Art. 15 DSGVO

Das OLG Schleswig sah unter anderem keine Anspruchsgrundlage in Art. 15 DSGVO für einen solchen Herausgabeanspruch und begründet dies in den Entscheidungsgründen unter anderem wie folgt:

„…Auch aus Art. 15 DS-GVO kann der Kläger keine Rechte herleiten, jedenfalls keine, die über jene aus § 3 Abs. 3 VVG hinausgingen.

Nach Art. 15 DS-GVO hat jede betroffene Person, nach Art. 4 Nr. 1 DS-GVO also jede durch personenbezogene Daten identifizierbare oder identifizierte Person, das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden; ist dies der Fall, so hat diese Person u. a. ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten und über zahlreiche weitere Informationen zu deren Verarbeitung usw.

a)

Das Auskunftsrecht nach Art. 15 DS-GVO zielt auf eine faire und transparente Verarbeitung und speist sich nicht zuletzt aus der Möglichkeit für die betroffene Person, sich problemlos und in angemessenen Abständen (Erwägungsgrund 63) nicht nur über die Existenz des Verarbeitungsvorganges und seine Zwecke (Erwägungsgrund 60) zu informieren, sondern insbesondere darüber hinaus auch über verschiedene weitere mit der Verarbeitung zusammenhängende Absichten und Rechtsfolgen; das Auskunftsrecht soll dem Betroffenen die informierte Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Verarbeitung eröffnen (vgl. nur Paal/Pauly/Paal, DS-GVO, Kommentar, 3. Auflage 2021, Art. 15 Rn. 3), um ggf. eine Korrektur oder eine Beschränkung der Verarbeitungszwecke zu erreichen.

Um solche Zwecke geht es dem Kläger aber von vornherein nicht, dies umso weniger, da sich sein Auskunftsbegehren nicht auf die aktuell von der Beklagten noch genutzten Tarif- und Beitragsdaten, sondern auf für die Führung des Vertrages nicht mehr relevante Informationen aus der Vergangenheit bezieht.

b)

Auch wenn es anders wäre, so gäbe Art. 15 DS-GVO keine weitergehenden Rechte, als sie die speziellere und damit vorgehende Regelung des § 3 Abs. 3 VVG gewährt.

Der Begriff der „personenbezogenen Daten“ nach Art. 4 DS-GVO ist weit gefasst und umfasst nach der Legaldefinition in Art. 4 Nr. 1 DS-GVO alle Informationen, die sich auf eine identifizierbare natürliche Person beziehen. Es lassen sich persönliche und sachliche Angaben unterscheiden. Persönliche Angaben beziehen sich unmittelbar auf den Betroffenen, sachliche Angaben auf dessen Beziehung zu seiner Umwelt, mithin zu Sachen oder zu Dritten. Persönliche Angaben sind z.B. Name, Alter, Herkunft, Geschlecht, Ausbildung, Familienstand, Anschrift, Geburtsdatum, Augenfarbe, Fingerabdrücke, genetische Daten, Gesundheitszustand, Fotos und Videoaufzeichnungen, persönliche Überzeugungen, Vorlieben, Verhaltensweisen oder Einstellungen. Sachliche Angaben sind etwa die Beziehungen des Betroffenen zu Dritten, aber auch Angaben zum Umfeld, seiner finanziellen Situation (Vermögen, Gehalt, Kreditwürdigkeit), Vertragsbeziehungen, Freundschaften, Eigentumsverhältnisse, Konsum- oder Kommunikationsverhalten, Arbeitszeiten (vgl. Paal/Pauly/Ernst, Art. 4 Rn. 14 m.w.N.).

Danach könnte der Kläger dem Umfange nach lediglich Bestätigung der Daten verlangen, die sich aus den Nachtragversicherungsscheinen ergeben. Nur diese haben einen persönlichen Bezug in dem oben ausgeführten Sinne, weil sie die Information enthalten, welche vertraglichen Forderungen die Beklagte ihm gegenüber in den einzelnen von ihm persönlich bei ihr gehaltenen Tarifen hat(te), womöglich darüber hinaus auch, in welchem Umfang sich diese Forderungen im Rahmen der Beitragserhöhung verändern sollen.

Für alle weiteren Informationen, die der Kläger begehrt, gilt das indessen nicht. Sowohl das Anschreiben wie auch alle weiteren Beilagen zu den Beitragserhöhungen enthalten einzig und allein Informationen, die die Beklagte selbst betreffen, nämlich Erläuterungen dazu, warum die Beiträge erhöht werden und worauf das rechtlich und kalkulatorisch beruht. Keines der zahlreichen Erhöhungsverlangen der verschiedensten Versicherer, mit denen sich der Senat bisher beschäftigt hat, enthielt insoweit auch nur ein einziges Datum, das in Beziehung zu einem konkreten einzelnen (identifizierbaren) Versicherungsnehmer gestanden hätte. Und das gilt insbesondere auch für die Erhöhungsschreiben der Beklagten, über die der Senat (jedenfalls für die Jahre 2012, 2017, 2018 und 2020) bereits in dem Verfahren 16 U 133/21 (Az. der Klägervertreter 356948-20; Az. der Beklagtenvertreter 37568/21 KH) beschäftigt und über welche er jüngst (mit Urteil vom 31. Januar 2022) befunden hat.

Auch aus der Entscheidung des BGH vom 15. Juni 2021 (VI ZR 376/19) lässt sich nicht entnehmen, dass die Korrespondenz des Versicherers mit dem Versicherungsnehmer stets insgesamt dem Auskunftsanspruch nach Art. 15 Abs. 1 DS-GVO unterfällt. Die Fallkonstellation, die jener Entscheidung zugrunde lag, ist mit der vorliegenden nicht zu vergleichen. Anders als dort enthalten die Beitragsanpassungsschreiben nebst Beilagen gerade keine Informationen über den Kläger….“

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