Datenschutzrecht

LG Kassel: Rechtsmissbrauch bei Auskunftsanspruch aus DSGVO, wenn Anspruch zweckwidrig geltend gemacht wird

Rechtsmissbrauch bei Auskunftsanspruch aus DSGVO, wenn Anspruch zweckwidrig geltend gemacht wird – So das LG Kassel mit Urteil vom 5. Juli 2022 (Az.: 5 O 1954/21). Die Parteien des Rechtsstreits stritten vorrangig um die Erhöhung von Tarifen zu einer Versicherung. Im Rahmen des Klageverfahrens wurde dann auch ein Anspruch auf Auskunft nach Art. 15 DSGVO hinsichtlich von Tarifprämien geltend gemacht.

Tarifprämien sind keine personenbezogenen Daten im Sinne der DSGVO

Bereits die Anwendung der DSGVO sah das Gericht im Hinblick auf die Tarifprämien und das Vorliegen von personenbezogenen Daten als nicht gegeben an und führt dazu in den Entscheidungsgründen zur Verneinung des Vorliegens von personenbezogenen Daten wie folgt aus:

„…Zum einen handelt es sich bei den Tarifprämien weder um personenbezogene Daten im Sinne dieser Vorschrift noch hat die Vorschrift ohnehin nicht den Zweck, dem Versicherungsnehmer die Geltendmachung vermögensrechtlicher Ansprüche zu ermöglichen. Insoweit macht sich das Gericht die folgenden überzeugenden Ausführungen des OLG München Hinweisbeschluss v. 24.11.2021 – 14 U 6205/21, BeckRS 2021, 40311 Rn. 36-50 zu eigen:

4.2.1 Die Tarifprämien sind keine personenbezogenen Daten im Sinne dieser Vorschrift.

Entgegen Berufungsbegründung Seite 19 dokumentieren sie nämlich nicht „den individualisierten Versicherungsschutz der versicherten Personen unter Berücksichtigung des Gesundheitszustands“, sondern geben lediglich Aufschluss darüber, welcher Preis die durch den Versicherungsvertrag verwirklichte Vorsorge dieser Person hat. Was die Person für die Versicherungsleistung ausgibt, ist nicht unter die personenbezogenen Daten zu rechnen. Wenn „die Kalkulation der Beitragshöhe für jeden Tarifindivduell“ erfolgt, so macht das die Prämienhöhe noch nicht zu einer Angabe die die Identifizierung einer bestimmten Person ermöglicht.

Ob im Falle einer Änderung von Risikozuschläge, die unmittelbar an Vorerkrankungen oder vorhergegangenen Gesundheitsprüfungen anknüpfen, eine personenbezogene Angabe Vorlage (Berufungsbegründung Seite 19 unten) kann hier offenbleiben, da nicht vorgetragen ist, dass es sich im Einzelfall so verhielte.

Die Angabe, welche Prämien ein Versicherungsnehmer (auch in mehreren aufeinanderfolgenden Jahren) bezahlt hat, hat nicht dieselbe Qualität, wie sie die Berufungsbegründung (Seite 20 oben) zum Vergleich heranziehen will („Angaben zum Versicherungskonto, Gesprächsnotizen und Telefonvermerke, regulierte Leistungen, eingereichte Rezepte und Rechnungen gespeicherte Korrespondenz“).

4.2.2 Von all dem abgesehen ist Sinn und Zweck von Art. 15 Abs. 3 DSGVO nicht die büromäßig strukturierte Aufarbeitung von Unterlagen des Versicherungsnehmers für diesen durch den Versicherer mit dem Ziel, dem Versicherungsnehmer anschließend die Geltendmachung vermögensrechtlicher Ansprüche zu ermöglichen, wenn er seine Unterlagen nicht aufbewahrt hat.

Sondern die DSGVO bezweckt eine effektive Kontrolle des jeweils Betroffenen darüber welche Daten der Verantwortliche besitzt und was damit weiter geschieht, Art. 15 Abs. 3 DSGVO hat zwar auch die Durchsetzung von Rechten der betroffenen Person im Auge, jedoch betrifft das nicht vermögensrechtliche Ansprüche, sondern durch das Auskunftsrecht sollen persönliche Rechte aus dem 3. Abschnitt unterstutzt werden, beispielsweise Löschungsansprüche….“

Rechtsmissbrauch bei Auskunftsanspruch aus DSGVO, wenn Anspruch zweckwidrig geltend gemacht wird – Ansicht des Gerichts

Das Gericht sah hier den Auskunftsanspruch zweckwidrig geltend gemacht und führte in den Entscheidungsgründen des Urteils dazu aus:

„…Selbst wenn man dies anders beurteilen würde, so stünde der Beklagten aus Art. 12 Abs. 5 s. 2 b) DS-GVO ein Weigerungsrecht zu, da es sich um einen rechtsmissbräuchlichen Antrag handelt. Aus Erwägungsgrund 63 S. 1 DS-GVO dient das Auskunftsrecht der betroffenen Person hinsichtlich der sie betreffenden personenbezogenen Daten dem Zweck, sich der Verarbeitung bewusst zu sein und deren Rechtmäßigkeit überprüfen zu können (vgl. BGH, Urteil vom 15.06.2021, VI ZR 576/19). Um ein derartiges Bewusstwerden zum Zweck der Überprüfung datenschutzrechtlicher Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten geht es dem Kläger aber bereits nach eigenem Vorbringen nicht. Vielmehr geht es diesem – wie bereits dargelegt – ausschließlich darum, die von der Beklagten vorgenommenen Prämienanpassungen auf mögliche formeller oder auch materielle Mängel hin überprüfen zu können. Eine derartige Vorgehensweise ist vom Schutzzweck der DS-GVO aber gerade nicht umfasst (vgl. nur OLG Hamm, Hinweisbeschluss vom 15.11.2021 – 20 U 269/21; nunmehr auch OLG Dresden, a.a.O.)….“

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