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AG Kassel:Anwendung der Rechtsmissbrauchsvorschrift des UWG bei E-Mail-Werbung durch Nicht-Mitbewerber

Anwendung der Rechtsmissbrauchsvorschrift des UWG bei E-Mail-Werbung durch Nicht-Mitbewerber – In diesem Fall, so das AG Kassel in einem Urteil vom 26. April 2022 (Az.: 435 C 1051/21), kann sich der aufgrund einer unzulässigen Übersendung von E-Mail-Werbung in Anspruch genommene Versender der E-Mail in einem Verfahren wehren, in dem Ansprüche geltend gemacht werden.

Im Streitfall wurde ein Unterlassungsanspruch wegen der E-Mail-Versendung von Werbung geltend gemacht und dieser, weil außerhalb des Anwendungsbereichs des UWG liegend, mit der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts begründet. Dann ergibt sich ein möglicher Unterlassungsanspruch aus der Anwendung von § 1004 BGB analog in Verbindung mit § 823 I BGB. Der im Streitfall in Anspruch genommene Versender der E-Mail hatte den Rechtsmissbrauchseinwand erhoben und dies mit einem gehäuften Vorgehen des Empfängers der E-Mail gegen E-Mail-Werbung begründet.

Anwendung der Rechtsmissbrauchsvorschrift des UWG bei E-Mail-Werbung durch Nicht-Mitbewerber – Ansicht des Gerichts

Das Gericht sieht hier keine direkte Anwendung des § 8c BGB mangels Wettbewerbereigenschaft der beiden Streitparteien. Jedoch sein über die Regelung des § 242 BGB eine Anwendung der Inhalte des § 8c UWG möglich. Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen aus:

„…§ 8c Abs. 1, 2 UWG kann jedenfalls in seinem Rechtsgedanken bereits deswegen für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits herangezogen werden, weil sich der Kläger zu Begründung seines Unterlassungsanspruches ebenfalls der entsprechenden Anwendung lauterkeitsrechtlicher Vorschriften bzw. des daraus sendenden Rechtsgedankens bedient, hier des § 7 Abs. 2 Nr. 4 UWG….“

Anwendung der Rechtsmissbrauchsvorschrift des UWG bei E-Mail-Werbung durch Nicht-Mitbewerber – Sekundäre Darlegungslast zu Lasten des Abmahnenden

Das Gericht sieht dann bei der Prüfung des Einwandes des Rechtsmissbrauchs eine sekundäre Darlegungslast zu Last des Abmahnenden, wenn und soweit der Abgemahnte Indizien für das Vorliegen eines Rechtsmissbrauches vorgebracht hat. Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen aus:

„…Auch dann, wenn man der Gegenargumentation folgt, der gesetzgeberischen Ansatz einer Vermutungswirkung der Norm könne nicht maßgeblich sein (so Fritzsche a.a.O.), so führt dies nicht zu einem anderen Ergebnis. Denn auch bei der Annahme einer Beweislast des Abgemahnten (hier der Beklagten) für die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 8c Abs. 1, 2 UWG trifft den Abmahnenden (hier den Kläger) zumindest eine so genannte sekundäre Darlegungslast, wenn Indizien – wie hier – vorliegen. Denn über Anlass und Häufigkeit der Abmahntätigkeit kann der Abgemahnte regelmäßig keine Erklärungen abgeben und Vortrag halten, weil sich diese Ereignisse außerhalb seiner Wahrnehmungssphäre abspielen. Mithin war der Kläger zumindest gehalten, so viel vorzutragen, dass die Beklagte in die Lage versetzt worden wäre, ihrerseits weiter Vortrag zu halten und Beweis anzutreten. Dieser so genannten sekundären Darlegungslast ist der Kläger hier aber ausdrücklich nicht nachgekommen. Somit führt dies zu dem dann zwingenden Schluss, dass aus dem Schweigen des Klägers zu seiner Abmahntätigkeit angesichts der vorliegenden gewichtigen Indizien zu entnehmen ist, dass er in einer ausreichenden Anzahl von Fällen mit entsprechenden wirtschaftlichen Ergebnissen abgemahnt hat und folglich die Rechtsmissbräuchlichkeit seiner Abmahn- und Klagetätigkeit in der vorliegenden Auseinandersetzung feststeht…“

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